Kapitel 29

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"Tut mir leid, dass ich dich schon wieder störe...", murmel ich vor mich hin, als ich auf der Beifahrerseite einsteige. "Ach was. Du störst mich nicht. Du kannst mich immer anrufen und ich komme so schnell ich kann." "Du bist süß, danke." Er legt den Gang ein, lächelt mich aber noch einmal an, bevor er auf's Gas drückt.

"Was hast du eigentlich am Fughafen gemacht?" Ich beise mir auf die Unterlippe und unterdrücke den kleinen Stich in meinem Herzen. "Mein Bruder, Finn, ist wieder nach Frankreich geflogen." "Oh. Ist er nicht sozusagen gerade erst gekommen?" "Ja, aber... Er wollte wieder zurück. Ist 'ne lange Geschichte.. naja eigentlich doch nicht.. aber.." "Soll ich das Radio anmachen?" Ein lächeln huscht über mein Gesicht und ich nicke dankbar.

Manchmal kommt es mir wirklich so vor, als wenn Jack mich schon ewig kennen würde. Er weiß sofort, wie er sich verhalten soll. Wann es perfekt ist das Thema zu wechseln, oder den Mund zu halten. Das ist echt unglaublich. "Ja, mir geht's genauso." "Hmh, was?" Er lacht auf. "Mir geht's auch so, dass ich das Gefühl habe, dass ich dich schon seit Ewigkeiten kenne und nicht erst seit ein paar Wochen." Blut schießt mir ins Gesicht und ich schaue beschämt nach unten. "Scheiße, hab ich das etwa laut gesagt? Oh wie peinlich." Ich lege meine Hände über meine Augen und lasse mich nach hinten fallen. "Es braucht dir nicht peinlich sein. Ich mein, du hast mich schon weinen gesehen." "Du mich doch auch, also?" Jack stöhnt lachend auf und schaut mich gespielt, beleidigt an. "Oh Liv, ich wollte doch nur, dass du dich besser fühlst." "Ups sorry." Und wir müssen beide anfangen zu lachen. Ich liebe es, wie wir den gleichen Humor haben und das gleiche Gefühl für Sarkasmus und Ironie. Als wären wir füreinander geschaffen. Ich weiß, es klingt total blöd und kindisch, aber es fühlt sich eben so an.

Während der Fahrt kann ich meinen Blick nicht von Jack lassen. Er sieht so wunderschön aus, wenn er fährt. Er sieht eigentlich immer wunderschön aus. Doch jetzt ist die Sonne schon beinahe untergegangen und die letzten Sonnenstrahlen fallen auf sein Gesicht. Plötzlich spielt das Radio Best Day Of My Life von American Authors und Jack fängt an seinen Kopf zum Rhythmus mitzuschwenken und ich muss unweigerlich anfangen zu grinsen.

"Uh uh uh uh... I had a dream so big and loud I jumped so high I touched the clouds." Jack hebt seine rechte Hand, als wenn er wirklich die Wolken anfassen würde, und ich muss umso mehr lachen. "I stretched my hand out to the sky. We danced with monsters through the night. Wo-o-o-o-o." Sein Blick fällt kurz auf mich und er schaut mich, mit einer hochgezogenen Augenbraue, herausfordernd an. "Hey, wenn du mich schon so anguckst, dann musst du auch mitsingen!" Lachend schüttel ich den Kopf "No way." Doch er greift zum Radio und stellt die Musik lauter. Jetzt singt er noch lauter mit und es hört sich einfach wundervoll an. Er singt wie ein Profi. "... NO, PLEASE DON'T WAKE ME NOW... UND JETZT DU. One, two, three, four." Jack stupst mich mit seinem Ellenbogen an und ich gebe nach und singe ebenfalls. Zusammen versuchen wir mit der Lautstärke vom Radio mitzuhalten. "THIS IS GONNA BE THE BEST DAY OF MY LI-FE..." Jack singt die letzte Zeile des Liedes und beendet sozusagen unser "Duett". Wir sind beide total aus der Puste und kriegen uns kaum wieder ein.

Erst jetzt merke ich, dass wir gar nicht in Jack's Auto sitzen. "Wessen Auto ist das eigentlich?" "Der, von meiner Mom." "Was ist denn mit deinem Wagen?" "Ach der ist in der Werkstatt." Man merkt, dass ihm das Thema unangenehm ist, doch so schnell gebe ich nicht nach. Ich befürchte nämlich schon das Schlimmste. "Wieso das? Vor ein paar Stunden ging der doch noch." "Ist nur so 'ne Standard kontrolle." Ich ziehe eine Augenbraue hoch und schaue ihn misstrauisch an. "Standard Kontrolle? Hälst du mich echt für so dumm? Na erzähl schon, was ist passiert?" "Du wirst mich aber auslachen.." Ich atme erleichtert auf und fange dann wieder an zu lächeln. "Ich verspreche dir, ich werde dich nur 'n bisschen auslachen. Jetzt erzähl schon und feg' damit die Vorurteile gegen Frauen, die scheiße Autofahren, weg." Gespielt atmet er verletzt ein und mein Grinsen wird breiter. "Ich bin beim Einparken gegen ein Schild geknallt." Meine Augen weiten sich und ich fange an lauthals zu lachen. "Omg. Echt jetzt?" "Ja.." Anscheinend ist mein Lachen ansteckend, denn keine 10 Sekunden später muss auch Jack grinsen und er unterdrückt nur mit großer Mühe ein lachen.

Jack hält vor meinem Haus an und ich kann mir einen letzten Kommentar zu seinem "Unfall" einfach nicht verkneifen. "Dir ist klar, dass ich mich jetzt immer darüber lustig machen werde, oder?" Er fängt wieder an zu lächeln und nickt. "Das war mir irgendwie schon klar." Er schaltet den Motor aus und schaut mich an. "So, willst du heute noch irgendwo spontan hin? Damit ich mir nichts vornehme und schon auf deinen Anruf vorbereitet bin." "Haha. Nein, ich denke mit spontan Anrufen ist heute genug." Er lächelt kurz, lehnt sich dann aber an den Sitz und schaut in die Leere. "Kann ich dich mal was fragen?" Der ernste Unterton in seiner Stimme bereitet mir Gänsehaut. Deswegen zögere ich etwas, bevor ich ein "Ja, klar." herausbringe. Jack dreht seinen Kopf wieder zu mir und seine Augen halten meinen Blick so fest, dass ich einfach nicht wegschauen kann. "Ich denke, wir wissen beide, dass zwischen uns was ist... bitte streite es nicht ab." Sein letzter Satz war nur noch ein flüstern und seine Verletzlichkeit in diesem Moment ist so stark zu spüren, dass er auch gleich ein Schild tragen könnte, wo drauf steht "Bitte brich mir nicht mein Herz". Da ich es weder zugebe noch abstreite, spricht er einfach weiter. "Weißt du, wenn du wirklich nur Freundschaft willst, dann würde ich es akzeptieren, doch ich glaube nicht, dass du das willst. Ich habe deinen Blick gesehen, als ich gesagt habe, dass wir Freunde sind. Du sahst genauso verletzt aus, wie ich mich fühlte, als du es zu mir sagtest. Ich empfinde etwas für dich und zwar schon seit dem Tag, wo ich dich das Erste mal gesehen habe... und ich denke, dass du auch etwas für mich empfindest. Vielleicht ist es ja nur Einbildung, aber ich bin mir wirklich sicher, dass ich für dich mehr bin, als ein Freund. Also, was ist der Grund dafür, dass du es nicht zulässt?" Erst jetzt wende ich meinen Blick von ihm. "Liv..", flüstert Jack, doch ich kann nicht anders, als nach unten zu schauen. Er greift nach meiner Hand, aber ich ziehe sie schnell weg. "Ich... Du bist für mich aber nur ein Freund. Es" "Stop. Wenn es wirklich so ist, wieso kannst du mir dann nicht in die Augen schauen?" Ich hebe meinen Kopf, doch sobald ich seine verletzten, grünen Augen erblicke, brechen meine Tränen aus. Ich schnalle mich schnell ab und fliehe geradezu aus dem Auto. Jack folgt mir ohne zu zögern und rennt mit leichtigkeit um das Auto und versperrt mir den Weg zur Haustür. "Bitte Jack." "Wieso sagst du mir nicht, was dich aufhält?" "Ich kann es nicht. Bitte zwing mich nicht dazu.." Ich versuche mich an ihm vorbeizudrängen, doch er hält mich sofort am Arm fest und zieht mich wieder zurück. "Wieso kannst du es nicht? Sag es doch einfach. Weißt du überhaupt, wie sehr du mir weh tust? Ich will so sehr mit dir zusammen sein, aber es geht einfach nicht, weil da irgendwas ist, was alles kaputt macht. Bitte sag es mir. Liv... Ich liebe dich." Mein Herz setzt kurz aus. "Wieso sagst du das?" Ich kann meine Tränen nicht mehr zurückhalten und sie strömen über mein Gesicht. Ich wünschte so sehr, es würde regnen, damit man meine Tränen nicht so leicht sehen kann. "Ich sage es, weil es die Wahrheit ist. Kannst du mir auch jetzt die Wahrheit sagen?" Ich trete einen Schritt näher zu ihm und stütze meinen Kopf an seine Brust. Jack legt seine Arme behutsam um mich und drückt mich leicht an sich. "Ich will dich doch nur beschützen." "Du brauchst mich nicht zu beschützen, vor wem denn auch?" Ich grabe meinen Kopf noch mehr in seine Brust und rede leise in sein Shirt. "Vor Tobi... Er meinte, dass er dir noch was viel schlimmeres antun würde, als letztes mal, wenn wir jemals was haben werden..." Jack's Körper fängt an vor wut zu beben. Ich schlinge meine Arme um ihn und hoffe das er sich beruhigt. "Es tut mir so leid." "Dir muss gar nichts leid tun, wenn dann nur ihm." Seine Lippen sind jetzt nah an meinem Ohr. Meine Nackenhaare stellen sich auf, als Jack mir leise und voller zuneigung "Ich liebe dich." ins Ohr flüstert.

(So, ich hoffe wirklich, dass euch dieses Kapitel gefällt, denn ich hab mir so viel mühe gegeben und ich muss zugeben, dass ich selbst ein bisschen stolz darauf bin haha. Wenn es euch gefällt, dann Votet bitte und schreibt mir, wie es euch gefällt. Ich freue mich echt immer riesig über Kommentare und bin offen für alles.)

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