Kapitel 18

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"Hallo meine Süße." Ich drehe mich im Kreis, aber ich kann niemanden entdecken. Wo kommt bloß diese Stimme her? Um mich herum ist alles Dunkel und Schwarz. Als ich eine Hand auf meiner Schulter spüre, drehe ich mich gar nicht erst um, sondern renne gleich los. Es ist zwar so dunkel, dass ich meine eigenen Hände nicht sehen kann. Aber ich renne lieber in die Dunkelheit, als stumm stehen zu bleiben. Angst überkommt mich als die Stimme immer näher und näher zu kommen scheint. "Wovor rennst du denn Weg, mein schatz?" Das flüstern ist direkt neben meinem Ohr und ich spüre seinen  kalten Atem. Vor schreck schreie ich und stolpere über meine eigenen Füße. Ich spüre wie warme Tränen mein Gesicht runterlaufen. Schritt für Schritt kommt er mir Näher. "Geh weg Tobi. Lass mich in Ruhe." Er packt mich grob an meinem Arm und zieht mich auf die Beine. Sein Blick wird weicher und verletztlicher. "Ich will nur, dass du mich liebst, Liv." Mitleid kommt in mir hoch, ohne das ich was dagegen machen kann. "Es tut mir leid, aber so einfach geht das nicht..." Kaum habe ich ausgesprochen, ändert sein Gesichtsausdruck sich wieder zu wütend und furchteinflössend.  "Renn weg Liv!" Jack. Ich drehe mich um und entdecke plötzlich ein leuchtendes Tor. Ich reiße mich von Tobi los und renne darauf hin. Jack setzt sich auch in Bewegung und läuft direkt auf mich zu. Als wir uns fast erreichen, läuft er einfach an mir vorbei. Ungläublich stoppe ich sofort und schaue ihm hinterher. Jack stürzt sich auf Tobi und beide landen mit einem unschönen Krachen auf dem Boden. "Jack!", schreie ich, als Tobi die Oberhand gewinnt und auf ihn einschlägt. Mit blutendem Gesicht ruft er, dass ich weitergehen soll, zum Tor. Doch ich weigere mich und will ihm helfen. Aber aus irgendeinem Grund komm ich nicht weiter. Ich schwebe sozusagen zum Tor hin. Eine Glasscheibe schiebt sich vor mir. Ich schlage und trete gegen sie, aber sie geht nicht kaputt und so muss ich tatenlos zuschauen, wie Tobi immer wieder auf Jack einschlägt. Ich weine und schreie und bin ganz außer mir, aber ich bin gefangen in diesem Glas gefängnis. Plötzlich hebt Tobi seinen Arm und etwas blitzt in seiner Hand auf. Eine Messer. "Nein Jack! Neeeeeeeeeeiiiiiinnn!!!!" In Zeitlupe Sticht Tobi in Jacks Herz. 

Ich schrecke hoch und halte mir mit meinen Händen den Mund zu, um nicht laut loszuschreien. Ich bin völlig außer Atem und schleiche leise ins Badezimmer. Mein Spiegelbild erschreckt selbst mich. Meine Augen sind rot und voller Tränen und ich habe unglaublich tiefe Augenringe. "Oh mein gott.", flüstere ich. Ich schaue auf die Uhr und bin überrascht, als sie erst vier Uhr morgens anzeigt. Da ich noch genug Zeit habe, bis Dad und Finn aufwachen, beschließe ich ein heißes Bad zu nehmen. Ich lasse das Wasser ein und streue mein Rosa, nach Rosen durftendem Badesalz von Lush rein. Langsam lasse ich mich in die Badewanne gleiten und entspanne mich. Die Bilder von meinem Alptraum tauchen immer wieder in meinem Kopf auf, aber ich versuche sie zu ignorieren und mir einzureden, dass es nur ein Traum war. Ein schrecklicher, furchteinflössender Traum. Aber nur ein Traum.

Nach dem Bad, räume ich das Wohnzimmer auf und mache ein Großzügiges Frühstück für Dad und Finn. Sozusagen als kleine Entschuldigung für gestern. Ich setze mich mit meinem Tee schon mal an den Tisch und warte bis sie wach werden. Kurze Zeit später kommt Finn verschlafen runter und begrüßt mich mit einem Kuss auf der Stirn. "Guten Morgen Kleine. Hast deinen Rausch ausgeschlafen?" Er gießt sich kaffee ein und setzt sich dann grinsend neben mich an den Tisch. "Mhm." Ich nicke einfach nur und versuche zu Lächeln. "Na jetzt schieß schon los. Ich bin echt neugierig darauf, was gestern passiert ist." "Ich hab doch gestern schon gesagt, was passiert ist." Er hebt eine Augenbraue und schaut mich misstrauisch an. "Ok, scheint wieder so, als wenn ich es aus dir rauskitzeln muss. Wem gehört die Jacke?" Ich beuge mich über den Tisch und tue einen Pfannkuchen auf meinen Teller. Ganz nebenbei sage ich, dass Jack die Jacke gehört. "Oh. und was ist alles passiert? Habt ihr euch zusammen betrunken?" "Nein... also. Ich hab mich wegen Tobi besoffen." "Und was hat das mit jack zu tun?" Alles was ich bis jetzt so erfolgreich unterdrückt habe, kommt langsam wieder hoch. "Nichts. Jack und ich sind nur Freunde und es ist eh nicht so wichtig." "Liv jetzt komm schon. Es wird nicht besser, wenn du alles für dich behälst..." Er greift nach meiner Hand, doch ich ziehe sie schnell weg und stehe gernervt auf. "Ich will nicht darüber reden, Finn. Versteh das doch bitte." Damit verlasse ich den Tisch und gehe in mein Zimmer. Auf der Treppe begegne ich noch meinem Vater und wünsche ihm einen Guten Morgen und umarme ihn, mit einem aufgesetztem Lächeln. Ich verkrieche mich sofort in mein geliebtes Bett und beschließe, es nie wieder zu verlassen.

SommerregenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt