Kapitel 10

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Brook
Wieder ein verhasster Montag. Nach diesem eigenartigen Wochenende weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie ich Xav gegenüber treten soll. Freitag ist er sauer, weil ich mit Kate rede, Samstag behandelt er mich wie einen Buddy und gestern meldete er sich gar nicht. Dan, dem ich das alles gestern erzählt habe, hatte auch keine Erklärung. Und heute geht die Lügengeschichte weiter, ein weiterer Tag voller Gay Kram. Manchmal fühlt es sich so ehrlich an, als würde er es wirklich so meinen. Aber manchmal, da ist es so gekünstelt und gespielt. Und ich weiß nicht, was davon heute eintreten wird.
Ich komme auf den Parkplatz an und sehe Xav nicht, was neu ist, da er immer neben dem Parkplatz an der Mauer wartet. Ich gehe zu unserem zweiten Treffpunkt, zum Ahornbaum vor der Schule. Kein Xav. Ich beschließe zu seinem Spind zu gehen, doch als er dort nach 5 min ebenfalls nicht auftaucht, gehe ich weiter zu meinem. Auch dort ist er nicht. Ich halte Ausschau und checke sein WhatsApp Profil. Er war heute morgen noch nicht online... Vielleicht ist er krank? Ich schreibe ihm und frage wo er steckt. Auch nach weiteren 3 min ist er nicht online. Ich gehe zu meinem Kurs und komme mir ziemlich allein gelassen vor. Ich kenne zwar viele Menschen, doch Freunde habe ich hier nur 3. Ich komme mir vor wie ein Außenseiter. Nach 6 min im Raum, die ich mit auspacken und Mathe Hausaufgaben verbringe, höre ich Xavs Lachen vom Flur. Ich blicke auf und sehe ihn bei Paul und den anderen im Gang stehen. Enttäuschung und Traurigkeit machen sich in mir breit. Er hat mich sitzen gelassen. Und hielt es nicht einmal für nötig mich in Kenntnis zu setzen. Ich wende den Blick von ihm ab und versuche mich wieder auf meine Hausaufgaben zu konzentrieren, vergebens. Meine Gedanken drehen sich um ihn.
Xav kommt auf mich zu, in ein paar Minuten beginnt der Unterricht. Er setzt sich neben mich und ich tu so, als würde ich über die Hausaufgabe nachdenken. Er beugt sich über mein Heft und sagt leise grinsend: "Guten morgen"
Ich antworte nicht. Was soll ich auch sagen? 'Guten Morgen, danke fürs Sitzenlassen'? Nein, danke.
Er schaut mich fragend an. Meine Augen sind auf die Aufgabe gerichtet. Ich kämpfe dagegen an ihn zu begrüßen, denn es ist seit sehr langer Zeit das erste mal, dass er vor dem Unterricht weg war. Eigentlich, ist das seit der 7. Klasse nicht mehr vorgekommen. Verständlich,  dass ich da sauer bin. Oder? Okay es ist ja nur einmal... aber trotzdem! Es ist ein Art Tradition! Und dann auch noch, ohne ein Wort zu sagen! Nein, ich bin zurecht wütend. Und das darf er ruhig merken.
"Hey, was ist denn?"
Und das fragt er noch?
"Brook"
Gott lass mich einfach, wenn du zu dämlich bist es zu bemerken.
"Sag schon"
Bist du so blind oder tust du nur so?
"Okay... dann nicht"
Du gibst jetzt nicht ernsthaft auf oder? War ja klar. Okay fein, dann geh halt. Ist mir egal. Machst du neuerdings ja ständig.
Er widmet sich seinen Sachen und schenkt mir den Rest der Stunde keine Aufmerksamkeit mehr. Als es zur Pause klingelt packe ich schnell zusammen und bin der erste, der den Raum verlässt. Ich spüre Xavs Blick auf mir. Im Flur krame ich mein Handy hervor und schreibe Dan eine Nachricht. Er ist der einzige, der Bescheid weiß, und ich muss gerade mit irgendwem reden. Zum Glück antwortet er sofort und ruft mich an. Er schwänzt für mich den Unterricht, weil er offenbar merkt, wie scheiße es mir geht. Es freut mich, einen Freund wie ihn zu haben. Er ist einfach immer da. Und er weiß über alles Bescheid. Und ich bei ihm. Das macht es so cool.

nach der Schule
"Hey jetzt warte doch mal!", Xav greift nach meinem Handgelenk und halt mich fest. Ich drehe mich um und blicke ihm kalt in die Augen. "Was"
"Wie 'was' du weißt genau was! Warum gehst du mir den ganzen Tag aus dem Weg, hm?", er scheint wirklich aufgebracht zu sein.
"Hast du doch nicht anders gemacht. Also was ist dein Problem?" Verdutzt schaut er mich an. Er öffnet den Mund und will etwas sagen, ändert seine Meinung aber und schließt ihn wieder. Er funkelt mich an. "Du weißt genau wie ich das meine"
"Nein, weiß ich nicht. Es steht dir nämlich nicht auf der Stirn geschrieben. Du kannst mich nicht für etwas verurteilen, dass du genauso machst, Xav.  Wenn du dann so freundlich wärst mich loszulassen? Ich muss meiner Mutter helfen.", ich befreie mich aus seinem Griff und gehe zu meinem Motorrad. Xav bleibt stehen und schaut mir nach, offensichtlich erschrocken und schockiert über meine Reaktion. Normalerweise bin ich nicht so ein Arsch.  Oder so schlagfertig. Keine Ahnung wo es her kam, aber es fühlt sich gut an.

Xavier
Ich bleibe wie angewurzelt stehen und bin unfähig mich zu rühren. Brook hat etwas gesagt, das total untypisch für ihn ist. Er war schlagfertig und frech. Und er hat recht. Ich habe ihn auch gemieden. Und das war nicht fair. Aber er weiß selbst, dass wir nicht so tun können, als wäre nichts passiert. Und ja, ich darf eigentlich nicht sauer sein, wenn er mich behandelt, wie ich ihn behandle, weil ich es verdient habe, aber ich bin es trotzdem. Er dürfte nicht so sein. Er ist weich und gibt nach. Ich verstehe nicht, was in ihn gefahren ist, dass er so mit mir redet.
Ich beschließe am Nachmittag bei ihm vorbei zu sehen, um das zu klären. Einen Streit können wir uns nicht leisten. 

Voller Neugier und Erwartung öffnet Brook nach ein paar Stunden ruckartig die Tür, doch als er sieht wer davor steht, gehen seine Mundwinkel augenblicklich nach unten. "Was willst du?"
"Hey, freut mich auch dich zu sehen, danke mir geht's gut.", erwidere ich sarkastisch. Brook will schon die Tür zumachen, doch ich stelle meinen Fuß zwischen Tür und Rahmen.
"Was willst du", wiederholt Brook seine Frage, diesmal deutlich angepisster.
"Was wohl. Das klären natürlich, was denkst du denn.", er öffnet die Tür wieder soweit, dass er mich sehen kann.
"Darf ich reinkommen?", frage ich mit hoch gezogenen Augenbrauen. Er verdreht die Augen, geht jedoch beiseite um mir Platz zu machen. "Danke" Ich gehe ins Wohnzimmer, setze mich auf die Couch und klopfe auf den Platz neben mir. Brook setzt sich widerwillig neben mich und schaut mich erwartungsvoll an.
"Hör zu: Tut mir leid, dass ich heute morgen nicht auf dich gewartet habe. Paul wollte unbedingt etwas mit mir bereden, das war wichtig."
"Denkst du es geht nur darum?", ich sehe die Wut in seinen Augen.
"Ehm... naja... ich denke schon.." Brook verdreht erneut die Augen und gibt ein verächtliches Schnauben von sich.
"Wegen Freitag?", rate ich.
"Nah dran. Wegen dem Wochenende. Freitag bist du todes eifersüchtig, Samstag diese seltsame Situation, dann sind wir den ganzen Tag nur Kumpel, Sonntag meldest du dich nicht mal und heute morgen lässt du mich sitzen?! Was soll der Scheiß?", seine Augen funkeln mich wütend an, dann wendet er den Blick ab. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich habe keine Antwort. Keine Ahnung, was das soll. Keine Ahnung, wieso ich das mache. Ich weiß es nicht.
"Tut mir leid", was anderes fällt mir nicht ein. Denn es tut mir leid, dass ich offenbar so mit ihm spiele. Ich wollte das nicht, ich- ich will nur unangenehmen Situationen aus dem Weg gehen.
"Schön.", wieder der Sarkasmus.
Das Telefon klingelt und Brook springt sofort auf. Ich kann seine Antworten durch den Flur hören:
"Ja?-Achso, ja.-Ne, das hat sie doch geregelt.- Achso? Oh okay...- Ja, kann ich machen.- Okay.. geht klar.- Ja, alles klar, sag ich ihr.- Ja natürlich. - Jetzt?- Alles klar, bin unterwegs. - Ja, Tschau"
Ich stehe auf und komme ihm entgegen.
"Ich muss jetzt los, danke für das äußerst aufbauende Gespräch. Du weißt ja, wo die Tür ist."
Ungläubig sehe ich ihn an. Ich öffne den Mund um etwas zu antworten, doch ich schließe ihn wieder, stürme an ihm vorbei und verlasse das Haus. Draußen werde ich immer schneller, ich laufe zum Auto, setze mich und schlage auf das Lenkrad. Danach gebe ich Gas und fahre mit Volldampf weg. Was ist nur in ihn gefahren?!

Am Abend rufe ich ihn noch einmal an, ich will diesen Streit aus der Welt schaffen. Doch er geht nicht ran.  Ich spreche nicht auf die Mailbox, stattdessen schreibe ich ihm, dass ich mit ihm reden muss. Danach schalte ich mein Handy aus.
Meine Eltern fragen, warum ich so aufgebracht bin. Sie sehen besorgt aus, aber ich weiche ihren Fragen aus und gehe in den Keller. In unserem Keller ist ein Fitness Raum, in dem ich Kickboxen übe, wenn ich nicht im Kurs bin. Da kann ich meinen Frust perfekt auslassen. Und genau jetzt brauche ich das. Ich muss den Kopf einfach frei bekommen, und am besten geht das mit Sport.

GEFAKED (BoyxBoy) *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt