Teil 4 - 15 | Aufbruch

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Die nächsten Tage haben Sam, Tiro und ich damit zugebracht Medikamente und Essensvorräte zu stehlen und sie in unser Versteck zu bringen. Gleichzeitig haben wir die anderen in unseren Plan eingeweiht, so schnell wie möglich von Distrikt 8 zu verschwinden. Als wir genügend Vorräte zusammen getragen haben sind fünf Tage vergangen. Damir und Elina sind soweit wieder in Ordnung, dass wir verschwinden können und so haben wir unsere Sachen gepackt, die Waffen an unseren Körpern gut versteckt und sind nun wieder auf dem Weg nach Distrikt 13.
Ich habe trotz unseres großen Glückes ein schlechtes Gefühl. Wir sind eine so große Gruppe, dass wir bald auffallen werden. Egal wem. Mutationen, andere Flüchtlingen oder dem Kapitol.
Möglicherweise wäre es für mich an der Zeit zu verschwinden, um alleine weiter zu machen.
Doch schon als ich den Gedanken zu Ende gedacht habe, fühle ich mich schlecht. Außer Sam und mir kann kaum jemand eine Schusswaffe halten. Sollte uns tatsächlich jemand angreifen werden sie mich brauchen um ihr Überleben zu sichern. Ich fühle mich dieser Gruppe verpflichtet. So wie ich damals Neo verpflichtet war, nur dass ich dieses Mal nicht alleine die Wildnis verlassen werde.
"Langsam wird es dunkel. Wir sollten uns ein Nachtlager suchen.", durchbricht Lucan die Stille.
Unruhig blicke ich mich um, die Sonne geht langsam unter. Ich sehe mich um und vor allem die Bäume an, doch es sind nicht genügend geeignete aneinander, als dass wir alle auf Bäumen schlafen könnten. Drei jedoch könnten bestiegen werden.
"Drei von uns könnten dort oben auf den Bäumen schlafen, der Rest um die Bäume herum ein kleines Lager aufschlagen? Die Büsche können uns als Schutz dienen wenn wir uns hinlegen.", schlage ich vor und deute auf die Baumgruppe, die ich ausgemacht habe.
"Ich kann auf den Baum klettern. Darin habe ich mittlerweile Übung und mit Pfeil und Bogen bin ich gleich unser Wachturm.", sagt Elina und betrachtet die Bäume eindringlich.
Ich nicke. Mit Pfeil und Bogen bietet sie tatsächlich guten Schutz. Wenn sie die Waffe einsetzen muss, macht es vor allem keine Geräusche, im Vergleich zu einer Pistole.
"Elise und Lucan ihr könntet die anderen Bäume beziehen?", sage ich zu den beiden. "Dann kannst du dich ein bisschen erholen.", richte ich die Worte an das Mädchen. Sie blickt nur zu Boden, sagt aber nichts. Ich habe sie noch nie sprechen gehört.
Doch Tiro schüttelt den Kopf. "Lucan kann besser kämpfen als ich. Sollten wir angegriffen werden, kann er euch unten besser helfen als ich. Der Überraschungseffekt durch den Angriff von Oben wird dann meine Taktik sein.", sagt er und ich nicke.
"Ja, kein Problem. Ihr kennt eure Stärken besser als ich.", antworte ich.
"Wir sollten uns auch um das Essen kümmern. Reva? Stellen wir ein paar Fallen auf? Falls du das nicht schon verlernt hast.", richtet Damir das Wort an mich und grinst frech.
"Du hast wohl vergessen mit wem du redest.", lache ich und schlage ihm leicht gegen die Schulter.
Gemeinsam machen wir uns auf den Weg, um rund um unser Lager ein paar Fallen zu stellen.
"Haben du und Elina miteinander geredet, als ihr allein wart?", frage ich nach kurzer Zeit.
"Ja haben wir.", seufzt er, sieht mich aber nicht an.
"Mein Rat war wohl kein guter.", murmele ich und kontrolliere die Funktion meiner Falle.
"Ich habe sie gebeten, dass sie zu Sam sagt, dass er zurückbleiben soll. Das war eher der Fehler.", murmelt er. "Sie hat gesagt, sie wird ihn nicht zurücklassen. Genauso wenig wie sie dich, Tiro oder jetzt Lucan zurücklassen würde. Ist das jetzt gut oder schlecht?"
"Ich weiß nicht. Wahrscheinlich hätte ich auch so reagiert. Sie will dass er in Sicherheit ist, weil er ihr wichtig ist. Aber sie sollte dich nicht im Dunkeln lassen, was ihre Gefühle angeht. Es ist nicht fair euch beide so zu behandeln.", antworte ich leise, als ein gellender Schrei unser Gespräch plötzlich unterbricht.
Elise.
Ohne zu zögern rennen wir los, um so schnell wie möglich bei den anderen zu sein.
Während dem Rennen ziehe ich die Pistole aus meinem Gürtel und nehme sie in die rechte Hand, um in der Linken ein Wurfmesser zu platzieren.
Als wir ein Brüllen vernehmen, weiß ich, dass es nichts bringt sich daran festzuhalten, dass wir in Freiheit sind. Es ist wie in der Arena. Es wird sich niemals ändern. Letztendlich würde das Kapitol sich jeden holen, den es als Ziel ausgewählt hat. Wie verrückt laufen wir durch den Wald und schon von weitem kann ich die Mutation erkennen, die aussah wie eine überdimensionale Katze, mit grässlicher Fratze. Doch dann sehe ich, dass sie Elina in die enge getrieben hat.
Als wir nah genug ran sind halte ich Damir auf, der sich schon schützend vor Elina werfen will.
Ich ziele und treffe die Mutation mitten zwischen die Augen. Ich habe das Schießen nicht verlernt. Elina sieht mit großen Augen über die Schulter und Erleichterung spiegelt sich in ihrem Blick.
"Haben wir die Party verpasst?", frage ich gelassen und stecke die Waffe weg.
Elina starrt mich einen Moment entgeistert an, dann, als sie sich umsieht erkennt sie, dass Damir und ich tatsächlich die Party verpasst haben. Alles ist ruhig. Keine kämpfe mehr, nur noch eine seltsame Stille und ich weiß genau, was sie zu bedeuten hat.
Sam hilft Lucan um sich aufzurichten, die beiden scheinen in Ordnung zu sein. Elise kauert an einem Baum und weint still, mit verzerrtem Gesicht, doch sie sieht unverletzt aus.
Elina läuft los, in Richtung Tiro und ich folge ihr schweigend. Damir bildet die Nachhut. Tiro kniet neben Kila, die völlig blutverschmiert ist. Ihr Gesicht ist blass. Ein Loch, das mit Sicherheit von einer der Mutationen herrührt klafft in ihrer Brust. Sie wird diese Nacht nicht überleben, das kann ich sofort sehen.
"Dir geht es gut.", sagt sie zu Elina, die sich neben Tiro kniet.
"Dir wird es auch bald wieder besser gehen.", sagt Elina. Am liebsten würde ich sie durchschütteln. Wieso muss sie so verzweifelt am Leben hängen? Weiß sie denn nicht, dass man niemals alle retten kann? Das sollte sie, so viel Verluste wie wir alle zu beklagen haben.
"Verbandszeug, wir brauchen Verbandszeug!", ruft sie und Damir durchsucht augenblicklich seinen Rucksack danach. Kila verdreht die Augen, hustet und Blut spritzt über ihr Kinn. Ihre Brust hebt und senkt sich langsam und mir ist klar, dass sie nicht mehr lange durchhält.
Wenige Sekunden später bewegt sie sich nicht mehr. Kila ist tot.

 Kila ist tot

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Reva Scott 4 - Die FluchtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt