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In den nächsten Tagen blickte Lily immer wieder vorsichtig zu Hermine hinüber, wenn sie ihr in den Gängen oder beim Abendessen begegnete, nur um jedes Mal erschrocken wieder ihren Blick gen Boden zu richten. Lesen schien ihr größtes Hobby zu sein. Schon morgens begann Hermines Tag mit der neusten Ausgabe des Tagespropheten und während der Schulzeit schien ihre Tasche stets vor Büchern überzuquellen, ganz zu schweigen von dem Stapel, den sie in ihren Armen mit sich herum trug. Die Zeit vor dem Abendessen verbrachte sie meist in der Bibliothek oder vor dem Kaminfeuer mit Harry und Ron, Ginnys Bruder.

Aber auch dann lag immer ein Buch in Reichweite. Vielleicht brauchte man das, wenn man mit zwei Jungs befreundet war und sie aus seinem Kopf verbannen wollte. Jetzt saß sie wieder in der Bibliothek, beendete ihr am vorherigen Tage angefangenes Buch und stellte es ordnungsgemäß an seinen richtigen Platz zurück. Es war genau eine Stunde vor dem Beginn der Sperrzeit. Lily fluchte, sie hätte damit rechnen müssen, dass Hermine bald die Bibliothek verlassen würde. Zügig warf sie ihre Sachen in ihre Tasche und sah gerade noch rechtzeitig, wie Hermine nach links, zu den noch funktionierenden Toiletten ohne Myrte hin abbog.

Schnell hastete Lily ihr hinterher, wartete aber trotzdem einige Minuten, bevor sie die Mädchentoilette betrat. Besaß Hermine so etwas wie ein geheimes Untergrundtoilettennetzwerk oder warum verschwand sie dort immer spurlos? Doch noch bevor sie überhaupt die Möglichkeit gehabt hätte in eine der Kabinen zu gehen, trat Hermine hinter der Tür hervor und stemmte sich ihre Hände in die Hüfte. „Du folgst mir. Dachtest du ich würde es nicht bemerken?" Wütend kniff sie die Augen zusammen. „Was willst du von mir?" Lily drückte sich an der Wand entlang, im größtmöglichen Abstand zu ihr. „Ein echt-", sie starrte den Spiegel an, als würde ihr Ebenbild ihr etwas Passendes zuflüstern. „Ein echt komischer Zufall, dass wir uns immer auf den Toiletten begegnen. Aber ich bin nur deinem Rat gefolgt, hier ist es wesentlich..."

Lily suchte nach einem Wort um die Mädchentoiletten möglichst wohlwollend zu beschreiben. „Ähm... schöner als unten" Sie versuchte ein Lächeln, was sich beim Anblick von Hermines Gesicht aber eher in eine Grimasse verwandelte. „Wenn du mir keinen Grund nennen kannst, vielleicht möchtest du Professor McGonagall ja einen verraten?" Ihre Stimme klang wütend, genauso wie ihre Augenbrauen, die ihr beinahe zuschrien sie solle mit der Wahrheit herausrücken. Aber Lily entging ein gewisser Unterton nicht. Angst.

Lily löste sich von der weiß gefliesten Wand und tat einen Schritt auf sie zu. Hermine wich zurück. Sie hatte eindeutig Angst. Angst davor, wieviel Lily wissen konnte, Angst davor wie viel sie anderen bereits erzählt hatte. „Wusstest du, dass einige Zutaten aus Professor Snapes persönlichem Vorratsschrank entwendet wurden?", fragte Lily, einen beiläufigen Plauderton vortäuschend, obwohl sie beide wussten, dass dies keineswegs eine harmlose Toilettenplauderei werden würde. „Snape", sie sprach seinen Nachnamen so aus, dass man sofort merkte, dass sie den Professor mit voller Absicht weggelassen hatte. „Snape redet normalerweise nicht mit mir über die Probleme in seinem Vorratsschrank!" Der versucht schnippische Ton in ihrer Stimme war kläglich.

„Nun, es hätte immerhin sein können, er verdächtigt die Gryffindors des zweiten Jahrgangs." Hermine wurde etwas blasser um die Nase. „Und du bist eine Gryffindor des zweiten Jahrganges." „Es gibt viele Gryffindors im zweiten Jahrgang und alle hätten einen Grund dafür, Snape etwas auszuwischen!" Lily ignorierte das Ziehen, das das Wort Snape immer in ihrer Magengegend auslöste. „Glaubst du wirklich, dass ich es war?" Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort, bis sie kaum noch eine Armlänge von Hermine entfernt war. Lily lehnte sich vor. „Nein. Ich glaube es nicht, ich weiß es."

1 - AschemädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt