Der letzte Angriff

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Eine Weile lag Hope einfach nur in ihrem Bett und hörte dem Piepsen der Gerätschaften um ihr Bett herum zu. Ihr ganzes Weltbild war zerstört. Ihr Vater war also kein Monster gewesen. Er hatte sie beschützt.
Langsam drehte Hope ihren Kopf auf die linke Seite. In ihrem Zimmer gab es nicht viel. Ein Lavabo, eine Toilette. Neben ihrem Bett stand eine kleine Kommode. Darauf stand ein kleiner Blumentopf mit violetten Blumen.
Ein kleiner Zettel hing an einem Faden um den Topf.  Langsam streckte Hope ihre Hand nach dem Zettel und drehte ihn um.
In Blockschrift stand auf ihm ,, Gute Besserung".
Alle hatten darauf unterschrieben.
Lächelnd fuhr sie mit dem Daumen über Steves.
Die Wand zu Hopes rechter Seite war von oben bis unten verglast.
Das Zimmer war an der gleichen Seite wie ihr anderes Zimmer.
Sie konnte den Wald sehen.

Während Hope den Wald mit seinen kahlen Bäumen betrachtete, zupfte plötzlich etwas an ihrem Bewusstsein.
Es war als ob etwas nach ihr rufen würde.
Sie folgte dem Ruf. Plötzlich tauchte das Bild von einem Helikoptercokpit vor ihren Augen auf.
Sie sah die Welt durch die Scheiben vorbeiziehen. Und wie ein immer lauter werdendes Radio hörte sie die Gedanken einer Person. , Sie werden dafür büssen.'
Eine Hand tauchte auf und drückte wütend auf einige Knöpfe. Eine zweite Hand hob ein Funkgerät in Hopes Sichtfeld.
Der Daumen drückte auf einen Knopf.
Dann sagte jemand etwas. Es war als ob Hope es sagen würde. Doch es war nicht ihre Stimme.
Sie klang männlich . Sie sagte:,, Schneller."
Die Gedanken wurden wieder lauter., Sie werden für Dads Leben bezahlen'
Ein Bild blitzte auf.
Man sah Tony bei einem früheren Alienangriff.
Es war ein verwackeltes Fernsehbild, doch sein Rot-Goldener Anzug war nicht zu übersehen.
Weitere Bilder zuckten durch Hopes Gedächtnis.
Die Nachrichten über Sokovia.
Eine Todesanzeige. Emma und Caroline Kingman.
Den Geburts-und Todesdaten nach war Emma die Ältere, wahrscheinlich die Mutter.
Ein Grab.
Wieder mit den selben Namen.
Als letztes hörte Hope eine Stimme in ihrem Kopf, wie bei einem Telefongespräch.
Sie sagte:,, Er ist tot. James hat sich in die Luft gesprengt. Und er hat sie nicht einmal getroffen. Das Mädchen hat sie geschützt."

Hope riss die Augen auf.
Es fiel ihr wie Schuppen vor die Augen. Er war auf dem Weg zu ihnen. Woher auch immer er wusste wo sie waren.
Aber es war klar, dass er sie finden würde.
Was sollte sie nun tun?

Sie schaute nach rechts aus dem Fenster. Erschrocken riss sie ihre Auge noch weiter auf.
Über den kahlen Bäumen vor ihrem Fenster kamen mehrere Helikopter direkt auf sie zu.
Mit einem Mal kam Leben in sie. Sie setzte sich auf, ignorierte die stechenden Kopfschmerzen geflissentlich und schob ihr linkes, unverletztes Bein über die Bettkante.
Bevor sie auf ihr rechtes Bein auf den Boden stellte, riss sie sich die Infusionen aus den Armen.
Schnell stand sie auf und bewegte sie sich halb humpelnd halb hüpfend aus dem Zimmer.
Der Korridor Richtung Kommandozentrale kam ihr unendlich lang vor. Bei  jedem Schritt zuckte ein unerträglicher Schmerz durch ihr Bein. Die Kopfschmerzen und die Schwindelanfälle machten es auch nicht besser.
Immer wieder wurde ihr so schwindelig dass sie sich an der Wand fest halten musste.
Sie kam nicht voran. Nicht schnell genug.
Wie das Licht der Erlösung tauchte das Ende des Gangs vor ihr auf. Erleichtert seufzte Hope auf.

Sie humpelte in die Kommandozentrale  und legte sich erst mal fast auf die Schnauze.
Ihr war immer noch schwindelig und kotzübel. Sie fühlte sich als ob sie einen Marathon gerannt wäre, obwohl sie nur 
ungefähr 200 Meter gehumpelt war.
Sie wollte schreien, dass alle sofort raus sollen, aber aus ihrem Mund kam nur ein Keuchen.
Sie humpelte noch ein Stück weiter und hielt sich an dem Geländer der Treppe, welche nach unten führte fest.
Sie schluckte und versuchte es noch mal.
Dieses mal krähte sie heiser:,, Ihr müsst alle raus!"
Zuerst bemerkte sie niemand.
Hope setzte ihr unverletztes Bein auf die Treppe und begann die Treppe herunter zu steigen.

In diesem Moment drehte sich ein Mann am Schaltpult um. Es war Steve.
Als er sie entdeckte riss er erschrocken die Augen auf.
Er kam mit grossen Schritten auf sie zu. Natascha die neben ihm gestanden hatte folgte ihm.
Bei ihr angekommen, stützte er sie und fragte:,, Was machst du hier?! Du solltest dich ausruhen!"
,, Das ist im Moment egal! Da kommt eine Flotte Helis auf uns zu! Und ich glaube nicht, dass sie mit uns Kuchen essen wollen." Steve schaute sie eine Sekunde stirnrunzelnd an.
Dann sagte er an Natascha gerichtet, ohne seinen Blick von Hope abzuwenden:,, Warne die anderen und löse den Alarm aus! Ich bringe Hope weg."
Hope stützte empört die Arme in die Hüften:,, Du kannst mich nicht einfach weg bringen!"
,, Und ob", antwortete Steve nüchtern und legte ihr einen Arm auf den Rücken.
In diesem Moment schlug die erste Bombe ein.
,, Da lässt man dich eine Sekunde allein und schon bricht eine Katastrophe aus."
,, Sagt der Typ, der das Hauptquartier von einer geheimen Sicherheitsorganisation quasi im Alleingang in Schutt und Asche zerlegt hat?"
Steve runzelte die Stirn, ob dies nicht sein glorreichstes Erlebnis gewesen sei.
,, Du kannst trotzdem nicht hier bleiben."
Seinen zweiten Arm schob er unter ihre  Beine und hob sie hoch.
,, Idiot",murmelte Hope und begann sich zu wehren. Sie stiess sich mit aller Kraft von seiner Brust ab, doch seine Arme bewegten sich keinen Zentimeter. Schliesslich gab sie auf und verschränkte die Arme.
Während sie auf eine Tür zu gingen, schlug die zweite Bombe ein.
Steve riss die Tür auf und begann zu rennen. Bei jedem Schritt knallte Hopes Bein auf seinen Arm.
Nun hob sie doch noch die Arme, legte sie um seinen Nacken und hielt sich fest.
Sie rannten durch einen Flur, welcher abgesehen von einigen Schlitzen kurz unter der Decke, nur von grellen Neonlichtern erhellt wurde.

Eine weitere Bombe schlug ein.
Steve verschnellerte sein Tempo.
,, Stellen wir hier einen neuen Weltrekord auf oder was?", fragte Hope. Sie musste sich immer mehr an Steves Schultern klammern.
Als sie am Ende des Gangs angekommen waren, öffnete Steve die Tür.
Draussen rannte er auf eine offene Fläche und drehte sich um.
Das Haus stand noch. Nur die Teile am weitesten entfernt von den Beiden hatte einige Einschlagslöcher.
Hope tippte ihm mit dem Finger auf die Schulter.
,, Ähm, das war nicht geplant oder?"
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Violet EnergyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt