Traumdeutung

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Joanna wanderte durch die dunklen Gänge von Hogwarts. Wie spät es wohl war? Sie sah nach draußen. Der Mond stand hoch am Himmel und tauchte die alles in ein gespenstiges Weiß. „Wirst du mich wieder verlassen?" hörte sie eine vertraute Stimme hinter sich. Die Person stand im Schatten, als sie sich umdrehte. Sie war sich sicher die Stimme nicht zu kennen, aber sie war so vertraut. Langsam trat sie auf die Schatten zu. Wer war das nur? Ein junger Mann trat auf sie zu und sah ihr direkt in die Augen. Dunkle Augen und schwarze Haare...Der Junge aus ihrem Traum!
Jetzt erkannte sie ihn.

Plötzlich hörte sie sich selbst sprechen, ohne es selbst zu wollen. „Ich kann nicht immer bleiben, dass weißt du doch" Oh Gott was war hier los. Eine Vision, es musste eine sein. 'Wach auf Joanna!' Doch sie wachte nicht auf. Da stand noch immer der Junge mit der Slytherin Uniform und sah sie an. Sein Gesichtsausdruck verwandelte sich und wurde zornig. „Du willst nur zurück zu diesem Gryffindor! Du liebst mich nicht!" Er kochte vor Wut und wurde rot im Gesicht. Anstatt zurückzutreten wie es ihr ihr Instinkt sagte, bewegte sich ihr Körper auf ihn zu. „Sag doch nicht so etwas. Wäre ich sonst hier?" Es musste ein Albtraum sein, in dem sie sich befand. Niemals würde sie sich in so einen Jungen verlieben. Sie dachte an George, denn nur ihn konnte er mit Gryffindor gemeint haben. Wie gern sie jetzt bei ihm gewesen wäre. Bei ihm fühlte sie sich sicher.

Der Junge streckte seine Hand aus und legte sie an ihre Wange. „Du wirst doch wieder kommen oder?" fragte er. Der Zorn war aus seinem Gesicht verschwunden und einem beinahe flehenden Blick gewichen. Joanna spürte wie sich ihre Mundwinkel anhoben. „Ich werde immer zu dir zurückkommen Ich liebe dich, Tom" Tom? Wer sollte das sein? Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als er sich ihr noch mehr näherte. Oh Gott er wollte sie küssen. Nein, nein, nein.

Die Hexe schrie erschrocken auf und fand sich in ihrem Bett wieder. Tränen rannen ihr über die Wangen und sie zitterte am ganzen Körper. „Joanna? Was ist denn los?" fragte Grace verschlafen und setzte sich auf ihre Bettkante. Von der anderen Seite des Zimmers kam ein genervtes Brummen. „Diggory verdammte Scheiße hier wollen Leute schlafen" beklagte sich Pansy, die bedauerlicherweise im selben Schlafsaal mit ihr wohnte. Joanna brach wieder in Tränen aus, als ihr klar wurde welchen Tom sie gesehen hatte. In dieser Nacht hatte sie kein Auge mehr zugemacht. Wie ein Zombie saß sie später am Frühstückstisch und sah auf ihr Spiegelei. Das Essen war ihr bereits vergangen. Angewidert schob sie den Teller von sich und stand wieder auf. Als eine der Ersten war sie zum Frühstück erschienen und somit war auch jetzt die große Halle noch fast leer.

Im Gehen rannte sie genau in die Person hinein, die sie gerade sehen wollte. „Entschuldige. Alles ok?" fragte George und lächelte sie schief an. Wie sollte sie diese Frage nur beantworten? Die Wahrheit würde ihm nur wieder Sorgen bereiten und anlügen konnte sie ihn einfach nicht. Der einzige Weg all dem zu entgehen, war überhaupt nichts zu sagen. Ein Gedanke schoss durch ihren Kopf. Von Anfang an hatte jeder nur das schlechte an Slytherin gesehen und somit auch an ihr. Sicher gab es Ausnahmen und die meisten aus den anderen Häusern hatten sie akzeptiert. Mehr noch als das, sie waren ihre Freunde geworden. Doch jetzt war nicht die Zeit zur Sentimentalität. Warum sollte man den Leuten nicht das geben, was sie erwarteten? Sie musste zur Eisprinzessin werden. Zu einer Pansy Parkinson. Innerlich wurde ihr von dem Gedanken schon schlecht. Das was sie vorhatte war schlimm, aber ihre einzige Chance. Es würde George verletzen und auch ihre Freunde. Sie sah den Jungen vor sich an, der noch immer lächelte. Sie liebte ihn. Es war eine grausame Erkenntnis. Doch noch mehr bestärkte es sie, dass zu tun. Der Hexe war klar, dass diese Visionen und das Zeitreisen eine große Gefahr mit sich brachten. Bevor sie wusste was das alles zu bedeuten hatte, musste sie ihnen allen aus dem Weg gehen.

Sie strafte die Schultern und lief an ihm vorbei. „Joanna?" rief er ihr hinterher, doch sie blieb nicht stehen. Als sie die Treppe nach oben lief, entdeckte sie ihren Bruder. Der Schock in seinem Gesicht sprach Bände. „Das war es doch was du immer von mir dachtest" sagte sie bitter und rannte nach oben. Es war schwerer als sie gedacht hatte. Der Schmerz in ihrem Herzen zog sie in die Knie. Schluchzend saß sie auf dem Boden und vergrub das Gesicht in den Händen. ‚Jetzt reiß dich zusammen Diggory!' ermahnte sie sich selbst. Sie war doch kein Kind mehr. Als sie die Hände vom Gesicht nahm und die Tränen weg wischte, kam der Schock.

Wie lange hatte sie denn hier gesessen? Es war bereits dunkel. Unruhig stand Joanna auf und sah sich um. Sie hatte doch eben erst das Frühstück verlassen. Leise schlich sie durch die Gänge, bis sie ein Gespräch zwischen zwei Jungen hörte. Eine der Stimmen kam ihr bekannt vor. Ein Blick über das Geländer bestätigte ihre Vermutung. Dort stand er, der Junge aus ihrer Vision. Tom Riddle. Es war also doch nicht nur ein Albtraum gewesen. Wieso nur passierte das? Sie musste es einfach aussitzen. Niemand musste sie sehen. /Wirst du mich wieder verlassen?/ Die Worte die er gesagt hatte, kamen ihr in den Sinn. Es würde nicht das letzte Mal sein, dass die Hexe in seine Zeit reiste. Eine Weile saß sie da und lauschte den Gesprächen. Irgendwann überkam sie aber doch die Neugier. Dieser Junge würde eins der gefürchtete Zauberer ihrer Zeit werden. Ob er wohl immer so gewesen war. Ihr Blick fiel wieder über das Geländer, doch sie waren beide weg. Das konnte doch nicht sein.

„Wer bist du?" Die Stimme kam von der Treppe direkt hinter ihr. Langsam drehte sie sich um und sah dem Bösen ins Gesicht. Seltsamerweise wirkte er überhaupt nicht wie das Monster, was sie erwartete hatte. Er legte den Kopf schief und musterte sie. „Joanna" flüsterte sie. Über Toms Gesicht huschte ein Lächeln. Er streckte eine Hand aus. „Ich bin Tom" Sie musste sich zwingen nicht ‚ich weiß' zu sagen. Sie lächelte zurück und ergriff seine Hand. Das Kribbeln kam unerwartete und der Schwindel setzte unmittelbar danach ein. „Ich muss gehen" sagte sie entschuldigend und lief in den nächsten Gang. Der Junge folgte ihr. „Hey jetzt warte doch" Sie musste weg und zwar schnell. Als sie um die nächste Ecke rannte, landete sie auf den Knien. Glücklicherweise in der richtigen Zeit.

Was hatte das alles nur zu bedeuten? War sie nur durch die Zeit gesprungen, weil sie sich wegen ihres Traumes Sorgen gemacht hatte oder hatte es andere Gründe gehabt? Ihr direkt gegenüber befand sich Dumbledores Büro. Es juckte ihr in den Fingern sich endlich jemandem anzuvertrauen. Sie wollte gerade darauf zugehen, als sie zwei näherkommende Stimmen hörte. „Ich weiß nicht was mit ihr los ist. Ich dachte echt sie mag dich, George" Tränen traten in Joannas Augen. „Das dachte ich auch. Es geht ihr nicht gut." George seufzte. „Ich mache ihr keinen Vorwurf. Sie braucht die Zeit" Die Hexe biss sich auf die Lippen. Wie hatte sie so jemanden verdient? Er hatte so viel Verständnis und sie baute nur Mist. Seine Worte hatten sie nur noch mehr bestärkt, ihn aus diesem Chaos rauszulassen. Es war an der Zeit das ganze unter Kontrolle zu bekommen. Zielstrebig ging sie auf den Wasserspeicher zu. Mal sehen was der Professor zu all dem sagte. 3 Stunden später verließ sie das Büro mit hängenden Schultern. Die Hoffnung dass der Schulleiter ihr helfen konnte, war wie eine Seifenblase zerplatzt. Die einzige Reaktion die er gezeigt hatte war ein ‚das ist ja ausgezeichnet'. Joanna hatte sich zusammenreißen müssen, ihm keine Ohrfeige zu verpassen. Das lag wahrscheinlich an ihren aufgestauten Gefühlen. Wenn er ihr keine Antworten liefern konnte wer dann?  

Nicht alles ist so wie es scheintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt