»Und die Welt dreht sich weiter und wir sind nicht am selben Fleck.«

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Ich bin wieder da. Mit etwas Neuem im Gepäck. Die Geschichte geht weiter. Wie? Lest selbst. 


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»Wir verlieren was wir liebten, weil alles so kaputt geht.
Das war nicht meine Absicht, dass alles so kaputt geht.
Dass alles so kaputt geht.«


Seufzend drehte ich mich auf die Seite, zog das weiße Laken eng an meine Haut, verstecke meine nackten Brüste darunter und starrte aus dem bodenlangen Fenster, das mich auf die Stadt blicken ließ. Sie war hell erleuchtet, man hätte meinen können, dass es früher Abend war, doch das täuschte. Es war Nacht, fast wieder der nächste Morgen und wahrscheinlich schlief der Großteil der Einwohner längst seelenruhig in ihrem Bett und träumte davon, wie schön die Welt war. Aber das konnte ich nicht. Ich lag wach, starrte immer weiter durch die Scheibe und auf einen Punkt im Himmel, der mir so weit entfernt schien und dachte daran, dass es fast schon ein Wunder war, dass ich jetzt hier liegen durfte. 



Mit zitternden Fingern riss ich den Umschlag auf und zog ein sauber zusammengefaltetes Blatt heraus. Ich betrachtete die unbeschriebene Rückseite und traute mich kaum auch nur eine Bewegung mehr zu tun und es vorsichtig auseinander zu falten.
»Mach schon, Livi.«, Paps beugte sich zu mir rüber und berührte sanft meinen Arm und sah mich aufmunternd an. Sofort zogen sich meine Lippen zu einem Lächeln und mein Herzschlag regulierte sich trotz meiner Zweifel für einen Moment.
»Was ist, wenn es wieder nicht geklappt hat?«
»Das weißt du erst, wenn du es gelesen hast.«, erwiderte er ruhig. Er war hier, stand mir bei und es war fast ein Wink des Schicksals, dass es ausgerechnet dann war, wenn ich den Brief aus München öffnen würde.
»Okay.«, mein Lächeln verflog als ich zitternd mit dem Papier raschelte und es mir richtig herum drehte, um es zu lesen.
»Ich bin da.«, versicherte mein Vater mir und ließ seine Hand auf meinem Arm liegen. Es schien fast als würde mein Herz still stehen und die Luft würde meine Lunge nicht mehr erreichen. Ich nahm kaum wahr, was ich las und suchte mit meinen Augen einfach nur nach dem ausschlaggebenden Wort. Worte die mich nicht interessierten und die mir in dem Moment unglaublich unwichtig erschienen. Doch irgendwo dazwischen war der Satz, der mich noch mehr zittern ließ.
»Daddy.. «, ich schlug meine freie Hand vor den Mund und spürte, wie Tränen meine Wange hinunter flossen. »Ich habe es geschafft.«
Ich brachte nicht mehr raus, weil meine Stimme wegbrach. All die Anspannung der letzten Monate, all die Zukunftsängste und Verzweiflungen waren augenblicklich wie ausgelöscht. Mir wurde die Tür geöffnet, vor der ich so lange gestanden hatte. Endlich durfte ich den Traum leben und meinen Weg gehen. Doch es waren nicht nur Emotionen der Freude. Ich bekam nach wenigen Sekunden unglaubliche Angst. Ich würde nach München ziehen, keine Freunde haben und in jedem Moment an den Menschen erinnert werden, der mir in Brasilien das Herz gebrochen hatte.



Seufzend setzte ich mich auf meine Bettkante und zog das Laken um meinen Körper. Mir war kalt, die Oktoberluft war in mein Schlafzimmer gekrochen und hatte mich in seinen Bann gezogen, und ich hatte unendlichen Durst. Mein Mund schmeckte nach Tequila und Bier, nach Zigaretten und nach Küssen und urplötzlich fühlte ich mich schmutzig. Ich wollte Zähne putzen und duschen und als mein Blick auf den Kleidungsstücken auf dem Fußboden hängen blieb, kamen mir Zweifel, ob es das richtige war, was ich seit ein paar Wochen trieb.
Ich hievte mich vom Bett auf und spürte noch immer den Alkohol in meinem Blut. Mir war schummerig und mein Kopf pochte wie wild. Ich zuckte zusammen, als sich der Schmerz in meinem Kopf Schritt für Schritt verstärkte. Aber es war mir egal, ich war schlaflos und musste mich bewegen. Ich konnte nicht seelenruhig liegen bleiben und warten, bis die Nacht verging. Als ich über die Kleidungsstücke wanderte, fiel mein Blick auf Oli. Seine dunkelblonden Haare, die zu einer perfekten Frisur geschnitten und oben länger als an den Seiten waren, lagen wirr durcheinander, das Laken bedeckte mittlerweile nur noch ein Bein und seine Mitte und auch wenn es ein unglaublich schöner Anblick war, der sich mir dort bot, riss ich mich von ihm los und tapste leise weiter in Richtung Küche. Den Drang nach dem Putzen meiner Zähne schob ich in den Hintergrund und schnappte mir stattdessen die angefangene Rotweinflasche und die Zigaretten vom Küchentisch und setzte mich auf meinen Balkon. Die Nachtluft war noch kälter als das Innere meines Schlafzimmers und ließ mich frösteln. Aber das war mir egal. Ich konzentrierte mich auf die Zigarette zwischen meinen Lippen und auf den lieblichen Geschmack des Rotweins. Der billige aus dem Supermarkt um die Ecke, der so unglaublich gut Gefühle und Gedanken betäuben konnte.

Nichts tut für immer wehWo Geschichten leben. Entdecke jetzt