Langsam drehe ich mich um, damit ich dem Menschen in die Augen blicken kann, der mein Ende bedeuten könnte. Doch als ich sehe, wer gesprochen hat, verspüre ich unendliche Erleichterung.
Ein Kind, kaum älter als 12. Der Junge blickt mich misstrauisch an und ich sehe selbst an mir herab.
Ich bin völlig verdreckt, habe zerrissene Hosen und überall Flecken von Blut oder Dreck. Wahrscheinlich sehen meine Haare mehr aus wie ein Vogelnest, als eine Frisur.
Ich muss ihm unendlich viel Angst gemacht haben.
"Ich möchte dich nicht erschrecken.", versuche ich ihn zu beruhigen.
"Woher kommst du? Du siehst nicht aus, als würdest du aus Distrikt 8 stammen", argwöhnisch kommt er einen Schritt auf mich zu, lässt mich nicht aus den Augen.Ich bin also in der Nähe von Distrikt 8. Das ist doch einmal ein guter Anhaltspunkt. Vor allem zeigt es mir, dass ich schon ein gutes Stück voran gekommen bin.
"Ich komme aus Distrikt 2. Ich musste fliehen, direkt nachdem die Arena explodiert ist. Kommst du aus Distrikt 8? Wieso bist du hier draußen, außerhalb des Zaunes?"
Etwas in seinem Blick verändert sich. Er scheint mutiger zu werden, denn nun stellt er sich direkt vor mich.
"Wir kämpfen gegen das an, was das Kapitol mit uns tut. Wir wehren uns, so wie Katniss Everdeen es tut. Ich bin hier draußen, damit ich etwas zu Essen für uns sammeln kann. Und Brennholz.", er deutet auf einen Beutel der etwas entfernt an einem Baum lehnt.
"Kann ich dir helfen?", meine Stimme zittert leicht, ich kann meine Freude kaum unterdrücken.
Ausgerechnet draußen in der Wildnis überfällt mich das Glück. Ich treffe ein Kind, welches der Rebellion dient.
Der Junge nickt eifrig. Sein Argwohn scheint verflogen zu sein.
Gemeinsam machen wir uns auf die Suche nach Brennholz und Kräuter. Ich selbst habe kaum mehr Nahrungsmittel, die ich zur Verfügung stellen kann, trotzdem helfe ich ihm mit dem wenigen Wissen, das ich durch das Training in der Arena gelernt habe.
"Wenn du aus Distrikt 2 kommst, wieso bist du dann abgehauen? Dort wehren sich die Menschen gar nicht.", geschäftig stapelt er die Äste auf seinem Arm, während er versucht mich anzuschauen.
"Ich... wie meinst du das? Die Menschen dort wehren sich nicht?", ich kann nicht glauben, dass in Distrikt 2 kein Ausnahmezustand herrscht.
Wie kann das möglich sein?
Sind die Menschen dort so beschränkt? Haben nur so wenige, wie Kael und ich, erkannt, was in Panem wirklich gespielt wird?
"Die Fernsehprogramme die teilweise noch funktionieren zeigen immer Bilder von dort. Nie von wo anders. Sie wollen deutlich machen, dass Friede immer noch möglich ist, wenn wir uns unterwerfen. Das sagt mein Dad immer."
Ich seufze. Natürlich ist Distrikt 2 der Distrikt, der sich am wenigsten wehrt.
Wie habe ich nur glauben können, dass sich an den Einstellungen der Menschen etwas ändern würde, nur weil einige Sieger abgeholt und wahrscheinlich getötet wurden?
Viel zu viele Friedenswächter befinden sich in diesem Distrikt.
Viel zu viele Anhänger des Kapitols.
Sie alle sind Getreue, die sich ihren Reichtum lieber durch Unterdrückung sichern, als dass sie frei sind aber weniger zur Verfügung haben.
"Wie heißt du eigentlich?", frage ich nach einer Weile, während er mir langsam den Weg zum Loch im Zaun, welches er eigens entdeckt hat, zeigt.
"Ich bin Jorah. Und du?"
"Mein Name ist Reva.", ich verschweige bewusst meinen Nachnamen. Es wird früh genug herauskommen, dass ich eine Siegerin bin.
"Dein Name klingt seltsam. Kommt er oft vor in deinem Distrikt?"
Ich lächle bei dieser Frage.
Noch nie hat mich jemand nach meinem Namen gefragt.
"Er ist nicht sehr beliebt glaube ich. Ich weiß nur, dass Reva übersetzt Stern bedeutet. Meine Eltern wollten wohl damit symbolisieren, dass ich ihr Stern am Himmel bin.", ich zwinkere dem Kleinen zu.
Er blickt nachdenklich nach vorne und wenige Minuten später hält er an.
"Wir sind da."
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Reva Scott 4 - Die Flucht
FanfictionEine Explosion und die Lichter gehen aus. Abrupt enden die 75. Hungerspiele und überall herrscht Chaos. Reva ergreift daraufhin die Flucht in Richtung Distrikt 13. Eine Flucht ins Ungewisse, denn sie hat keine Ahnung was auf sie warten wird, welche...