»Das war ein schönes Wochenende.«

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»Es ist doch eigentlich ganz gut gelaufen, meinst du nicht auch?«, Basti zog mich noch näher an seinen warmen Körper, als wir die Straße zum Hotel entlangliefen. Der Wind pfiff uns um die Ohren, ich hatte meinen Schal fest um den Hals gebunden und die Jacke bis oben hin zugemacht, und trotzdem fror ich.
»Eigentlich? Ich finde, es ist auch uneigentlich ziemlich gut gelaufen.«, ich lächelte ihn glücklich an und verstärkte meinen Griff um seine Hüfte. Der Abend bei meinen Eltern war wahrlich gut gelaufen. Nachdem Basti mir seine Liebe vor allen gestanden hatte, war alles, wie ich es mir gewünscht hatte. Meine Eltern hatten ihn binnen weniger Sekunden zum wohl besten Schwiegersohn in spe ernannt, unterhielten sich fast ausschließlich mit ihm und Thomas und Lisa und ich warfen uns abwechselnd Blicke über den Tisch hinweg. Der Abend war für mich perfekt, weil alles harmonisch war, alles gut lief und sich alle so sehr verstanden, dass die Luft bei der Zeit des Abschiedes so dick wurde, dass ich zwischenzeitlich das Gefühl hatte, zu ersticken. Mein Vater drückte meine Freunde und Basti so fest an sich, dass die Umarmung mehrere Sekunden dauerte, und auch Basti nahm er lange in den Arm. Selbst meine Mutter, die immer die kühle Distanz bewahrte, zog jeden von ihnen in ihre Arme und drückte ihre obligatorischen Küsse auf die rechte und linke Wange. Ich besah mir die Szene mit meinem Gepäck in der Hand und war glücklich und traurig zugleich. Glücklich, weil wir so harmonisch auseinandergingen, traurig, weil mein Flieger morgen schon wieder Richtung München gehen würde. So sehr mich diese Stadt bei der Landung auch erdrückt hatte, so sehr vermisste ich meine Eltern auch jetzt schon. Doch es war der vorletzte Tag im November und zu Weihnachten würde ich sie hundertprozentig wiedersehen.
»Bist du sicher, dass deine Eltern nicht sauer sind, weil wir die Nacht im Hotel verbringen wollen?", Basti ließ seinen Blick um uns schweifen und führte mich leicht links, um zum Eingang des Hotels zu gelangen.
»Quatsch!«, fast zu doll schüttelte ich den Kopf. »Die beiden waren echt happy. Selbst meine Mum.«
»Ist deine Mum sonst nie happy?«, Basti lachte leicht, während er nebenbei dem Portier zunickte, der uns die Tür aufhielt.
»Doch, klar.«, auch ich lachte kurz auf und drückte im nächsten Moment auf den Fahrstuhlknopf. Die warme Luft, die uns hier drin empfangen hatte, tat so unglaublich gut. »Aber sie zeigt das eigentlich nicht so offensichtlich. Meine Mutter ist.. sie wahrt halt gerne Distanz, was sie aber niemals böse meint.«
»Dafür hat sie mich echt lange in den Arm genommen. Kann ich mir da was drauf einbilden?«, Basti schob mich in den Fahrstuhl und zog mich an sich, als die Tür sich hinter uns schloss und der Fahrstuhl sich in Bewegung setzte.
»Da kannst du dir sehr, sehr viel drauf einbilden.«, ich küsste ihn. Leicht und trotzdem intensiv. »Ich glaube, du bist angekommen.«
»Ich hoffe, dass du angekommen bist.«, er legte seine freie Hand auf meine Wange und küsste mich. Stärker und noch intensiver. Ich spürte, wie sich irgendetwas zwischen uns breit machte, wie die Stimmung sich änderte und wie die Luft sich in diesem Fahrstuhl von jetzt auf gleich veränderte.
»Bin ich.«, hauchte ich dankbar zwischen zwei Küssen und gab mich ihm wieder völlig hin. Diese Stimmung wurde von Sekunde zu Sekunde intensiver, die Zeit schien still zu stehen, und das Verlangen, das auf unseren Lippen lag und unsere Herzen steuerte, raste fast durch unsere Körper.
»Wir treffen uns erst morgen wieder mit Lisa und Thomas, richtig?«, die Fahrstuhltür öffnete sich mit einem ‚Pling' und wir rissen uns voneinander los. Bastis Blick heftete trotzdem genauso intensiv auf mir, wie seine Küsse auf meinen Lippen. Seine Miene war so nah und durchbohrte mich fast. Ich wusste, was er mit der Frage wissen wollte. Mir war klar, dass er ungestört sein wollte. Das wollte ich schließlich auch.
»Wir haben uns vor dem Spaziergang für heute verabschiedet.«, gab ich nur zurück und hetzte mit ihm an meiner Hand schon fast über den Hotelflur. Das Zimmer war das gleiche, nur die Tatsache, dass Pep uns erwischen könnte, hatte sich in Luft aufgelöst. Das Team war längst zurück in München. Wir waren alleine hier – mit Thomas und Lisa im Zimmer gegenüber. Doch die störten uns nicht, weil jetzt gab es nur noch uns. Es war unsere erste Nacht gemeinsam als Paar. Gemeinsam, zusammen, miteinander.
»Das wollte ich hören.«, gab er zu und stieß die Zimmertür hektisch auf, nachdem er die Karte durch den Schlitz gezogen hatte. Er war mein Gepäck in die Ecke, zog sich seine Jacke aus und zog mich wieder zu sich. Seine Lippen pressten sich wieder auf meine. Noch intensiver, geführt von der Stimmung, die wir aus dem Fahrstuhl mit ins Zimmer genommen hatten. Ich zog mit den Lippen auf seinen, meine Jacke aus, schoss die Schuhe von meinen Füßen und ließ mich von Basti zum Bett führen. Früher oder später würde es passieren und dass unsere erste gemeinsame Nacht und der Abend die perfekte Einladung dafür werden würde, war uns beiden klar. Unsere Herzen hatten viel zu lange darauf gewartet, den jeweils anderen endlich wieder so nah fühlen und spüren zu dürfen, als dass wir die Zeit noch weiter in die Länge hätten ziehen können. Der Moment war zu perfekt, um wahr zu sein. Und trotzdem machten wir ihn mit jeder einzelnen Berührung und mit jedem weiteren Kuss realer.
Basti zog mir mein Oberteil über den Kopf, war es neben uns auf den Boden und ließ seines folgen. Auch seine Hose knöpfte er sich binnen weniger Sekunden auf und strampelte sie von seinen Beinen, sodass er lediglich in Boxershorts über mir lag, als er seinen Körper an meinen drückte und seine Lippen auf meine presste. Wir wurden beide fordernder in unseren Handlungen und in unseren Berührungen. Ich zitterte fast, als er zwischen meinen Beinen lag und ich ihn so nah an mir spürte. Unsere Oberkörper trennte lediglich mein BH, und Basti war lediglich in seiner Unterwäsche bekleidet. Meine Hände lagen in seinem Nacken, ließen nicht zu, dass sein Kopf auch nur für ein paar Sekunden nach hinten rückte und unsere Lippen dadurch trennte. Ich war fast gierig nach ihm, hätte keine Sekunden überstanden, in der ich ihn nicht schmecken konnte.
Seine Hand stützte sich neben meinem Körper auf der Matratze ab, mit der anderen strich er behutsam und fordernd zugleich über meinen Oberkörper, an den Trägern und dem Saum meines BH's entlang, hinunter zu meinem Bauch, über meinen Bauchnabel, und stoppte am Bund meiner Hose. Er knöpfte den Knopf auf und zog den Reißverschluss auf. Sofort stemmte sich meine Hüfte ihm entgegen, dass er mir meine Hose von den Hüften und den Beinen ziehen konnte. Es sah wahrscheinlich hilflos und ungekonnt an, als ich meine Hose von den Beinen und über die Füße strampelte, doch es war mir egal. Ich wollte und konnte mich nicht von ihm lösen. Als würde ich durch seine Küsse erst leben. Und so war es auch – erst dadurch spürte ich, dass ich lebte. Ich spürte seine Liebe und war lebendig. Mehr als am Leben.
Es prickelte auf meinem Körper seine Haut so nah an meiner zu wissen, lediglich getrennt von unserer Unterwäsche. Das alles war so aufregend, obwohl das nicht unser erstes Mal war. Wir hatten in Brasilien miteinander geschlafen. Doch das hier war neu, weil wir neu waren. Unser Wir war neu. Unser Uns.
»Bist du dir sicher?«, Bastis Hand wanderte immer wieder über meine Innenschenkel als er sich von mir gerollt hatte und neben mir auf der Matratze lag. Wir knutschten wild, wir spielten das Spiel vor dem wirklichen Spiel, wir streichelten uns. Und wir liebten uns. Jeden einzelnen Fleck unserer Körper und jeden Hauch von Gefühl.
»Ich war mir nie so sicher.«, ich hauchte es gegen seine Lippen, während meine Hand über seine Seite strich, und er kurz zusammen zuckte. Er war kitzelig.
»Ich.. ich.. «, Basti entfernte sich für eine Sekunde von mir, sah mich wieder so intensiv an, dass es mir eine Gänsehaut über meinen fast nackten Körper trieb.
»Psst.. «, ich spürte, dass er Worte suchte, die er in diesen Momenten nicht fand, weil Gefühle manchmal mehr sagten als Worte. Und in diesen Momenten sagten die Gefühle, die sich zwischen uns breit machten, die in unseren Berührungen und Küssen lagen, viel mehr als alles andere. Worte waren gerade unwichtig.
Ich drückte meine Lippen wieder auf Bastis, wanderte mit meiner Hand weiter seine Seite entlang, darauf achtend ihn nicht wieder zusammenzucken zu lassen, und strich seine Boxershorts von seiner Hüfte. Er strampelte sie ab, lag vollkommen entblößt vor mir und deutete mir, wie an erregend er diese Minuten zwischen uns fand. Schnelle wanderte auch seine Hand zu meinem BH, öffnete ihn und strich die Träger von meiner Schulter. Dies war immer der Punkt gewesen, an dem ich mich unwohl gefühlt hatte, an dem ich mich am liebsten unter der großen Decke versteckt hätte, doch in Bastis Nähe fühlte ich mich wohl. Ich wollte mich nicht verstecken, ich wollte einfach nur ihm gehören. Seine Hand wanderte weiter, dorthin, wo meine zuvor noch bei ihm gelegen hatte, und so strich er das letzte Kleidungsstück von meinem Körper. Wir lagen nebeneinander, küssend, voll Liebe, entblößt und so vollkommen. Ich rutschte näher an ihn heran und überbrückte die wenigen Zentimeter, die unsere Körper voneinander trennten. Er fühlte sich so warm und geborgen an, als ich mein Bein zwischen seine Beine schob und mich vollkommen mit ihm verknotete. Seine Hand wanderte unentwegt über meine Körper, es fühlte sich so gut an, ich wollte nicht, dass er aufhörte. Auch ich berührte ihn, als müsste ich seinen Körper erkunden. Als hätte ich noch nie Haut gespürt und gefühlt. Was wahrscheinlich stimmte: Ich hatte noch nie Haut gefühlt und gespürt, die mir so viel Liebe gab.

»Alles okay?«, Basti legte seinen Arm um meine Schulter und zog mich trotz Lehne zwischen unseren Sitzen näher zu sich heran, sodass mein Kopf auf seiner Schulter ruhte. Der Kuss, den er auf meine Stirn drückte, ließ mich noch breiter lächeln.
»Klar!«, ich grinste und hob mich aus seiner Umarmung. Vorsichtig lehnte ich meine Ellenbogen auf der Armlehne zwischen uns ab und lehnte mein Kinn auf meinen Händen ab. Ich war müde, die Nacht war nicht allzu lang. Und trotzdem fühlte ich mich so fit wie noch nie und bereute keine Sekunde, in der ich nicht geschlafen hatte. »Ich bin glücklich.«, schob ich noch hinterher und meinte es so ernst wie noch nie. Ich war unsagbar glücklich. Basti und ich hatten am Vorabend eine wunderbare Nacht zusammen, hatten uns geliebt, uns geküsst, uns gefühlt und gespürt und uns ins Delirium getrieben. Wir waren in dieser Nacht unsere persönliche Droge.
 »Und ich erst.«, Basti lächelte sein charmantes Lächeln, das so viel verriet und umfasste zaghaft mein Handgelenk. »Kommst du vom Flughafen mit zu mir?«
»Gerne.«, ich lächelte ihn sanft an und griff sofort nach seinem Arm. Seine Hand umfasste noch immer mein Gelenk, wir waren nun vollkommen durch unsere Berührungen miteinander verknüpft. »Aber wenn ich bei dir bleiben soll, muss ich Zeit für mein Essay bekommen.«
»Du kannst solange dein doofes Essay schreiben wie du magst. Hauptsache, du bist bei mir.«, noch immer lag sein Lächeln auf seinen Lippen. Ich wusste, woran er dachte. Daran, woran ich dachte. An die Berührungen, die wir uns heute schenken würden. Wir würden um 12 Uhr mittags landen und hatten noch den ganzen Tag und die ganze Nacht, bevor Basti am nächsten Morgen zum Training und ich in die Uni musste.
»Abgemacht.«, stimmte ich zu.
»Aber dann auch keine Lisa, die dich ausfragen will.«
»Und keinen Thomas, der ganz dringend mit dir reden muss.«
Wir waren uns einig. Und wir lachten. Mitten im Flugzeug, irgendwo im Himmel zwischen Berlin und München. Die Maschine war zwar relativ leer und wir saßen in der letzten Reihe, um relativ unerkannt zu bleiben, doch trotzdem sahen wir Köpfe, die sich nach uns umdrehten. Aber es war uns egal. Wir waren verliebt und glücklich, die anderen konnten uns in diesem Moment gar nichts.
»Nächstes Mal wieder first class!«, zischte Thomas uns zu, der mit Lisa in der Reihe vor uns saß und seinen Kopf über die Sitze reckte. »Da sind wir wenigstens ungestört, falls ich mal wieder so einen peinlichen Anfall bekommt!«
Basti und ich konnten nicht aufhören zu lachen, vielmehr verstärkte Thomas' Reaktion unseren Lachfluss.
»Thomas, lass die beiden in Frieden. Sei froh, dass sie endlich glücklich miteinander sind!«, Lisa zog ihren Mann wieder zu sich herunter und zurück auf seinen Sitz. Er meinte es sicher nicht böse, wahrscheinlich nervte in die eingeschränkte Beinfreiheit hier in der economic class einfach nur, und musste seiner Wut freien Lauf lassen.
»Dem kann man es echt nicht recht machen.«, flüsterte Basti mehr schlecht als recht, ehe er mir wieder einen Kuss auf meine Wange hauchte.
»Das hab ich gehört, Meister!«, erklang Thomas Stimme ein letztes Mal. Ich hielt mir schützend die Hand vor meinen Mund, damit mein Lachen nicht wieder laut durch das Flugzeug klang. »Das war ein schönes Wochenende.«, Basti zog mich wieder in seine Arme und lehnte sein Kinn auf meinem Kopf ab. Seinen Arm hatte er schützend auf meinem Brustkorb um mich gelegt, woraufhin ich meine Hände auf seinen Arm legte. Es sollte kein Zentimeter zwischen uns sein – es reichte schließlich, dass die Armlehne unsere Nähe störte und die ganzen 70 Minuten des Fluges eine Distanz zwischen uns darstellte. Ja, ich war verrückt verliebt. Und ich benahm mich auch so.
»Fand ich auch.«, gab ich zu und genoss seine Nähe und Wärme, die er ausstrahlte.
»Trotz der Tatsache, dass es eben Berlin war?«, spielte er auf den ersten Abend an, an dem wir im Hotel über meine Gedanken gesprochen hatten.
»Je mehr Zeit ich dort verbracht habe, desto weniger habe ich daran gedacht, wo ich eigentlich bin. Es braucht nur die richtigen Menschen in seiner Umgebung, um auch die hässlichsten Orte zu eine der schönsten zu machen.«, gestand ich ihm viel zu nachdenklich. »Klar, ich werde mit Berlin immer negative Dinge assoziieren, aber ich verbinde damit auch schöne Momente und wunderbare Menschen. Und wenn du dabei bist, dann ist alles vergessen.«, verwandelte sich das Nachdenkliche und das viel zu Kitschige. Ich war nie ein Fan davon gewesen – was nicht heißen sollte, dass ich meinem Partner meine Gefühle nie gestanden hätte -, aber Basti machte etwas mit mir, das selbst die kitschigste Faser meines Körpers ans Tageslicht brachte. Und von dieser kitschigen Faser wusste ich bis zu unserem Aufeinandertreffen nicht einmal was.
»Du bist unfassbar, Babe.«, Basti verstärkte den Druck seines Arms auf meinem Brustkorb und nahm noch seinen zweiten Arm hinzu. Er drückte mich so fest an sich, er verscheuchte sogar noch den Millimeter zwischen uns, in den eine Briefmarke mit aller Müh und Not gepasst hätte. Und es fühlte sich so unsagbar gut an. Das alles hier, mit dem ich nie gerechnet hätte, fühlte sich so gut an. Ich war endlich angekommen, bei einem Menschen, für den ich schon so lange Zeit Gefühle hatte und den ich einfach zur falschen Zeit am richtigen Ort getroffen hatte. Und den ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort wiedergetroffen habe. Fernab von Brasilien, mittendrin in Bayern, aber trotzdem am passenden Ort. An dem ich mich sicher und wohl fühlte, an dem sich ein Traum von mir erfüllt hat und der zu meinem neuen Zuhause geworden ist. An dem Ort, den Basti mit seiner Anwesenheit einfach zu dem einzigen perfekten machte.

Nichts tut für immer wehWo Geschichten leben. Entdecke jetzt