Hätte ich beschreiben müssen, wie ich mich in der letzten Minute vor der Begegnung mit Basti fühlte, hätte ich rumgedruckst und keine Worte dafür gefunden. Ich trat von einem Fuß auf den anderen, zuckte bei jedem Autogeräusch, das sich auch noch so fern anhörte, zusammen, knetete meine Hände ineinander und zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich fünf Minuten vor dem Haus von Lisa und Thomas gestanden und die Blicke der beiden die ganze Zeit über in meinem Rücken gespürt, doch in Wahrheit war es wirklich höchstens eine Minute. Wie Aufregung doch das Zeitgefühl verzerren konnte.
Als Bastis Audi tatsächlich vor mir zum Stehen kam und die Beifahrertür leicht aufgestoßen wurde, wusste ich, was ich zu tun hatte, konnte mich aber kaum vom Fleck bewegen. Ich würde Basti nicht nur treffen, ich würde in seinem Auto sitzen. Ich würde ein Stück zurück in seine Welt treten, in seine Privatsphäre, und auch wenn andere womöglich die Stirn in Falten legen würden, hätten sie meine Gedanken lesen können, empfand ich den Platz auf dem Beifahrersitz als etwas Intimes. Dort saß sonst seine Freundin wenn er sie zum Essen ausfuhr, gute Freunde wie Thomas auf dem Weg zum Training, sein Bruder wenn mal wieder ein Männertag anstand oder seine Mutter nachdem sie ihren Sohn viel zu lange nicht mehr gesehen hatte. Aber heute sollte ich da sitzen. Als Verflossene. Als diejenige, die zu seiner Vergangenheit gehörte. Und trotz der Vergangenheit war es viel wichtiger, was jetzt war und was die Zukunft bringen würde. Als was ich aus diesem Auto am Ende wieder aussteigen würde. Vielleicht wäre das Gespräch nach zehn Minuten gelaufen, vielleicht würden wir stundenlang nebeneinander in seinem Audi sitzen. Vielleicht gingen wir hier nach wirklich getrennte Wege, aber vielleicht würde auch alles ganz anders kommen.
»Liv?«
Ich zuckte zusammen als seine Stimme aus dem Inneren des Autos ertönte und war schneller wieder zurück in der Realität als es meiner Nervosität lieb war. Auch wenn ich am liebsten vor Aufregung weggelaufen wäre – und auch vor Angst, weil ich eben nicht wusste, was die nächsten Minuten oder Stunden passieren würde -, zog ich die Tür ganz auf und setzte mich auf den Beifahrersitz. Ich sah Basti erst an als ich saß und wusste wieder, was ich so sehr vermisst hatte. Ihn, sein Lächeln, seine sanften Gesichtszüge, das Herzstolpern und -rasen, das ich in seiner Nähe immer wieder bekam, dieses Kribbeln im Bauch und die Wärme, die er mit seiner alleinigen Anwesenheit ausstrahlte.
»Hey.«, ich lächelte leicht und wunderte mich, dass ich überhaupt ein Ton rausbekommen hatte. Auf meinen Armen hatte sich längst eine Gänsehaut gelegt, meine Füße, die ich im Fußraum abgestellt hatte, ließen meine Beine noch immer zittern und meine Hände hatte ich mit den langen Henkeln meines Jutebeutels mit der Aufschrift »Und wenns am schönsten ist und du nichts mehr vermisst, dann mach die Augen auf« verknotet. Wie gut diese Textzeile doch gerade passte. Dieser Moment war trotz der Ungewissheit einer der schönsten in den letzten Wochen und Monaten, ich vermisste nichts, außer womöglich die Tatsache, dass ich Basti einfach küssen könnte, und jetzt sollte ich die Augen auf machen. Ich sollte es endlich auf mich zukommen lassen, es ihn erklären lassen. Ich hatte all die Monate meine Augen vor der Wahrheit verschlossen, davor was er mir zu sagen oder zu erklären hatte. Es war an der Zeit, das wusste und spürte ich.
»Gehts dir gut?«, Bastis Stimme schnitt schon wieder meine Gedanken ab und ließ mich das erste Mal bewusst in seine Richtung und in seine Augen sehen. Sofort fühlte ich mich wohl. Vielleicht war es gut, dass wir uns in einem so intimen und doch geschützten Raum sahen, wo keiner an uns herankam, weil es dann wirklich nur ihn und mich gab.
»Ich.. ich bin nervös.«, gab ich ehrlich zu und erschrak fast. Mein Mund war in Bastis Gegenwart schon immer so ehrlich und schneller als meine Gedanken gewesen. Ich sagte das, was mir auf dem Herzen lag und fühlte mich trotz eines kleinen Schreckens gut dabei. Das hatte die Beziehung zu Basti schon immer ausgemacht.
»Ich auch, wenn ich ehrlich bin.«, er drehte den Schlüssel im Schloss um, nickte kurz auf meinen Gurt, um mir verständlich zu machen, dass er losfahren würde und setzte im nächsten Moment schon den Blinker, um auf die Straße zu kommen.
»Was hältst du davon, wenn wir uns einen Tea to go holen und uns dann unterhalten?«, Basti sah kurz in seinen Seitenspiegel und warf mir dann einen kurzen Seitenblick zu. Ich wollte ihm antworten, aber es ging nicht. Ich fand das alles zu schön und zu absurd gleichzeitig. Ich konnte kaum glauben, dass das hier wirklich passierte, dass Basti nur wenige Zentimeter neben mir saß und ich nur meine Hand nach ihm hätte ausstrecken müssen, damit ich ihn berühren konnte. Wir waren dem Moment so nah, den wir in Brasilien so oft hatten, nur dass er jetzt niemanden an seiner Seite hatte. Ich konnte nichts sagen, also nickte ich einfach nur.
Der Teebecher in meiner Hand war angenehm warm als ich ihn entgegengenommen und die ganze Fahrt über festgehalten hatte, ohne auch nur einen Schluck zu nehmen. Die Aufregung hatte sich nach anfänglichem Small-Talk und darauffolgendem Schweigen, was ich keinesfalls als unangenehm empfand, weil ich mit Basti schon immer schweigen konnte, gelegt und ich fing an mich zu entspannen.
»Wo fahren wir denn eigentlich hin?«, ich runzelte meine Stirn, weil die Gegend gar nicht mehr so nach Stadt aussah. Alles sah irgendwie ländlicher aus, anders als ich es von München oder gar Berlin gewohnt war.
»Zur Säbener.«, gab Basti knapp von sich. Ich runzelte leicht meine Stirn und spürte die Bremse, die Basti betätigte, um im nächsten Moment abzubiegen. Die Buchstaben des FC Bayern leuchteten in der dunklen Nacht während Basti in eine Tiefgarage fuhr.
»Willst du jetzt noch trainieren?«, meine Stirn hatte ich noch immer in Falten gelegt, während ich ihn verwundert ansah.
»Ja, und du bist mit, weil ich noch einen Torwart brauche.«, er lenkte seinen Wagen in eine Lücke und stieg mit seinem Teebecher in der Hand aus, um mir im nächsten Moment schon die Beifahrertür zu öffnen.
»Basti, was hast du vor?«, ich lachte leicht auf und sah mich in der dunklen Tiefgarage um und musste sofort an Brasilien denken. An das Golf-Date, das wir hatten und das total in die Hose gegangen war, weil ich nichts schlimmer fand als Golf zu spielen.
»Komm mit.«, er lächelte nur und hob für den Bruchteil einer Sekunde seinen Arm. Er wollte seine Hand auf meinen Rücken legen und mir somit den Weg weisen, entschied sich aber kurz davor entgegen. Er wollte es genauso sehr wie ich, doch wir wussten beide, dass der Moment noch nicht gekommen war. Vielleicht würde es ihn in einer halben Stunde oder Stunde geben, aber noch nicht jetzt. Jetzt stand noch der Fakt zwischen uns, dass wir miteinander über all das reden mussten, was passiert war.
Basti ging vor zum Fahrstuhl, drückte einen Knopf, ließ mich zuerst einsteigen und drückte den nächsten Knopf. Ich wusste immer noch nicht, was er mit mir vorhatte, doch ich fragte auch nicht mehr nach. Ich war wieder nervös, weil ich wieder in einen Teil seines Lebens trat, wieder ein Stück Privatsphäre durchbrach. Vielleicht war ich auch so nervös, weil er Heimrecht hatte. Es war sein Terrain, es war sein Trainingsgelände, wir waren mit seinem Auto hier... und was würde ich machen, wenn das Gespräch im Desaster enden und er einfach wegfahren würde?
»So«, die Tür des Fahrstuhls ging auf und wir standen in einem hell erleuchteten Flur. Wieder ging Basti vor, um eine Wandecke und dann eine letzte Treppe hinauf, die am Ende durch eine schwere Eisentür von der Dunkelheit draußen getrennt wurde. »Ich glaube, hier oben lässt es sich ganz gut reden.«
Ich trat in die Dunkelheit als Basti mir die Tür aufhielt und sah mich um. Das Flachdach des Geschäftsgebäudes des Bayern München. Es wehte ein leichter Wind und ich war ein wenig unsicher, ob es überhaupt erlaubt war hier oben zu sein, doch als Basti vor zur Kante ging und sich hinsetzte, dachte ich an nichts anderes mehr als diesen Moment mit ihm zu genießen und dann miteinander zu sprechen.
»Das sieht... das sieht wow aus.«, als ich mich neben ihn setzte und den Teebecher zwischen meine Oberschenkel stellte, um die Jacke enger um meinen Körper zu ziehen, ließ ich lächelnd meinen Blick über das schweifen, was vor uns lag. Lichter von fremden Häusern in der Ferne, kleine Lampen, die auf dem Trainingsgelände verteilt waren. Das Gebäude war nicht hoch, aber immer noch hoch genug, um sich vollkommen allein in dieser großen Stadt zu fühlen.
»Ich war in letzter Zeit oft hier. Am Tag ist so unendlich viel los hier, dauernd wuseln irgendwelche Leute durch die Gänge, wir stehen auf dem Platz um zu trainieren und Fans stehen vor dem Gelände. Aber jetzt, am Abend oder in der Nacht, da ist das hier der ruhigste Platz der Stadt, obwohl er am Tag einer der lautesten ist.«, Basti nippte an seinem Tee und hielt seinen Blick nach vorn gerichtet. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Ich wollte ihm nicht zustimmen oder widersprechen, weil ich eben noch nie hier war, vielmehr wollte ich es einfach so stehen lassen, weil es Bastis Platz und Ort war, mit seinen Momenten. Da hatte kein anderer irgendetwas zu zu sagen.
»Manchmal wünsche ich mir, dass wir uns hier das erste Mal getroffen hätten.«, durchbrach er wie so oft an diesem Abend die Stille. Eine Gänsehaut legte sich bei dieser Vorstellung auf meinen Körper.
»Ich fand den Physio-Raum auch ganz in Ordnung.«, versuchte ich zu scherzen, hätte mich dafür im nächsten Moment jedoch schon wieder schlagen können. Dieses Gespräch, was er mit diesem Satz soeben versucht hatte aufzubauen, sollte schließlich in eine ernste Richtung gehen und nicht in eine »Hey Kumpel, wir sehen uns nach Monaten wieder und reden ganz cool und locker miteinander«-Richtung. »Es war der richtige Ort damals, Basti.«, versuchte ich das ganze wieder in die gewollte Richtung zu lenken. Mein Mund wurde trocken, weil es allmählich wirklich ernst zu werden schien, doch trotzdem konnte ich den Arm nicht heben und etwas von dem Tee trinken. Ich schien wie eingefroren. Ich wollte nicht nochmal einen Moment zerstören. Ich wollte diesen Moment, während ich hier oben, gefühlt so weit weg von dem Trubel, neben ihm saß, einfrieren.
»Es war ein beschissener Zeitpunkt.«, seine Stimme trotzte urplötzlich vor Wut und sein Kopf senkte sich. Fast hatte ich das Gefühl, seine Knöchel würden weiß hervorstechen als ich auf seine geballten Hände sah.
»Wir hätten aus dem falschen Zeitpunkt was Besseres rausholen können.«, gab ich zu. Es stimmte. Wir hatten das Ding gegen die Wand gefahren. Wir hatten uns gegen die Wand gefahren, dass uns gar nichts anderes übrig geblieben war, als auseinander zu brechen. »Ich meine damit nicht, dass wir beide als Paar oder ähnliches hätten zurückkehren sollen. Ich meine eher, dass wir uns anders hätten verhalten können.«
»Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass Sarah kommt. Da ist alles auseinandergebrochen. Da sind wir auseinandergebrochen.«, Basti hob seinen Blick und sah mich an.
»Ich... Nein, das stimmt so nicht, Basti. Ich war einfach noch nicht bereit dafür. Ich hätte mich auch in der Situation anders verhalten können.«, ich lächelte ihn leicht an und versuchte ihm somit Schuldgefühle von seinem Herzen zu nehmen, die mir in diesem Moment so unendlich falsch vorkamen. Vor wenigen Wochen oder gar auch Tagen hatte ich diesen Menschen mir gegenüber verflucht und ich wollte nie wieder etwas mit ihm zu tun habe, doch jetzt, wo ich mich endlich mal wieder mit diesem Thema, mit dieser Vergangenheit auseinandersetzte, merkte ich, wo das eigentliche Problem lag. Daran, dass ich alles abgewehrt und nichts zugelassen hatte. Am Ende der Brasilien-Reise und auch hier in Deutschland.
»Ich hätte es dir trotzdem einfacher machen können, weil-«
»Basti, es bringt nichts, dass du dir irgendwelche Vorwürfe machst. Es ist doch völlig unnötig darüber zu sprechen oder zu diskutieren, wer der Schuldige für all das war.«
»Ich... entschuldige. Ich hatte all diese Schuldgefühle einfach die ganze Zeit und... es tut mir leid.«, er lächelte auch leicht und fuhr sich für einen kurzen Moment durch seine Haare, die mittlerweile viel länger waren als noch in Brasilien. »Über was möchtest du reden?«
»Ich will wissen, wie es nach Brasilien für dich weiterging. Ich möchte wissen, was passiert ist.«, meine Stimme wurde leiser, zuerst senkte ich den Blick, weil ich ihn nicht anschauen konnte, weil jetzt ein Thema auf uns zukommen würde, was wehtat, und dann richtete ich meinen Blick in die Ferne. Irgendwie gab mir das Weite Halt.
»Ich glaube, mir ging es ähnlich wie dir. Ich hab mich an Sarah festgekrallt und hab versucht in ihr das zu finden, was ich all die Tage über hatte. Ich wollte alles, was mich irgendwie bewegt hat, überspielen und hab gehofft, dass das geht, wenn ich mich wieder in die Beziehung mit ihr stürze.«, er schluckte schwer und zog seine Beine über die Kante zurück an seinen Körper. Er hatte die Position eingenommen, in der er immer gesessen hatte, wenn wir am Strand waren. »Es hat aber nicht funktioniert. Das hatte keinen Sinn, das hat mir für den Moment gut getan, aber auf Dauer wäre ich ihr und auch mir nicht gerecht geworden. Ich hab mich von ihr getrennt und sie ist ausgezogen. Ich hab endlich verstanden, dass das lange nicht das war, was ich wollte. Nur leider zu spät. Viel zu spät.«, seine Stimme ging in der Nacht fast unter als er die Worte aussprach. Auch ich zog meine Beine zurück auf das Dach und setzte mich seitwärts so in einen Schneidersitz, dass ich ihn direkt ansehen konnte.
»Ich glaube einfach, dass wir beide noch nicht so weit waren. Wir haben uns gut verstanden, wir hatten schöne Momente und eine Tolle Zeit, aber... aber wir waren noch nicht so weit. Da war bei uns beiden noch irgendetwas, das es nicht zugelassen hat. Bei dir war es Sarah, mit der du nicht abgeschlossen hast und bei mir war es vielleicht diese Unsicherheit über meine Zukunft, die ich noch mit mir herumgetragen habe.«
»Und jetzt sitzen wir hier und haben beide mit den Dingen, die uns auf dem Herzen lagen abgeschlossen.«, ich war erschrocken als er das sagte und zuckte fast schon zurück. »Ich meine, also... scheiße.«, Basti stand auf, ließ seinen Teebecher unbeachtete stehen und lief zwei Schritte von der Dachkante weg. Noch verwunderter als zuvor sah ich ihm hinterher. Er hatte doch recht. Er hatte mit Sarah abgeschlossen, die beiden waren getrennte Leute, er hatte mit ihr das gleiche durchlebt wie ich mit Oli – auch er hatte sich an körperliche Nähe festgehalten und gehofft, dass ihm das geben würde, was er brauchte – und ich hatte endlich Sicherheit was meine Zukunft anging. Ich war jetzt hier in München, ich war nicht mehr rastlos, ich war angekommen, zumindest was meinen Studienplatz anging und ich war trotz der Sehnsucht nach Zuhause froh darüber.
»Du hast doch recht.«, ich stand langsam auf und hatte sofort Bastis fast schon verzweifelten Blick auf meinem Gesicht. »Sei nicht so unsicher, ich bins nur, Liv.«, ich streckte beide Arme von meinem Körper und lächelte ihn versöhnlich an. »Du hast verdammt nochmal recht. Ich bin jetzt in München und hab mein Studium, und du hast gemerkt, dass du abschließen musst. Ist doch gar nichts dabei, dass du das so gesagt hast.«
»Ich hab einfach Angst, dass ich irgendetwas falsch mache. Du... du weißt gar nicht, wie sehr ich mich gefreut habe, als du mich angerufen hast. Ich habe gefühlte Ewigkeiten auf diesen Moment gewartet und nachdem ich dich mit diesem Typen gesehen habe, da... da dachte ich schon, dass es nie zu diesem Moment hier kommen wird.«, er deutete mit seinen Händen auf uns. Auf ihn und mich. An diesem Platz hier oben. Ganz alleine, ohne irgendwelche Typen oder Frauen. »Ich dachte, dass ich dich nie wieder sehe und du nie wieder auch nur ein Wort mich wechselst. Ich wollte einfach alles richtig machen, weil ich das letzte Mal schon alles falsch gemacht habe, was ich nur falsch machen konnte.«
»Du hast alles richtig gemacht, Basti.«, warf ich ein, bevor er noch irgendetwas von sich geben konnte, wofür ich ihm am liebsten eine Backpfeife gegeben hätte. Er stellte sich so unendlich schlecht dar und bestrafte sich selber, dass es mir fast das Herz raus riss. »Hör auf dich so fertig zu machen, sonst seh ich mich gezwungen diese Treppen wieder runterzugehen und nach Hause zu fahren.«, ich drohte ihm, konnte ihm aber ein leichtes Lächeln entlocken. Das tat gut. Es tat gut ihn lächeln zu sehen. Und noch besser tat es, dass er es wegen mir tat.
»Ich glaub, ich werd mir das nicht eher verzeihen können, wenn du es nicht auch getan hast. Ich kann mir erst verzeihen, wenn du es auch getan hast.«, sein Blick wurde wieder so ernst und traf mich mitten ins Herz. Bastis Glück hing von meinem ab. Und in diesem Moment hatte ich urplötzlich das Gefühl, dass mein Glück ebenso von seinem abhängig war. Ich wusste, dass mich das alles erst glücklich machen konnte, sobald er es war. Wir waren voneinander abhängig. Wir waren es schon die ganze Zeit und verstanden es in diesem Moment, auf dem Gebäude des FC Bayerns erst.
»Gib mir Zeit, ja? Gib uns einfach Zeit, Basti.«, flüsterte ich und ging einen Schritt auf ihn zu. »Das braucht einfach Zeit, das geht nicht so schnell und so einfach.«
»Was soll das heißen?«, verwirrt sah er mich an und schüttelte leicht mit seinem Kopf.
»Ich würde mir wünschen, dass wir uns wieder öfter sehen. Lass uns Dinge unternehmen, solang das hier in München möglich ist. Lass uns versuchen wieder Vertrauen aufzubauen.«, ich lächelte und zuckte leicht mit meinen Schultern. Vielleicht wollte er das gar nicht. Vielleicht wollte er einfach nur, dass alles gut zwischen uns war und sich einfach im Guten voneinander 'trennen'. Ich würde nie meinen Kopf ausschalten können.
»Das klingt... das klingt toll.«, mein Herz machte einen Satz als er das sagte und legte sofort ein Lächeln auf meine Lippen.
»Find ich auch.«, mein Lächeln verwandelte sich fast in ein Grinsen und ich ging die zwei Schritte, die uns noch trennten, auf ihn zu. Ich musste das einfach tun. Vorhin hatten wir beide gewusst, dass noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen war, um sich zu umarmen, doch jetzt spürte ich, dass nicht nur ich wusste, dass die Zeit reif war, um sich endlich wieder in den Arm zu nehmen. Wir waren uns verbal und emotional wieder näher gekommen, und jetzt fehlte nur noch die körperliche Nähe.
»Ich habs vermisst mit dir zu reden.«, ich senkte meinen Kopf kurz, weil ich ihm gerade mein Herz öffnete und womöglich rote Wangen bekam. Doch trotzdem überbrückte ich die Distanz und trotzdem überbrückte ich meine Schüchternheit, die sich plötzlich in mir breitmachte, und legte meine Arme um seinen Oberkörper und drückte meinen Kopf gegen seine Brust. Ich schloss die Augen, sog seinen Geruch ein und spürte wenige Sekunden später schon seine Arme, die sich um mich legten und an ihn drückten. Unsere Körper entspannten sich gleichzeitig, unsere Herzen schlugen womöglich grade im selben Takt und unsere Erinnerungen wurden an all die schönen Momente in Brasilien zurück katapultiert. Es fühlte sich nach dem nach Hause kommen an, von dem die Menschen immer sprachen. Es fühlte sich einfach so geborgen und warm an und ich wusste, dass ich diese Berührung, solche Umarmungen nie wieder missen wollte. Ich wollte ihn gar nicht mehr loslassen, ich wollte gar nicht dran denken, dass es wieder einen Moment geben könnte, der das hier kaputtmachte und wir wieder ganz am Anfang ohne Umarmungen des anderen standen. Ich wollte da nicht dran denken, weil ich in diesem Moment was ganz anderes wollte. Ich wollte Basti überall berühren, meine Lippen über seine Haut streichen lassen und ihn küssen. Aber ich wusste, dass das falsch sein würde. Nicht, weil wir es nicht wollten, sollten vielmehr, weil wir nicht bereit dafür wären. Noch nicht.
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Nichts tut für immer weh
Fanfiction[Fortsetzung von "Another Love"] »Und mein Herz schlägt weiter auch wenn es fürchterlich brennt, wenn alles hier zerfällt.« - Liv hatte den Knopf für das Verdrängen gefunden. Nicht dran denken, Gefühle überspielen und mit anderen Gefühlen bekämpfen...