15. Kapitel

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»Aedan, du Idiot!«, beschimpfte Sophie ihren Freund.

»Verdammt. Das wollte ich nicht.«

»Das hättest du dir voher überlegen sollen«, kam es von der anderen Seite des Platzes.

Der Graf sah genauso aus wie immer. Den Anzug und Umhang komplett in schwarz, bis auf die Innenseite des Umhangs, die je nachdem, wie das Licht fiel entweder violett oder rot schimmerte. Aedan und Sophie fühlten sich unweigerlich an die Vergangenheit zurückerinnert. Als Aedan sich zu Sophie drehte, erkannte er Angst in ihrem Blick.

»Aedan.« Sophie zitterte. »Mir ist kalt.«

»Wir hatten wirklich gehofft dir nicht noch einmal über den Weg zu laufen«, erhob Aedan seine Stimme.

Der Graf lachte.

»Du bist also all die Jahre hier geblieben? Auch, wenn dein Schloss zerstört worden ist?«, fragte Aedan.

»Ich erinnere mich wirklich nicht gerne daran zurück. Vor allem, da die Person, die dafür verantwortlich ist, gerade anwesend ist«, sagte der Graf mit einem leicht genervten Unterton. »Aber ja, ich lebe immer noch hier. In den Katakomben meines ehemaligen Schlosses.«
Der Graf trat einen Schritt nach vorne und näherte sich Sophie und Aedan.

»Ich warne dich«, rief Aedan. »Komm bloß nicht näher!«

»Provoziere ihn nicht, Aedan. Das hast du nicht nötig«, versuchte Sophie ihren Freund zu beruhigen, der mittlerweile am ganzen Körper zitterte.

»Versuchst du gerade mich von meinem Vorhaben abzuhalten?«, fragte der Graf und näherte sich immer weiter den beiden Vampiren. »Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich muss meine Pflicht erfüllen.«

»Deine Pflicht?« Aedan lachte. »Die darin besteht junge Frauen in dein Schloss, jetzt nicht viel mehr als eine Ruine, zu locken und sie auszusaugen, damit du nicht hungern musst? Das ist lächerlich. Das war schon immer lächerlich. Ich dachte mit mehreren Hundert Jahren auf dem Buckel denkt man mehr über seine Entscheidungen nach. Schon mal was von Vernunft gehört?«

»Du willst mir erzählen, wie ich mein Leben zu leben habe?« Der Graf spuckte diese Worte fast aus.

»Wohl eher, wie du den Tod zu leben hast«, flüsterte Sophie gedankenverloren.

Der Graf legte den Kopf schief. Seine Augen blitzten vor Zorn. »Mein Leben als Vampir ist wenigstens erfüllend. Frisches Blut ist von Vorteil für jeden Vampir. Auf welches Blut greift ihr zurück? Lasst mich raten: Spenden? Tierblut?«

»Das geht dich nichts an. Wir sind wenigstens keine Monster, im Gegensatz zu dir«, sagte Aedan.

»Jedoch werdet ihr niemals so sein wie ich. Frisches, junges Blut macht mich mächtiger, als ihr es je sein werdet.«

»Und wie ich sehe hast du in den letzten Jahrzehnten viel Macht dazu gewonnen. Ich weiß nicht, wie du uns manipulieren kannst, aber irgendwie schaffst du es, dass wir frieren«, stellte Aedan fest.

»Tja, wenn ihr wüsstet, was ich noch alles kann.«

»Das bringt doch nichts«, flüsterte Sophie. »Er führt sich auf wie ein Kind.«

»In einer Sache stimme ich dir zu.« Der Graf befand sich nur noch wenige Meter von Sophie und Aedan entfernt. »Dieses Gespräch bringt nichts. Wir reden um den heißen Brei rum. Ihr versucht mich aufzuhalten. Ihr versucht mich davon abzuhalten Melody zu rufen.«

»Und scheinbar funktionier das ziemlich gut, sonst ständest du nicht mehr hier«, sagte Aedan.

»Es reicht«, zischte der Graf und stand nun direkt vor den beiden Vampiren. Fast rabenschwarze Augen starrten Sophie und Aedan wütend entgegen. Die beiden Vampire zuckten unkontrolliert zusammen. »Ich werde meine Aufgabe erfüllen und die Auserwählte zu mir holen.«

»Moment«, unterbrach Aedan den Grafen. »Die Auserwählte? Was ist das für ein Titel? Damit ist doch nicht etwa Melody gemeint?«

»Das werdet ihr noch früh genug erfahren«, sagte der Graf. »Oder vielleicht auch gar nicht. Mal sehen, wie meine Stimmung ist.« Der Graf schmunzelte und drehte sich schwungvoll um. Dabei wehte sein Umhang im Wind. Dann setzte er sich in Bewegung.

»Aedan!«, rief Sophie. »Mach was! Halte ihn auf!«

Aedan lief los und versuchte den Grafen einzuholen. Doch er war zu schnell für den vergleichsweise jungen Vampir. »Warte! Das kannst du nicht tun«, rief Aedan.

»Ach, nein?«

»Du hast schon genug zerstört.«

Der Graf blieb stehen. »Das gleiche gilt für dich!« Sein wütender Ausruf hallte über den ganzen Hof.

Aedan wurde von Sophie eingeholt. Der Graf drehte sich zu ihnen um. Wie aus dem Nichts stand er wieder direkt vor ihnen und verpasste ihnen erneut eine Gänsehaut. Sophie und Aedan zitterten am ganzen Leib.

»A...Aedan«, stotterte Sophie.

Aedan sah seine Freundin an. Mit Schrecken musste er feststellen, dass ihre Lippen blau waren. Wie ein Mensch brach sie neben ihm zusammen und blieb ohnmächtig auf dem Boden liegen.
Der Graf würde Melody rufen und er würde sie zu sich locken. Sie würde mit ihm gehen und wäre für immer verloren. Weiter konnte Aedan nicht denken, denn auch ihm wurde schummrig und kurz darauf war alles Schwarz.





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Wenn der Mond erwacht (Tanz der Vampire) IN ÜBERARBEITUNGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt