Der Weihnachtsball stand vor der Tür. Auch wenn ich diesen Tag so gut es ging hinausgeschoben hatte, war er doch mit Lichtgeschwindigkeit herangeeilt und hatte mich dabei brutal umgelaufen.
Euphorie? Freude? Fehlanzeige. Keine Spur davon. Zumindest nicht bei mir. Noch dazu hatte ich erst vor kurzem einen Streit mit Harry gehabt. Es war bereits kurz nach 17 Uhr, der Großteil der Schüler befand sich vor dem Spiegel, bereitete sich auf den Ball vor, ging nochmals die letzten Tanzschritte durch. In etwa zwei Stunden würde alles seinen Lauf nehmen und anstatt mir ein Beispiel an dem Rest zu nehmen, saß ich in der großen Halle, mein Gesicht in beide Hände gestützt. Die Tische waren so gut wie leer. Nur einige Erst- oder Zweitklässler wanderten noch herum, beschwerten sich lauthals darüber, dass es ihnen nicht gestattet war an dem Ball teilzunehmen.
Der Slytherintisch bildete demnach wohl eine Ausnahme, denn abgesehen von meiner Wenigkeit befand sich nur noch Vincent Crabbe am anderen Ende des Tisches und lugte ab und an zu mir herüber. Das wiederum wunderte mich ganz und gar nicht. Bestimmt hatte er keine Ballbegleitung abbekommen und purzelte nun irgendwo hier umher. Oder, meine zweite Theorie, sein Anzug hing in seinem Schlafsaal und er wusste genauso gut wie ich, dass es egal war, wie er aussehen würde, weil ihn sowieso niemand zum Tanzen oder zu sonstigem auffordern würde, weshalb er sich hier lieber den Bauch vollschlug und mir auf die Nerven ging. Es könnte natürlich auch sein, dass sein Anzug beim Anprobieren in alle Richtungen zerfetzt war und man nun nicht mehr wusste, wo sich hinten und vorne, wo oben, und wo unten befand. Diese Theorie fand ich am besten. Jedenfalls nervte es mich tierisch, dass er ständig zu mir sah.
Ob ich heute besonders gut gelaunt war? Diese Frage erübrigte sich wohl. Und das alles nur wegen diesem blöden Ball. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass ich Weihnachten nicht mit meinen Eltern verbrachte, so wusste ich, dass ich ausgerechnet SIE heute zusammen hier sehen würde. Cedric und Cho Chang. Allein bei dem Gedanken wurde mir ganz mulmig zumute und er versetzte mir einen kräftigen Stich. Seitdem ich davon erfahren hatte, hatte ich kein einziges Wort mit Cedric gewechselt. Besser: Ich hatte mich noch nicht einmal in seine Nähe gewagt. Nur einmal hatte ich ihn nachmittags zusammen mit Chang im Hof gesehen. Danach hatte ich den gesamten restlichen Tag keinen Hunger mehr gehabt und war mit kaum etwas im Magen früher als üblich zu Bett gegangen.
Poliakoff hatte sich bei mir bereits vor zwei Tagen verabschiedet, als er abgereist war und irgendwie hatte sich im Anschluss eine seltsame Leere über mich gelegt. So als würde ich etwas in meinem Leben vermissen. Ich genoss seine Gesellschaft. Sie hatte eine beruhigende Wirkung auf mich, wenngleich er nicht viel sprach. Genau das, was ich heute benötigte.
Aus dem Augenwinkel sah ich jemanden auf mich zukommen. Für einen kurzen Moment dachte ich, es wäre Crabbe, weshalb ich bereits nach Luft schnappte, um ihm gehörig die Meinung zu sagen, als ich in das emotionslose Gesicht von Snape starrte und die angesammelte Luft sofort wieder entweichen ließ.
„Miss Hastings?"
„Ja, Professor?" Eilig stand ich auf und strich mir dabei eine Haarsträhne hinters Ohr. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich heute noch gar nicht in den Spiegel gesehen hatte.
„Im Auftrag von Dumbledore soll ich Ihnen ein Schreibstück von ihren Eltern geben" Er hielt mir einen kleinen Briefumschlag entgegen. „Lesen Sie ihn. Und nun würde ich Sie bitten, die große Halle zu verlassen. Die Vorbereitungen für den Ball werden in Kürze beginnen."
Nickend nahm ich den Brief an mich, bedankte mich knapp bei ihm und machte auf dem Absatz kehrt, sah jedoch noch, wie auch die anderen Schüler von Professor Snape hinausgescheucht wurden, jedoch in nicht ganz so freundlichem Tonfall, wie mir gerade eben noch zu Teil geworden war. Aus dem Augenwinkel erhaschte ich noch einen letzten Blick auf Professor Flitwick, der bereits die erste Deko in Form von goldenen Schleiern an die Wände zauberte.
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Till the End (Harry Potter FanFiktion)
FanfictionWas wäre, wenn dein Brief für die Aufnahme an Hogwarts auf mysteriöse Weise verschwinden und nach 3 Jahren im Ministerium auftauchen würde? Was wäre, wenn du während dieser Zeit nichtsahnend unter ganz gewöhnlichen Muggeln gelebt hättest, und nun...