1 - Aschemädchen

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Das Zerreißen von Geschenkpapier weckte Lily aus ihrem Traum, in dem ein um sich schlagender Besen mit zwei Händen und ein von selbst laufender Stiefel die Hauptrollen gespielt hatten. Ginny saß an ihrem Fußende und packte ihre Geschenke aus.

„Frohe Weihnachten." Ihre Stimme klang leise, als hätte sie sie seit Wochen schon nicht mehr benutzt. Lily starrte sie einen Moment verwundert an. „Frohe Weihnachten.", gab sie verwundert zurück, immerhin hatten sie seit Monaten nicht mehr miteinander geredet.

An Lilys Bettende lag auch ein kleiner Stapel Geschenke, der ihr Herz einen glücklichen Hüpfer machen ließ. Von Madison, Hillary und Laureen hatte Lily eine Packung schottischer Spezialitäten bekommen, außerdem eine Karte, die ziemlich schräg 'morgen kommt der Hippogreif' grölte, sobald man sie aufschlug. Lily klappte sie schnell wieder zu und las nur durch einen kleinen geöffneten Spalt ihre Weihnachtswünsche.

Das Wetter bei uns ist sehr windig und stürmisch, leider werden wir wahrscheinlich keine weiße Weihnacht haben. Ich hoffe dir geht es gut und du verbringst ein schönes Weihnachtsfest. Liebe Grüße, Hillary

Darunter stand noch eine weitere Zeile von ihr (Die Karte hat übrigens Laureen ausgesucht, ich finde sie schrecklich und hoffe, du bekommst keine Kopfschmerzen.), dann folgten ein paar Worte in Madisons krakeliger Handschrift.

Frohe Weihnachten! Ich hoffe bei dir im Zimmer ist alles klar? Keine Sorge, bald sind wir wieder da! Madisons Andeutung in Ginnys Richtung wirkte schon geradezu vage verglichen mit Laureens kurzer Nachricht.

Ich hoffe du vergammelst nicht in Hogwarts, so alleine auf unserem Zimmer. Mach doch mal eine Schneeballschlacht, dann kannst du sie mal an einer Hand voll Schnee riechen lassen. Und im Übrigen finde ich diese Karte einfach nur wundervoll. Lily klappte sie kopfschüttelnd gänzlich zu.

Ebenfalls mit der Post gekommen war ein cremefarbener Briefumschlag aus dickem Pergament, indem sich eine silberne Karte mit einem großen Familienwappen befand.

Liebe weihnachtliche Grüße an meine Hundeaufpasserin, ich hoffe Claire ist noch nicht gestorben.

Weiter unten war anscheinend in großer Eile noch ein P.S. hin gekritzelt worden. Lach nicht über die Karte, es war die einzige, die ich noch gefunden habe!

Lily lachte und schaute auf Jaspers kaum leserliche Unterschrift.

Währenddessen hatte Ginny neben ihr eine aus dem Paket hervorquellende Masse Strick ausgepackt, bei dem sich Lily nicht sicher war, ob es ein Strickpulli oder ein Strickkleid sein sollte. Das Orange hatte denselben Farbton wie Ginnys Haare und sie sah darin aus, als würde sie in dem Pulli ertrinken.

Ihr Blick flackerte immer wieder zu ihr herüber, als schien sie auf etwas zu warten, aber wolle gleichzeitig am liebsten so schnell wie möglich das Zimmer verlassen. Das etwas das sie hierbleiben ließ, stellte sich als ein hastig zusammengefaltetes Blatt Pergament heraus.

Es tut mir Leid, Lily. Frohe Weihnachten, Ginny.

Ginny saß auf ihrem Bett, die Beine angezogen, in den Strickpulli verpuppt wie eine Raupe in ihren Kokon. Lily konnte nicht mehr wütend auf sie sein.

„Es tut mir auch Leid, Ginny. Ich hätte versuchen sollen, mit dir zu reden." „Du hast mit mir geredet, es ist meine Schuld. Ich wollte mich schon früher bei dir entschuldigen aber-" Sie verhaspelte sich, dann brach ihre Stimme ab.

Ihre Hand hielt verkrampft etwas umschlungen, das sich in den Tiefen ihres Pullis verbarg. „Aber jetzt hast du es." Sie versuchte ihr aufmunternd zuzulächeln, aber Ginnys Mundwinkel zeigten immer noch nach unten. Lily stand auf, setzte sich vorsichtig zu Ginny auf die Bettkante und umarmte sie kurz. „Ich verzeihe dir, Ginny. Es ist einfach nur unglücklich gelaufen, das mit der Treppe." Sie fühlte sich in ihren Armen an wie ein unbiegsames Stück Holz. Ein dünnes, ängstliches und zerbrochenes Stück Holz.