"Wir sind Freunde."
Diese drei einfachen Worte treffen mich wie ein schlag. Meine tränen kommen hoch, doch ich drücke sie wieder runter und versuche ein glaubwürdiges lächeln aufzusetzen. "Ja, Freunde. Nur Freunde." Ich habe es Ja selbst gesagt am Samstag und wie man sieht, akzeptiert er es. Es scheint nicht mal so, als wenn ihm das irgendwie schwer fallen würde mit mir nur befreundet zu sein. Ich weiß, dass ich jetzt glücklich sein sollte, aber ich habe es mir irgendwie anders vorgestellt. Nicht so schmerzhaft und... ich weiß auch nicht. Ich dachte er würde kämpfen. Ich dachte er würde es nicht akzeptieren und sein bestes geben um mich doch noch zu überreden. Ich hätte sowas nicht denken sollen. Anscheinend habe ich zu viele Liebesfilme geschaut und zu viele Liebesromane gelesen. Ich sollte aufhören zu denken, dass es diese Männer, die um die Liebe ihres Lebens kämpfen, wirklich gibt. Es sind alles nur fiktive Geschichten mit fiktiven Charakteren. Basta.
Doch während ich Jack so anschaue, weiß ich, wieso ich dachte, er würde kämpfen. Er sieht aus, wie einer aus den Büchern und Filmen. Mein Herz wird schwer und ich weiß nicht wie lange ich meine tränen noch zurückhalten kann. Es tut wirklich unheimlich weh.
"Hey, alles ok?" "Mhm? Ja, Klar." Jack berührt meinen Arm und mein ganzer Körper fängt an zu kribbeln. Nur Freunde. Erinnere ich mich und rücke unauffällig ein Stück von ihm weg. "Es ist nur wegen Nick." Lügnerin. Meldet sich mein Unterbewusstsein. Ich weiß, dass es mies ist, dass ich Nick's Situation als Ausrede nehme, aber ich kann wohl schlecht sagen, dass es wegen ihm ist und weil er gesagt hat, dass wir Freunde sind. Vorallem nicht, nachdem ich es vor zwei tagen selber gesagt habe. Er lächelt mich mitfühlend an und schaut dann auf sein Handy. "Ich glaub wir müssen langsam zur Schule."
Jack und ich kommen gerade noch rechtzeitig in die Klasse. Als ich zu meinem Platz gehe, schaue ich mich im klassenraum um und suche nach Tobi. Aber anscheinend ist er nicht da. Zum Glück. Ich atme erleichtert auf und lasse mich auf den Stuhl fallen. Zumindest eine gute Sache heute.
Den ganzen Tag lässt Jack mich nicht allein. Bestimmt aus Angst, ich könnte jeden Moment anfangen zu weinen und in schock fallen oder so. Ich finde es süß, wie er mich nicht aus den Augen lässt. Doch gleichzeitig wächst auch der schmerz, weil sein Anblick mich jedes mal daran erinnert, dass wir nur Freunde sind.
Beim Mittagessen setzt er sich gegenüber von mir hin und lächelt mir immer wieder aufmunternd zu, wenn er sieht, dass meine Laune sinkt. Und er versucht auch scherze zu machen, um nicht nur mich, sondern auch Amanda und Tim zum lachen zu bringen. Tim hat bis jetzt nur ein 'Hey' zustande gebracht und Amanda ist immer wieder den tränen nahe. "Es ist nicht das gleiche ohne Nick..." Ich nehme ihre hand und drücke sie.
"Du hast recht." Überrascht schaue ich zu Tim. "Mir fehlen sogar eure ständigen auseinander Setzungen. Das hätte ich echt nicht gedacht." Ich bin erstaunt darüber, das er doch was sagt und noch überraschter bin ich, als ich sehe, das er ein bisschen lächelt. Als er meinen Blick auffängt, fragt er, ob er kurz mit mir reden kann. "Klar.", antworte ich und wir gehen ohne ein Wort zusammen raus. Erst als wir draußen sind und keiner in hörweite ist, fängt Tim an zu sprechen. "Gehst du später zu Nick?" "Ja, hatte ich eigentlich vor mit Jack. Wieso?" "Achso... Ich denke, du solltest alleine gehen. Es wäre besser für Nick." "Wieso das denn?" Jetzt bin ich verwirrt. Ich schaue Tim fragend an, doch er zuckt einfach nur mit den schultern. "Ich muss jetzt zur Klasse... Wie gesagt ich würde alleine gehen." "Aber wieso?" Er klopft mir auf die Schulter und geht ohne meine frage zu beantworten.
Was soll das denn schon wieder!? Wütend stampfe ich in meine eigene Klasse und setze mich hin. Als Jack mich besorgt anschaut und fragt was los ist, überlege ich kurz, es ihm zu erzählen, doch dann entscheide ich mich doch dagegen.
Die stunden vergehen wie Jahre und ich bin endlos dankbar als es endlich zum Schulschluss klingelt. Ich renne geradezu zu Jack's Auto, während er versucht mit mir Schritt zu halten. Eine halbe stunde später sind wir auch schon bei der Klinik angekommen. Ohne mich zu rühren, schaue ich den Eingang an. Jack schaltet den Motor aus und will gerade aus dem Auto aussteigen, doch ich halte ihn noch rechtzeitig am Arm fest. "Weißt du... wäre es für dich ok, wenn ich alleine reingehe?" Er nimmt meine Hände und drückt sie "Natürlich." "Danke." Jack nimmt mich in den Arm und streichelt sanft meinen rücken. Am liebsten würde ich ihn nie wieder loslassen.
Ich stehe vor Nick's Zimmer und weiß nicht, was ich machen soll. Meine Gefühle sind durcheinander und langsam, kommt mir die leere doch besser vor. Mein ganzer Körper zittert und meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding. Einatmen. Ausatmen. Meine Hand zittert, als ich meine Faust zur Tür führe. Ich klopfe zweimal an und öffne die Tür ohne auf ein 'herein' zu warten. Nick sitzt auf der anderen Seite des Raumes und guckt mich ohne ein Wort an. Sein Gesichtsausdruck wechselt von Gefühlslos zu überrascht und dann zu entsetzt. Nick sagt kein Wort, genauso wenig wie ich. Ich dachte, dass wenn ich ihn sehe, ich anfange zu weinen. Aber jetzt ist mir Klar, warum ich nicht geweint habe. Ich habe nicht geweint, weil ich wütend bin.
DU LIEST GERADE
Sommerregen
ספרות נוערKaum sind die Sommerferien und das Reisen vorbei, fängt Livs langweiliges Leben in England wieder an. Wieder der gleiche Alltag: Zur Schule gehen. Freunde treffen. Fernweh. Doch alles ändert sich, als plötzlich ein neuer Junge in die Stadt zieht.