27 Evil witch

111 4 0
                                    

27 Böse Hexe

Meine Hand entglitt der von Mikhail und ich fiel. Die Schwerkraft zerrte an meinem Körper und mir drehte sich sofort der Magen um. In den Sekunden in denen ich flog machte es plötzlich klick und ich fühlte wie eine schwere Last von mir genommen wurde. Meine Erinnerungen, und zwar die echten, kamen alle auf einmal wieder zurück. Wie eine Bombe explodierten die Wörter und Bilder in mir. Meine Zeit beim Bund der Finsternis, Nelly, mein Traumprinz Lex. Oh, wie konnte ich ihn vergessen? Mikhail, der mich manipulierte. Ich hatte ihn geliebt, alles nur eine Lüge, die er mir eingetrichtert hat.
   Nein. Nein.
Lex hatte mich gerettet, befreit von diesem Lügner. Und er sprang mir hinterher. So etwas selbstloses hatte ich ihn noch nie tun sehen.
Dann schlug ich ungemütlich auf das eiskalte Wasser, genauso Lex nach mir. Die Kälte, die sich in meine Kleidung fraß war unerträglich und der Schock ließ mich erstarren. Es befanden sich Gott sei Dank keine Steine unter der Oberfläche aber ich tauchte nicht mehr auf, hatte meine Orientierung verloren und die Wassermassen drückten mich in alle Richtungen. Vermutlich bald auf die Felswand. Meine Luft war fast aufgebraucht und ich versuchte mit den Händen nach oben zu rudern, doch die Wellen drückten mich weg. Bis mich endlich eine Hand packte und nach oben zog.

Meine Lungen füllten sich wieder mit Luft und mein Hals brannte wie Feuer. Es war unglaublich befreiend zu atmen. Das Wasser rann mir in die Augen. Dann merkte ich, dass es regnete und dass Lex mich noch immer festhielt. Er hätte sterben können als er mich zurück holte.
Er hätte sterben können als er mir nach sprang und mich hinauf tauchte. Und trotzdem hatte er alles gemacht. Aber warum?
Ich sah in seine tiefen Augen und empfand ein Kribbeln in der Bauchgegend. Ich fühlte mich wohl und ich wurde rot.
   "Danke. Danke, dass du ihn umgebracht hast.", sagte ich zu ihm und musste lächeln.
   "Für dich immer.", erwiderte er. Lex sah gut aus mit seinen nassen Haaren, die ihm ins Gesicht hingen. Ich fand es merkwürdig, denn seit meinem letzten Auftrag beim Bund sah ich ihn zum ersten Mal wieder. Die Entführung ausgeschlossen, denn ich war nicht ganz ich. Und trotz allem hatte ich ihn noch gern und er offensichtlich auch mich, sonst hätte er mir nicht das Leben gerettet. Ich hoffte er sah meine roten Wangen nicht, die gerade anliefen, als ich ihm in die Augen sah. Ich überlegte hin und her ob ich diese Worte aussprechen sollte. Ob ich sagen sollte, dass ich ihn vermisst hatte...doch schließlich sagte er etwas.
   "Es war ziemlich langweilig ohne deine Zickereien."
Was ungefähr auch heißen sollte, dass er mich vermisst hatte.
   "Hey.", sagte ich entrüstet.
"Nennst du mich Zicke?", fragte ich. Ich spritzte Wasser in sein Gesicht und lachte.
Auch Lex lachte.
   "Das habe ich nicht gesagt, aber wo du es erwähnst, mhm, ja."
   "Wenn ich nachdenke, bei mir war es auch langweilig ohne dein herumkommandieren." Daraufhin lachte er und in meinen Ohren hörte es sich an, als ob das schönste Lied auf Erden gespielt werden würde.
   "Es ist mein Job...", rechtfertigte er sich. Da fiel mir blitzartig etwas ein.
Die anderen kämpften wahrscheinlich noch beim Quartier und wir mussten ihnen helfen. Niemals würde ich wollen, dass jemandem etwas passiert.
   Aber vielleicht sind sie schon weg, die Wölfe.
Ich hatte einen furchtbaren Schmerz gespürt als Mikhail getötet wurde und vielleicht hatten es die anderen auch und verzogen sich.
Ich versuchte an Land zu schwimmen, doch Lex rief:" Was machst du?"
   "Ich muss zurück. Die anderen brauchen unsere Hilfe.", rief ich.
Er sprintete mir hinterher und sagte:" Ich komme mit, aber du hast da was vergessen."
   "Was?"
Lex drehte mich zu sich und überraschte mich indem er seine Lippen auf meine presste. Er gab mir einen Kuss! Ich schmolz sofort dahin und legte meine Hände in sein Haar. Es fühlte sich richtig an und schmeckte nach Salz.
   " Es hat mich umgebracht zu sehen, wie du diesen Typen geküsst hast.", murmelte er an meine Lippen. Etwas verlegen schaute ich in sein Gesicht und dann schwammen wir zum Strand.
Bei mir ging es ein wenig schneller, da ich meine neu erworbenen Kräfte einsetzte. Lex hielt sich an mir fest und ich zog ihn mit.
Ich vermutete, dass es ihm nicht so geheuer war, dass ich stärker als er war. Seiner Gesichtsfarbe nach, konnte es aber auch an der Kälte liegen. Ich spürte es weniger als Lex, weil ich ein Wolf war und er ein Mensch.
   "Da lang.", sagte Lex und ging voran. Ein kleiner Weg führte einen steilen Abhang hinauf. Ich erinnerte mich wieder an ihn. Wir sind ihn so oft gegangen, ich hätte ihn blind bewältigen können. Durch den Regen machte es die Steine rutschiger, sodass wir aufpassen mussten nicht auszurutschen.
Endlich am Quartier angekommen, schauten wir uns um. Ich konnte viele Leichen sehen. Christian und Sam, mit denen ich früher immer Training hatte, lagen reglos da.
Lillian, ein Mädchen, das ich nur vom Sehen aus kannte, hatte keinen Kopf mehr. Wölfe, die ich in Rumänien gesehen hatte, alle tot.
Der Kampf war vorbei. Doch ein seltsames Klirren lag in der Luft. Es fühlte sich schwer an.
   "Sie sind weg. Ich glaube sie wissen, dass ihr Meister tot ist.", sagte ich. Lex rannte sofort zu einem Sicherheitsmann und gab ihm die Aufgabe das Gelände zu sichern. Jemanden anderen beauftragte er nach Verletzten zu suchen. Und ich musste herausfinden woher dieses Summen kam. Ich strengte mich an besser zu hören und nahm Nellys Stimme wahr. Offenbar war sie noch in Gefahr.
Also rannte ich so schnell ich konnte zur Rückseite des Hauses und traute meinen Augen kaum. Vor Nelly stand Mina, die Hexe und zeigte mit ihren Händen auf sie. Dann kam ein violetter Blitz aus den Handflächen direkt auf Nelly zu. Ich versuchte mich auf sie zu werfen, aber es war zu spät. Mina lachte und ich sah nach oben zu Nelly. Sie hatte den Mund weit offen und dann spuckte sie massenhaft Blut. Sie hustete.
Ich schrie:„ Nein! Nelly! Was ist los?"  Sie versuchte mir zu antworten, jedoch kam nur Blut aus ihrem Mund, das ihre Kleidung befleckte. Ich rüttelte an ihrer Schulter und bekam ein wenig von dem Blut ab. Der Geruch nach Eisen stieg mir in die Nase und ich musste an meine Verwandlung denken. Als es mich nach Blut durstete und ich sogar dafür tötete. Doch in diesem Augenblick fand ich es nur mehr ekelhaft. Ich hatte Angst um meine beste Freundin.
   „Nelly, du darfst nicht aufgeben. Bitte.", sagte ich verzweifelt als sie schwächer wurde und sich an mir festhalten musste. Sie hustete noch einmal fürchterlich und dann brach sie in meinen Armen zusammen. Mein Herz raste noch mehr als zuvor und ich schrie laut um Hilfe.
   „Hilfe, ich brauche Hilfe. Nelly ist verletzt." Mir liefen heiße Tränen die Wangen hinab.

Kann es nicht so sein wie im Film. Wo eine einzige Träne einen geliebten Menschen wieder aufwachen lässt?

Anscheinend nicht, denn es passierte nichts. Ihr Herz schlug noch, was ein gutes Zeichen war, aber von wo die Verletzung ausging, konnte ich nicht sagen. Was hatte ihr Mina nur angetan? Ich legte Nellys Kopf auf meinen Schoß und blickte mich um. Niemand war da, nur die Überreste der Gefallenen.
   „Hilfe. Nelly, bitte wache auf. Sag etwas. Du darfst jetzt nicht sterben."
Ich war am Verzweifeln und wusste nicht was ich tun sollte. Ich konnte mich doch gerade erst wieder an sie erinnern.

****

Mondlicht SchimmerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt