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Die nächsten Wochen bestanden aus einem immer wiederkehrenden Trott. Mit Ginny alberte sie herum und überstand so auch die langweiligsten Geschichtsstunden mit Binns. Sie dachte an den bevorstehenden Samstag, den sie mit Jasper und Claire verbringen würde, versuchte Ginny Flechtfrisuren zu verpassen (die meistens überaus schrecklich ausfielen) und kämpfte mit ihr um den ersten Platz beim Galgenmännchen.

Die trübsinnige Stimmung, die ihnen allen noch von der Zeit vor den Winterferien in Erinnerung geblieben war, war wie weggeblasen, hatte sich einfach in Luft aufgelöst. Die Versteinerten würden am Ende des Schuljahres mit dem Trank wieder zu Bewusstsein kommen, der Erbe hatte eine Pause eingelegt und war jetzt nur noch Gegenstand der Albträume besonders pessimistischer Schüler. Nur noch selten erwischte Lily sich dabei, wie sie an das Tagebuch dachte und daran, dass es damals eine Tote gegeben hatte.

Dann schob sie den Gedanken wieder bei Seite. An ihrem Königsbaum, so nannten Lily und Jasper ihren neuen Lieblingsplatz, zeigten sich schon die ersten Knospen, die darauf warteten, sich zu entfalten. Der Februar näherte sich fast so schnell seinem Ende, wie er gekommen war. Sev war, aus welchen Gründen auch immer, noch schlechter gelaunt als sonst und wies die Erstklässler jetzt schon auf die bevorstehenden Prüfungen hin. Lily hatte gehört, wie sich sogar Hermine darüber im Gemeinschaftsraum beschwert hatte, woraufhin Ron vor Erstaunen beinahe aus seinem Sessel gefallen wäre.

Aber es war nicht nur das, das seinen Unterricht zur wöchentlichen Belastungsprobe werden ließ. Schon jede kleinste Kleinigkeit reizte ihn so sehr, dass Sev am liebsten Nachsitzen bis zum Schuljahresende verteilt hätte.

„Miss Weasley! Nehmen sie ihre eigenen Käferaugen, selbst wenn sie dafür noch einmal aufstehen müssen um zum Vorratsschrank zu laufen." Ginny holte Luft, um sich lautstark zu beschweren, aber Lily stieß ihr in den Rücken und schob sie vorwärts. Ginny jedoch weigerte sich strikt und blieb stehen wie ein störrischer Esel.

„Aber Sir! Lily hat genügend Käferaugen für uns beide." Lily konnte sehen, wie sich Sevs Nasenflügel aufblähten. „Es ist mir vollkommen egal, wie viele Augen Miss Hollow besitzt. Sie müssen sich am Anfang der Stunde ihre Zutaten in den passenden Mengen vorliegen haben. Sie haben gerade die Möglichkeit erhalten, ihr Fehlverhalten auszugleichen. Wenn Sie das nicht tun wollen, finden Sie sich am Ende vor meinem Pult an. Und dann werden Sie dort auch die Möglichkeit erhalten, aus der neusten Lieferung Käferaugen die Schimmligen auszusortieren."

Er lächelte süßlich und als Lily Ginny dieses Mal in den Rücken piekste, um sie zum Gehen aufzufordern, befolgte sie ihren unausgesprochenen Befehl. Lily rührte auch Ginnys Trank um. Es war fies gewesen, sie aufzufordern, ihre eigenen Augen zu holen. Ohne ein Umrühren hätte ihr Trank sich binnen Minuten in eine zementähnliche Masse verwandelt. Sev sagte nichts dazu, dass Lily Ginny half, aber er wirkte nicht sonderlich begeistert. Nach dem Abendessen klopfte sie an seine Tür.

Sein Gesichtsausdruck hätte bei jedem anderen den natürlichen Fluchtinstinkt geweckt, Lily jedoch schlüpfte unter seinem Arm hindurch. „Tee?", fragte er trocken, als handele es sich nicht um ein Angebot seinerseits, sondern lediglich um eine notwendige Floskel. „Gerne."

Die dampfende Tasse in ihren Händen haltend, sah sie ihm eine Weile bei der Bewertung von Aufsätzen zu. Es gab eine beträchtliche Anzahl an M's. „Warum bist du so schlecht gelaunt?" Sie nippte kurz an ihrem Tee und verbrannte sich die Zunge. „ Bei diesen Noten wärst du auch schlecht gelaunt."

Er verteilte ein S. Zum ersten Mal an diesem Abend blickte er auf. Seine Augen waren unter seinen gerunzelten Brauen kaum zu erkennen. Lily fiel plötzlich auf, dass sie dieselbe Farbe hatten, wie die der Käfer. „Morgen wirst du feststellen, dass meine Laune heute noch wesentlich besser war." Er starrte verbissen auf den Aufsatz vor seinen Augen, um dann, die Lippen zu einem schmalen Strich gezogen, ein Ohnegleichen zu vergeben. Es schien ihn nicht sonderlich aufzumuntern, dass unter den ganzen Ms und Ss auch ein O gewesen war. „Haben wir morgen Zaubertränke?", fragte Lily betont beiläufig und Sev konnte sein Lächeln nicht gänzlich verbergen.

1 - AschemädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt