Our Bridge Of Light

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That's when love can build a bridge of light
That's what turns the wrong so right
That's when you know it's worth the fight
('Bridge of light' - Pink)


„Mario, ich würde gerne etwas erledigen, hier, in Dortmund.", sagte ich nach einigem Schweigen. Der Gedanke hatte sich schon seit seinem Vorschlag, ihn hierher zu begleiten, bei mir eingenistet, aber ich hatte mich bis jetzt noch nicht getraut ihn zu fragen.
„Du möchtest zu ihr, oder?", fragte er sanft.
Woher wusste er das? Ich war so erstaunt, dass ich es nur schaffte zu nicken.
„Wenn du magst, können wir gleich hin, wir sind ja noch nicht weit von zu Hause, dann können wir zurück und das Auto nehmen.", schlug er vor.
„Ja, das wäre schön."

Die Fahrt verlief schweigsam, ich war im Gedanken versunken. Zum einen fürchtete ich mich davor ihr Grab zu besuchen, weil ich wusste, wie schnell mich meine Gefühle immer übermannt hatten, wenn ich dort gewesen war. Zum anderen freute ich mich auch etwas, schließlich hatte ich immer ein schlechtes Gewissen gehabt, dass ich sie seit Jahren nicht mehr besucht hatte. Es musste schrecklich ungepflegt aussehen.

Als wir schließlich am Friedhof angekommen waren, wurde ich immer stiller. Es war erstaunlich, wie gut meine Füße den Weg zu ihrem Grab immer noch kannten.

Und dann sah ich es vom Weiten und ich blieb wie angewurzelt stehen. Wie erwartet sah es trostlos aus und ging unter, neben den anderen gepflegten Gräbern. Trotzdem fiel mir der Grabspruch sofort ins Auge: Louisa Katharina Held – ‚Wir haben gemeint und meinen, wir brauchen sie noch. Gott hat gemeint, es sei genug.'

Meine Augen begannen zu brennen. „Hey, Bella. Alles okay?", fragte Mario mich besorgt. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich zitterte. „Ich...könntest du mich vielleicht kurz mit ihr allein lassen?", flüsterte ich, ohne ihn anzusehen. Doch anders als befürchtet, zeigte er keinen Widerstand, er drückte nur meine zitternde Hand und ging. Langsam ging ich die letzten Schritte, bis ich endlich bei ihr war. Ich kniete mich hin.
„Hallo, Mum, ich bins, Isabella.", flüsterte ich. Ich sah das Moos, das das Grab teilweise verdeckte, sah den schmutzigen Behälter, wo eigentlich eine Kerze rein gehörte, ich entdeckte auch einen verwelkten Blumenstrauß, was mich wunderte. War jemand hier gewesen?

Mit zitternden Fingern begann ich das Moos zu entfernen.

„Es tut mir so leid, dass ich dich nicht besucht habe.", weinte ich, der Scham überfiel mich. „Ich konnte einfach nicht...ich bin so eine schreckliche Tochter."

Mit meinem Finger strich ich den Grabspruch nach und in einem Anfall von Hysterie, rannten mir die Tränen hinunter, während ich versuchte das Grab zu säubern. „Du darfst nicht denken, ich hätte dich vergessen, bitte tu das nicht. Es gibt keinen Tag, an dem ich dich nicht vermisse, Mum. Und Dad auch. Wir brauchen dich beide noch immer. Alles ist zusammengebrochen, seitdem du nicht mehr bei uns bist und ich..." ein heftiges Schluchzen überfiel mich, sodass ich kaum Luft bekam, dass meine Hände vom aggressiven Wegkratzen angefangen hatten zu bluten, bemerkte ich nichtmal.

Ich schaffte es nicht meinen Schwächeanfall zu beruhigen und bekam immer weniger Luft, doch plötzlich fühlte ich eine warme Hand auf meiner Schulter.

Mario war wiedergekommen, er sah mich geschockt an, doch dann schien er sich zusammenzureißen und ließ sich neben mich auf den Boden fallen, sprach mit einer leisen und beruhigenden Stimme: „Heh, schau, ich hab hier etwas, was du deiner Mum geben kannst."
Er hielt mir einen Blumenstrauß und eine weiße Kerze entgegen. „Wo..woher?", stotterte ich und nahm den Blumenstrauß, platzierte ihn auf den Grab meiner Mutter. „Hab gerade beim Blumenstand der Kirche vorbeigeschaut und dachte, du würdest ihr gerne was da lassen." Mit diesen Worten reichte er mir auch noch die Kerze.

Maybe tomorrow (Mario Götze)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt