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"Wie alt bist du eigentlich, Levi?" "Siebzehn.", erkläre ich monoton und lehne mich an die Wand hinter mir. "Oh." 

Kann der auch was anderes, als mich ausfragen und dann nicht mit meinen Antworten umgehen? Ich gebe ja zu, siebzehnjährige Nutten sind nicht gerade üblich aber dennoch, ist es nichts außergewöhnliches, wofür man keine Worte finden kann. Ich wurde schon oft für jünger gehalten und die Leute wollten dann trotzdem Sex. "Ist das nicht illegal?"

"Das ist mir ziemlich egal, die Hauptsache ist, dass ich hier bleiben kann.", ich schaue betrübt in meinem kleinen Zimmer umher. Ich denke, das ist es, was mir am meisten gefällt hier. Ich habe nicht viel Platz, im Gegensatz zu den drei Anderen, aber ich bin hier in meinem kleinen Reich, welches mir nicht so schnell weggenommen werden kann. Vor allem mag ich es hier, weil ich wenig zum aufräumen habe. Ich putze wirklich gründlich und bei einem großen Zimmer würde mich das vermutlich nur stören.

"Darf ich jetzt auch Fragen stellen?", ich schaue wieder zu ihm und sehe, wie er zögerlich nickt. Dabei wippen seine braunen Haare etwas auf seinem Kopf mit, was ziemlich lustig aussieht, ich glaube der gute Herr Jaeger hier, müsste mal zum Frisör. Wie er wohl mit noch längeren Haaren aussieht? Wieso denke ich eigentlich über so was nach?

"Wieso hast du mich angesprochen, wieso hast du mich ausgesucht und nicht eine der andren Nutten?" "Ich weiß nicht, du bist irgendwie anders als die anderen, du siehst nicht so verbraucht aus." Er bemerkt ziemlich schnell, dass seine Worte nichts Gutes verursachen und schaut betreten zur Seite. 

Ich seufze unterdrückt und rutsche mehr an ihn ran - warum weiß ich auch nicht. "Ich mag es nicht, wenn jemand so abfällig davon redet, wenn er Alternativen hat.", erkläre ich stumpf und lege meinen Kopf auf seine Schulter. Er dreht den Kopf wieder zu mir und hebt fragend eine Braue. Dabei schaut er mir direkt in die Augen, sodass mir seine außergewöhnlich kräftige Augenfarbe penetrant die Möglichkeit nimmt um auf andere Gedanken zu kommen. "Ich habe keine Alternativen. Mein Vater ist Arzt, also werde ich auch Arzt - so ist das bei uns."

"Leben deine Eltern im Mittelalter oder was ist bei denen falsch?" Er kichert leise, was sich irgendwie wunderschön anhört. Eigentlich hasse ich es, wenn Leute kichern, aber bei ihm ist das wirklich schön. Es ist so niedlich, trotz seines Alters. 

"Ich weiß nicht, vielleicht. Manchmal kommt es mir so vor." Ich lege meine Beine quer auf seine Oberschenkel und lächle leicht, als er meine zerknitterte Jeans ein wenig glatt streicht. Ich hasse es, wenn mich Leute anfassen - wenn es nicht unbedingt zu meinem Beruf gehört - aber bei ihm finde ich das grade sehr entspannend, ich denke das kann man so sagen.

"Ich mag dich Levi.", murmelt er leise und schaut durch einen Blick über seine Schulter zu mir. "Du kennst mich doch gar nicht, wie sollst du mich also mögen?" Ich war schon immer skeptisch gegenüber anderen Leuten. Wenn sie sagten, sie würden mich mögen - so haben sie mich schnell verletzt. Wenn sie sagten, sie würden mich lieben - haben sie mich auf die unterschiedlichsten Arten verlassen. Durch den Tod oder durch das Töten. 
Und egal, wie sehr mich Eren verwirrt, in dem er meinen Kopf durcheinander bringt, selbst bei ihm spüre ich diese Skepsis deutlich.

"Das, was ich kenne, das mag ich.", erklärt der Größere sich und schaut mich mit verschleiertem Blick an. "Ich weiß nicht, ob ich dich mögen sollte, Eren. Immerhin könntest du mich jederzeit verpfeifen und ein Grund für eine fristlose Kündigung meines Bosses sein." Aber trotzdem will ich, dass wir uns öfter sehen, sei es nur zum Sex oder zum Reden, das wäre mir dann völlig egal, hänge ich in Gedanken noch ran und spüre dabei, wie er durch meine Haare streicht und seine schlanken Finger an meinem Undercut umherfahren, es verleiht mir eine Gänsehaut, wenn das jemand macht.

"Darf ich dich küssen Levi?", fragt er leise und drückt meinen Kopf etwas nach oben, sodass ich wieder in seine Augen schauen muss. "Nein. Ich werde nicht geküsst. Ich küsse.", hauche ich ebenso leise und lege meine spröden Lippen auf seine samtweichen.

Ich sollte öfter küssen, wenn es sich so gut anfühlt. Er vergräbt seine Hände in meinen Haaren und drückt mich vorsichtig nach hinten, sodass ich unter ihm liege, während er sich mit einer Hand neben meinem Kopf stützt und mit der anderen über meine Wange streicht. 

Während der unzähligen Küsse, haucht er immer wieder, dass er mich wunderschön finden würde und, dass ihm mein Schicksal leid tut, dass er etwas ändern möchte. Größtenteils ignoriere ich seine Worte und gebe mich ihm einfach hin - so habe ich es immerhin gelernt - außerdem finde ich, dass nicht unbedingt alle seiner Worte der Wahrheit entsprechen. Ich denke schon, dass ich eine gewisse Ansehnlichkeit bin, denn als Nutte darf man nicht hässlich sein. Aber ich persönlich finde mich auch nicht wunderschön, wie er es so nett formuliert hatte. 

Durch ein lautes Poltern werde ich aus meinen Gedanken gezogen, Eren löst sich von mir, was ich nur widerwillig zulasse und wir schauen zur Tür. "Wenn ihr schon lauscht, dann so, dass es keiner bemerkt.", knurre ich laut und man hört ein Räuspern und Murmeln hinter der weißen Holztür. Mike öffnet die Tür und schaut uns grinsend an. Eren wird rot und schaut auf die Bettdecke, während ich mich aufsetze und meinen besten Freund erwartungsvoll ansehe. 

"Was wollt ihr?", frage ich zickig, da ich im Hintergrund Mikasas schwarze Haare sehe und Annie sich ungeschickt hinter den beiden versteckt. "Wir wollten nur mal schauen, ob alles in Ordnung ist, immerhin ist er aus Blankensee, der könnte sonst was mit dir machen.", brabbelt Mika vor sich hin, wofür ich ihr am liebsten meine flache Hand ins Gesicht geschlagen hätte. Wenn es eine Ecke gibt, die kriminell oder gefährlich ist, dann ist es unsere. Reeperbahn, Sternschanze, St. Pauli und Hauptbahnhof, sind die am meist gefährdetsten Stellen in Hamburg. In Blankensee wird nur von diesen Bezirksbewohnern geklaut. 

"Verschwindet.", fauche ich und die drei rennen schon fast weg. "Ist das hier immer so?" "Eigentlich nicht, aber es hat auch nie jemand Besuch hier, von daher." 

"Dann ist das ja eine Art Ehre für mich.", grinst er und wieder muss ich sein schönes Lächeln betrachten. Ich sage es nochmal, Zahnpastawerbung. 

-

"Ich schreib dir.", murmelt er und schaut unsicher hinter mich, wo Mike und Annie - wie zwei hungrige Wachhunde - stehen und uns an stieren. Ich seufze, gehe einen Schritt raus und schließe die schwere Tür hinter mir. Ich ziehe ihn zu mir runter und lege meine Lippen sanft auf seine Wange. "Ich werde drauf warten.", hauche ich ihm leise ins Ohr und verschwinde dann wieder schnell in der Wohnung. 

Kaum ist die Tür zu, werde ich an diese gedrückt und sehe Mikes monotones Gesicht vor mir. "Hattet ihr hier Sex?", fragt er sofort. "Wenn, dann solltest du das gehört haben, immerhin standest zu fast die ganze Zeit vor der Tür und hast gelauscht."

"Hattet ihr hier Sex?" "Es zu wiederholen bringt nichts. Wenn du nichts gehört hast, ist es sehr unwahrscheinlich, dass wir miteinander geschlafen haben.", murre ich und befreie mich aus seinem festen Griff. Auch wenn ich nicht so aussehe, bin ich in einigen Dingen deutlich stärker als Mike.

"Du willst ihn wieder sehen, nicht wahr?", seufzt er und ich halte in meinen Bewegungen inne. "Wer sagt das?" "Das sieht man Levi."

"Selbst wenn es so wäre, das darf ich eh nicht. Du weißt doch, Erwin."

Downphase I [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt