Die letzten Wochen waren rasend schnell an mir vorbeigezogen, doch die trübe Stimmung, die sich seit der Verkündung der vier statt drei Champions über Hogwarts gelegt hatte, war zwischenzeitlich nicht von dannen gezogen. Vor einer Woche etwa hatte ich Poliakoff die Bibliothek gezeigt und ich wusste bis heute nicht, ob er deren Anblick als faszinierend oder eher ernüchternd empfunden hatte. Wie immer hatte man aus seiner Miene nicht viel ablesen können, doch war mir aufgefallen, dass er sich eher für die Bücher interessiert hatte, die etwas mit schwarzer Magie zu tun hatte. So war es unweigerlich dazu gekommen, dass wir beide gegenüber voneinander in der Bibliothek gesessen waren. Ich, noch immer mit meinem Band über die jüngeren Entwicklungen in der Zauberei und er mit einem Exemplar von „Aufstieg und Niedergang der dunklen Künste".
Irgendwann hatte er es zugeklappt und mich angesehen. „Es ist schwierig in eurer Sprach zu lesen." Sein russischer Akzent hatte mir einmal mehr ein Grinsen entlockt, während er mit einem kurzen Kopfnicken auf die verschnörkelte Schrift gedeutet hatte. Er schien jedenfalls sehr freundlich zu sein und wir verstanden uns gut, auch wenn er nicht gerade die gesprächigste Gesellschaft war und seine Gesichtsmimik einem Sherlock Holmes-Rätsel glich. Doch er lehrte mich, dass es manchmal an keinen Worten bedurfte, um die Anwesenheit des jeweils anderen zu genießen. Etwas gänzlich Neues, aber ebenso gänzlich Wundervolles für mich.
Erst gestern, einen Tag vor Beginn der ersten Aufgabe des Turniers, hatte ich von Harry erfahren, was die erste Aufgabe darstellen würde. Gemeinsam mit Hermine waren wir trotz der Berge an noch zu erledigenden Hausaufgaben in der Bibliothek gesessen und hatten nach etwas gesucht, das Harry dabei helfen würde, an einem Drachen vorbeizukommen. Vergeblich, wie sich herausstellte. Zwar waren wir auf einige gute Zauber gestoßen, aber auf keinen, den man innerhalb eines Abends einstudieren konnte. Auch ansonsten hatten wir uns für diese Art von Aufgabe als eher unkreativ entpuppt. Danach hatte ich Harry nicht wiedergesehen und hatte demnach ebenso wenig Ahnung, ob er überhaupt entsprechend vorbereitet war, was mich innerlich ziemlich angespannt stimmte.
Aber heute war es soweit. Gemeinsam mit Daphne und dem Rest Hogwarts', Durmstrangs und Beauxbatons saß ich wartend im Stadion. Ein Drache bewachte, wenig überraschend, in der Mitte davon ein goldenes Ei, welches es zu holen galt, um zu dem nächsten Wettstreit antreten zu können. Sie waren riesig, die Drachen, und unruhig. Adrenalin durchrieselte meinen Körper und ich war unsagbar nervös wegen Cedric und Harry. Nicht wenig später ertönte bereits die erste Durchsage und kündigte Cedric als Ersten der vier Champions an. Lautes Gejubel brach unter den Hogwartsschülern aus und keinen Augenblick später trat er aus dem Zelt. Ich konnte sehen, wie er kräftig die Luft ausstieß. Er war aufgeregt, keine Frage, doch er schien gefasst und sicher zu sein, im Gegensatz zu mir hier oben auf der Bühne.
Drachen waren wahrlich majestätische Wesen. Wunderschön und edel. Es war mir kaum möglich meinen Blick von Cedrics Drachen abzuwenden. Ein Walisischer Grünling. Cedric würde diesen Wettstreit auf jeden Fall bewältigen, daran hatte ich keine Zweifel. Dennoch schlug mein Herz wie wild. Vermutlich war ich noch nervöser als Cedric selbst, besonders als das Brüllen des Drachens durch das Stadion fegte und mich nach Sauerstoff japsen ließ. Es ging los.
Er zog seinen Zauberstab und schaffte es nur knapp sich durch eine gekonnte Rolle vor dem feurigen Atem des Drachens hinter einem Felsgestein in Sicherheit zu bringen. Man konnte die sengende Hitze noch hoch oben auf den Tribünen wahrnehmen. Geschickt verwandelte er daraufhin einen Felsbrocken in einen Hund, der den Drachen ablenkte und ihn ein Stück weit von dem Ei weglockte.
Genial, ging mir durch den Kopf.
Möglichst unauffällig arbeitete er sich von Felsen zu Felsen vor, immer weiter in Richtung des goldenen Eis. Kurz bevor er es erreicht hatte, passierte es. Der Drache hatte ihn gesehen, drehte sich um und ein riesiger Feuerball raste geradewegs auf ihn zu. In letzter Sekunde noch sprang er nach vor, umklammerte das Ei mit beiden Händen, sein Gesicht tief in seinen Armen vergraben. Ohne es zu bemerken, war ich aufgesprungen, wagte kaum zu atmen. Einen Augenblick lang regte er sich nicht mehr und mir schien sich der Magen auszuheben. Doch dann sah ich es. Er hob seinen Kopf an und nun war mir endgültig danach, als würde ich mich jeden Moment übergeben müssen. Sein Gesicht von schweren Verbrennungen gebrandmarkt. Ab dem linken Ohr, hinab zu seinem Kinn, bis hin hinauf zur Stirn. Allein der Anblick schmerzte. Ein erschrockenes Raunen ging durch die Menge, lautes, fassungsloses Getuschel. Der Drache wurde sofort zurück, raus aus dem Stadion verfrachtet, sodass keine Gefahr mehr durch ihn bestand. Cedric rappelte sich langsam auf und dann... dann hielt er das goldene Ei in die Höhe und Jubel brach aus. Seine unversehrte Gesichtshälfte konnte man ein Stück lächeln sehen. Ich applaudierte nicht, gab keinen Ton von mir. Zu tief saß der Schock. Es fühlte sich an, als würde sich mein Magen umdrehen und Sorge um Cedric überschwemmte meinen Körper.
DU LIEST GERADE
Till the End (Harry Potter FanFiktion)
FanficWas wäre, wenn dein Brief für die Aufnahme an Hogwarts auf mysteriöse Weise verschwinden und nach 3 Jahren im Ministerium auftauchen würde? Was wäre, wenn du während dieser Zeit nichtsahnend unter ganz gewöhnlichen Muggeln gelebt hättest, und nun...