Hallo.
Fast augenblicklich verschwanden die Buchstaben wieder. Kurz hielt sie sich selbst für verrückt, alle anderen schliefen schon und sie schrieb in alte Kalender, der eigentlich gestern hätte verbrennen müssen und ihre Freundin mehr gruselte als Sevs Versprechen, ihre Erheiterungstränke an ihnen selbst zu testen. Aber die Zeilen die jetzt erschienen, ließen diese Gedanken verstummen.
Wie geht es dir heute, Ginny?
Lily unterdrückte den Impuls, den Kalender zuzuschlagen und in der hintersten Ecke Hogwarts zu verbergen, stattdessen antwortete sie.
Mir geht es gut.
Der geheimnisvolle Antworter hielt sie tatsächlich für Ginny. Hatte etwa auch sie schon das ganze Jahr über diese Gespräche geführt? Vielleicht gab es ein Gegenstück, dass ihren Eltern gehörte, über das sie Kontakt hielten. Aber warum hätte Ginny es verbrennen wollen. Lily verwarf den Gedanken wieder. Der mysteriöse Antworter war ganz sicher nicht Ginnys Vater. Dafür fühlte es sich zu falsch an.
Das ist schön. Ich freue mich für dich.
Die Schrift war nach rechts geneigt, klar und deutlich geschrieben. Fast schon etwas altmodisch.
Sie hat sich also bei dir entschuldigt?
Etwas in ihrem Bauch schlingerte gefährlich und suchte sich seinen Weg nach oben. Lily schluckte und ignorierte das Gefühl.
Nein, ich war es, die einen Fehler gemacht hat.
Sie starrte auf das Papier, die Sätze schienen ihr nicht schnell genug zu verschwinden, nicht schnell genug schien der Antworter zurück zu schreiben.
Bist du dir da sicher? Lass dir nichts einreden, Ginny. Du warst im Recht, bist es immer noch. Sie hat dich im Stich gelassen, du warst alleine. Hat sie jemals verstanden, was du wirklich fühlst? Sei ehrlich zu dir, hat sie es wirklich verdient mit dir befreundet zu sein?
Ihr Herz hämmerte schnell gegen ihre Brust, sie versuchte, so leise wie möglich zu atmen. Sie war im Recht, Ginny hatte sie die Treppe hinunter geschubst, sie beschuldigt und dann noch nicht einmal den Mut gefunden, sich bei ihr zu entschuldigen. Trotzdem merkte sie, wie dieses Buch sie zweifeln ließ. Vielleicht hatte sie wirklich nicht gemerkt, was mit Ginny los war, hatte es wirklich nicht verdient, ihre Freundin zu sein. Lily biss sich auf ihre Zungenspitze, bis es wehtat.
Du bist ein einfühlsamer Mensch. Du musst dich nicht um alles kümmern. Wer hat dich heute beachtet? Wer schenkt dir die Aufmerksamkeit, die dir gebührt? Sie sind deiner nicht würdig, Ginny. Ich glaube, wir sind uns sehr ähnlich. Ich verstehe dich, du kannst mir vertrauen. Mir ging es einmal ähnlich. Aber dann habe ich die Wahrheit erkannt. Ich helfe dir, wenn du Hilfe brauchst.
Lily schluckte das Blut in ihrem Mund herunter und schrieb zurück.
Danke, dass du mir hilfst. Ich weiß gar nicht, was ich ohne dich machen würde. Aber ich mache mir Sorgen. Hier im Schloss passieren unheimliche Dinge.
Sie erinnerte sich an Ginnys verworrene Sätze an Weihnachten.
Ich glaube, etwas stimmt nicht mit mir. Es ist, als- Ich fühle mich schuldig. Als wäre ich für das alles verantwortlich.
Nervös klopfte sie auf ihre Oberschenkel.
Du bist nicht schuld. Du kannst mir vertrauen, ich bin dein Freund, wenn alle anderen es nicht sind. Ich würde deine Geheimnisse niemals verraten.
Traurig überlegte Lily, das sie bei jedem anderen übertriebene Würgegeräusche von sich gegeben hätte, wenn er so mit ihr geredet hätte. Aber dieses Buch war unheimlich, gruselig und gefährlich. Auf eine Art und Weise, vor der Sev sie immer gewarnt hatte. Aber Lily würde ihm nicht von diesem Buch erzählen können. Sie war nicht diese schlechte Freundin, auch wenn das Buch dieser Meinung war. Sie würde Ginny nicht verraten, nicht dieses Mal.
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1 - Aschemädchen
FanfictionHP Fan-Fiction • Nach Jahren zwischen dicken Schlossmauern, dutzenden Büchern und einem dicht gewobenen Kokon aus Geheimnissen beginnt Lilys erstes Jahr an der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei. Unsicher, mit der stetigen Angst, ihre Verbindu...