15. Januar 1854:
Jetzt ratet mal, wo ich mich befinde ... In einem Gästezimmer im Schloss des Grafen. Charles' Tochter muss sich irgendwo hier befinden. Mein Assistent ist nicht davon abzuhalten sie zu suchen. Blind vor Liebe würde er sich, wenn er müsste, bestimmt in den tiefsten Abgrund stürzen. Vor nicht mehr als einer Stunde kamen wir am Hof des Schlosses an. Es ist prächtig, so viel kann ich schon sagen. Der Graf erwartete uns scheinbar seit einer geraumen Zeit, denn er hieß uns herzlich Willkommen. Er stellte uns sogar seinen Sohn vor, der ganz begeistert von meinem Assistenten zu sein scheint. Gastfreundschaft haben die Vampire schon. Doch sie ahnen nicht das Geringste von meinen Plänen sie alle zu erledigen. Eine Sache erstaunte mich sehr. Der Blutsauger aller Blutsauger hatte doch tatsächlich von meinem Buch "Die Fledermaus" gehört und es erstaunte mich noch mehr, dass er es höchstpersönlich gelesen hat. Ganz klar liegt hier ein Fall von Schleimerei vor, aber darauf falle ich nicht herein. Der Graf kann mich mit seinen kleinen Tricks nicht auf die Schulter nehmen. Jetzt bricht die Nacht an und es ist Zeit für mich und meinen Assistenten schlafen zu gehen. Morgen sehen wir weiter.
»Melody.« Mein Name klang aus seinem Mund so unglaublich schön.
»Melody.« Ich lächelte zufrieden.
»Melody!« Ein bleiches Gesicht mit perlweißen Zähnen und vor Blut triefenden Lippen sah mir entgegen.
Erschrocken fuhr ich aus dem Schlaf hoch und musste mich zunächst zurechtfinden. Ich hatte nämlich keine Ahnung wo ich mich befand, geschweige denn wie viel Uhr es war und warum ich hier war.
Ich blinzelte ein paar Mal, um wach zu werden. Dann sah ich mich genauer um. Ich befand mich auf einem riesigen Bett, viel größer als das in meinem Hotel, mit samtroter Bettwäschen. Mein Herz schlug schneller und ich musste ein paar Mal Schlucken. Mein Hals fühlte sich auf einmal so trocken an.
Ich bemerkte ein Glas mit klarem Wasser, das neben dem Bett auf einem kleinen Nachtschränkchen stand. Dankbar griff ich danach. Doch gerade, als ich den ersten Schluck nehmen wollte, hielt ich inne und stellte das Glas zurück. Solange ich nicht wusste, wo genau ich war, wollte ich nichts anfassen. Auch wenn ich unfassbaren Durst hatte.
Ich versuchte an das letzte Ereignis zu denken, an das ich mich erinnerte. Da waren Aedan und Sophie gewesen, die mir gebeichtet hatten, dass sie Vampire seien und danach waren alle anderen Erinnerungen auf irgendeine gruselige Weise aus meinem Kopf entfernt worden. Es gab nur noch die Stimme, diese wundervolle Stimme, die mich sogar in meinen Träumen begleitete.
Entsetz schüttelte ich den Kopf, denn eigentlich wusste ich ganz genau, wo ich mich befand und ich wusste auch, dass ich dieser Stimme niemals hätte verfallen sollen. Sie gehörte dem mysteriösen Grafen, vor dem mich Aedan und Sophie so dringlich gewarnt hatten. Sie hatten mir versprochen auf mich aufzupassen. Scheinbar war ihnen das nicht gelungen. Denn dem Gemäuer und den Möbeln in diesem Zimmer nach zu urteilen, befand ich mich in den Katakomben des ehemaligen prachtvollen Schlosses, das dem Grafen gehörte.
Letztendlich hatte ich mein Ziel erreicht, welches ich von Anfang an im Visier gehabt hatte. Was für eine dumme Idee ich da gehabt hatte. Auf den Spuren meines Urgroßvaters befand ich mich nun genau dort, wo er auch gewesen war und wo er am Ende seinen Verstand verloren hatte.
Ich erinnerte mich an einen Satz aus dem letzten Eintrag meines Urgroßvaters in seinem Tagebuch: „Unsere Ziele sind klar, uns're Methoden bewährt" und doch war es ihm am Ende schlecht ergangen.
Ich ließ mich wieder auf das Bett fallen, als mir bewusst wurde, dass mich ein noch viel schrecklicheres Schicksal erwartete. Ich würde hier im Schloss enden, als einer von diesen Blutsaugern. Zu ewigem Leben verdammt.
Nein! Dazu durfte es nicht kommen. Ich würde um mein richtiges Leben kämpfen. Entschlossen stand ich auf und ließ das rote Bett hinter mir. Irgendwo musste es einen Weg aus diesen Gemäuern geben und ich würde ihn finden. Dann würde ich mich so schnell wie möglich aus dem Staub machen und vergessen, dass ich je hier gewesen war.
Leise und vorsichtig schlich ich zur Tür und öffnete sie. Natürlich ertönte ein Knarzen, das bei der Stille, die auf dem Flur herrschte, unglaublich laut schien.
Nur in meinen Schlafsachen der Nacht irrte ich also durch unzählige Flure und Gänge, die allesamt von unheimlichen schwarzen Kerzenhaltern beleuchtet wurden. In manchen Gängen lagen uralte verstaubte Teppiche auf dem Boden. In anderen wiederum hieß mich der kalte Steinboden Willkommen. Genau wie in dem, in dem ich mich gerade befand. Ich lief ihn schnell und flink entlang, bis ich auf einen großen Saal traf. Mehrere Säulen stützten eine hohe, gewölbte Decke, die sich über meinem Kopf erstreckte. Staunend sah ich nach oben und drehte mich im Kreis. Dann wurde ich mir bewusst, was ich hier gerade tat. Ich durfte keine Zeit verlieren und nicht so offensichtlich mitten in einem Saal stehen, in dem es so gut wie keine Verstecke gab. Ein kalter Luftzug wehte mir entgegen, als ich mich durch die Säulen schlängelte. Die Kälte spürte ich jedoch kaum. Ich war eher besorgt darüber, ob mir nicht gleich ein Vampir über den Weg laufen und mich aussaugen würde. Aber scheinbar war niemand dort, wo ich umherwanderte.
Oder ... oder draußen war es helllichter Tag, kam mir in den Sinn. Das könnte tatsächlich stimmen. Bei meinem bisherigen Pech, hätte mir schon längst ein Vampir über den Weg laufen müssen. Es sei denn sie lagen alle in ihren Särgen und schliefen tief und fest.
Doch meine Hoffnung löste sich im Nichts auf, als ich vom anderen Ende des Saals Geräusche wahrnahm, die sich verdächtig nach einer sich nähernden Person anhörten. Schnell huschte ich hinter eine der Säulen, drückte mich mit dem Rücken an sie und verhielt mich so still wie nur möglich.
Nach einer Zeit wurde es wieder leise. Mein Herz klopfte wild in meiner Brust. Scheinbar war der Besucher schon längst in einen anderen Gang abgebogen. Ich zwang mich dazu wieder normal zu atmen und mich zu beruhigen. Dann wagte ich es mich ein wenig zur Seite zu beugen, um die Säule aus meinem Blickfeld zu haben.
Und ganz plötzlich legte sich eine Hand von hinten auf meinen Mund und ich wurde unsanft aus meinem Versteck gezogen. Ein Schreckenslaut entfuhr meinem Mund, doch die Hand darauf dämpfte ihn, sodass mich niemand hören konnte.
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Wenn der Mond erwacht (Tanz der Vampire) IN ÜBERARBEITUNG
Fanfiction"Vampire?", fragte Melody. "Das ich nicht lache. Die sind doch bloß eine Erfindung meines Ururgroßvaters in seinen Geschichten. Er war Wissenschaftler. Von seiner letzten Mission kam er völlig verstört zurück und verbrachte den Rest seines Lebens in...