Kapitel 30

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Ich stand auf und lief zur Tür um sie zu öffnen. Davor stand Anna mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Hallo!“ begrüßte ich sie und umarmte sie kurz.

„Hey, ich hab so viel zum Essen dabei, wir werden platzen!“ lachte sie. „Und das ist mein Bruder, Mike.“

Jetzt erst bemerkte ich den Jungen, der hinter Anna stand und etwas gelangweilt in die Luft starrte. Und beim nächsten Blick, erstarrte ich. Es war der Typ, den ich heute Mittag in der Stadt gesehen hatte, der mit der schwarzen Lederjacke vor der Videothek.

„Hi, wie geht’s?“ sagte ich in seine Richtung, was er nur mit einem Nicken kommentierte. Schulterzuckend ließ ich die beiden rein. Ich führte sie ins Wohnzimmer, Connor schon war und versuchte den Fernseher anzuschalten. Als er uns bemerkte, begrüßte er Anna, doch als er Mike sah, der etwas später das Zimmer betreten hatte, legte sich ein undefinierbarer Ausdruck auf sein Gesicht und seine Augen verdunkelten sich ein bisschen, aber kaum merklich. Auch Mike reagierte ungewöhnlich. Im ersten Moment schien es so als ob er etwas sagen wolle, doch entschied sich dann doch anders und schmiss sich stattdessen aufs Sofa.

„Habt ihr hier was zu trinken?“ fragte er gelangweilt und starrte düster aus dem Fenster. Mir war die ganze Situation etwas unangenehm.

„Äh ja klar! Moment ich hol Cola aus der Küche. Anna willst du mitkommen?“ Sie nickte und zusammen liefen wir in die Küche.

„Tut mir Leid, normalerweise ist er nicht so unfreundlich.“ Sagte sie dann zu mir „Ich glaube es liegt an Connor, seit dem Vorfall…!“

„Moment, sie kennen sich?“ unterbrach ich sie. Ungläubig starrte ich das Mädchen an.

„Ja wusstest du das etwa nicht?“ erstaunt drehte sie sich zu mir und stellte die Salatschüssel zu Seite. „Sie waren mal Beste Freunde früher!“ Warum hatte Connor mir nichts erzählt? Hielt er es etwa nicht für nötig, mir so wichtige Dinge zu erzählen?“ Ich spürte, wie die Wut in mir aufstieg. Trotzdem war ich neugierig, was passiert war.

„Und warum sind sie jetzt nicht mehr befreundet? Ich mein, so wie die aufeinander reagieren, muss etwas vorgefallen sein, oder nicht?“

„Ja das ist eine lange Geschichte, das muss Connor dir schon selber erzählen. Alles was ich weiß, ist, dass es um ihre „Gang“ ging und Mädchen. Sie hatten riesen Streit, die halbe Stadt hat das mitbekommen.“ Seufzte Anna.

„Ok ich werde ihn mal fragen. Komm lass uns zurückgehen, nicht dass es gleich noch Tote gibt da drin!“ sagte ich und deutete dabei auf das Wohnzimmer. Trotz aller Ernsthaftigkeit musste Anna kichern und ich fiel sofort mit ein. Obwohl ich sie weniger als zwei Tage kannte, verstand ich mich super mit ihr. Wir schnappten uns Cola und Chips und gingen ins Wohnzimmer in dem eisige Kälte herrschte.

„Welchen Film wollte ihr anschauen?“ fragte ich in die Runde. Ich hatte mi Connor diskutieren müssen, welchen Film wir ausleihen wollten. Ich hatte mir zwei Filme ausgesucht, die er aber nicht sehen wollte, da sie ihm zu mädchenhaft waren. Er hingegen hatte mindestens drei Action Filme angeschleppt. Wir waren eine geschlagene Stunde in dem Laden gewesen und hatten uns größtenteils auch spielerisch gestritten. Zum Schluss hatten wir so Lachen müssen, dass die Leute alle total komisch geschaut hatten. Letztendlich haben wir uns auf einen Horrorfilm geeinigt, doch Connor hatte auch noch einen von seinen Actionfilmen mitgenommen, wie ich später im Auto bemerkt hatte. Er hatte nur dreckig gegrinst und gesagt, dass ich den doch eigentlich auch sehen wolle. Ein Idiot eben.

„Ich will den Horrorfilm sehen, ich liebe solche Filme!“ sagte Anna. Mike zuckte nur weiterhin mit den Schultern und Connor murmelte irgendwas Unverständliches.

„Ok wenn ihr euch nicht entscheiden könnt, dann entscheiden wir halt. Ich will nämlich auch den Horrorfilm sehen!“ sagte ich mit etwas Nachdruck in der Stimme. Langsam wurde es mir zu blöd. Konnten die sich nicht einfach mal zusammenreißen?

Ich gab Connor den Film und setzte mich neben Anna auf das Sofa. Es jetzt nur noch Platz zwischen mir und Mike. Vielleicht hatte ich das sogar absichtlich gemacht, damit die zwei Jungs nebeneinander sitzen mussten. Anna redete die ganze Zeit über gruselige Filme und wie sehr sie sie liebte. Ich hörte nur halb hin, denn in Gedanken war ich bei dem, was sie mir vorhin in der Küche erzählt hatte. Als der Film endlich lief, setzte Connor sich neben mich, legte eine Decke über mich und seinen Arm um mich. Zufrieden kuschelte ich mich an ihn.

Als der Film fertig war, reichte es mir dann aber. Man hatte die ganze Zeit gemerkt wie Connor und Mike sich böse Blicke zugeworfen hatten.

„So jetzt Schluss damit!“ sagte ich laut. „Ihr redet jetzt miteinander, das schau ich mir nicht den ganzen Abend so an! Komm Anna wir gehen hoch und lassen die beiden allein.“ Ich zog die vollkommen verdutzte Anna hinter mir her, und sie war wohl nicht die einzige die überrascht war, wie ich mit einem letzten Blick über die Schulter bemerkte. Die Beiden sahen mich fast entgeistert an. Doch ich hatte auch bemerkt, wie Connor mich dankbar ansah. Zumindest hoffte ich, dass ich seinen Blick richtig gedeutet hatte.

„Glaubst du, dass das eine gute Idee die da drin alleine zu lassen?“ flüsterte Anna mir vor der Tür zu.

„Die werden sich schon nicht umbringen.“ Das hoffte ich zumindest, sicher war ich mir nämlich nicht. Wir blieben noch kurze Zeit vor der Tür stehen und lauschten. Einige Minuten passierte nichts doch dann hörte man, wie jemand sprach. Erleichtert trat ich zurück und Anna tat es mir nach.

„Wollen wir noch einen anderen Film anschauen?“ fragte ich sie, und sie nickte. Ich hatte nämlich in einem der anderen Schlafzimmer einen Fernseher gesehen. Dorthin gingen wir mit Decken und Kissen und kuschelten uns auf das große Bett. Ich wollte gerade Connors Actionfilm aus der Tüte holen, als ich die drei anderen Filme darunter bemerkte. Es waren die zwei Filme, die ich mir ausgesucht hatte, und mein absoluter Lieblingsfilm. Wie süß ist das denn bitte? Ich hatte das nur mal kurz am Rande erwähnt, mit meinem Lieblingsfilm, und er nahm sie heimlich einfach mit? Ich liebte ihn einfach über alles. Ich musste lächeln.

„Was ist denn so lustig?“ fragte Anna.

„Nichts! Es ist nur so… ich hab einfach den besten Freund überhaupt!“ grinste ich. Seit ich mit Connor zusammen war, war ich durchgehend am Lächeln. „Also ich hab hier drei Filme zur Auswahl, welchen wollen wir?“

„Egal, schauen wir doch alle an! Dann haben die da unten länger Zeit!“ sagte Anna und wir mussten lachen. Gesagt, getan: Die nächsten Stunden verbrachten wir mit Chips, Cola und Pizza, die wir uns zwischendurch bestellt hatten. Irgendwann früh am Morgen schliefen wir inmitten von Pizzakartons und Chipstüten ein. 

-Kein Titel-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt