• • • Pilot Part IV • • •

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Als wir durch den Wald in Richtung​ Mount Weather liefen, hielten Finn und Octavia plötzlich an. Er hob eine lilane Blüte auf und hielt sie in die Höhe, bevor er sie sachte hinter Octavia's Ohr steckte. Beide lächelten sich an und flirteten regelrecht mit ihren Blicken. "Das meine Freunde, ist einfaches Spiel", murmelte Jasper mir und Monty zu, als wir hinter Finn und Octavia her liefen. Clarke war uns einige Schritte voraus und leitete unsere Expedition.

"Das mein Freund, ist Giftsumach", konterte Monty. "Was? Echt?", fragte Octavia, als sie die Blume mit einer schnellen Bewegung aus ihrem Haar entfernte. "Die Blüten sind nicht giftig. Das ist Medizin, wirkt beruhigend", erklärte Monty, als er eine andere Blüte pflückte und sie aß. Ich starrte Monty verblüfft an und fragte mich, woher er so etwas wusste. "Seine Familie züchtet alle Heilpflanzen auf der Ark", erklärte mir Jasper. "Ah", murmelte ich und nickte zum Verständnis.

"Hey Leute, ihr müsst etwas dranbleiben", rief Clarke uns zu. Jetzt war sie uns mindestens zehn Schritte voraus. "Mann, Clarke. Wie kannst du das alles ausblenden?", fragte Finn und deutete auf die Natur um uns herum. "Tja, ganz einfach", begann sie und sah uns an. "Eine Frage, wieso sind wir keinen Tieren begegnet? Vielleicht, weil es keine gibt. Oder wir waren alle bereits genug Strahlung ausgesetzt, um drauf zu gehen", fuhr sie fort und minderte damit unsere Helligkeit im Herzen. "Kommt jetzt." Sie drehte sich wieder um und setzte ihren Weg durch den Wald fort.

"Ich glaube, jemand sollte ihr was von dem Giftsumach geben", nörgelte Octavia und bekam dafür ein Grinsen von Jasper. Ich rollte nur mit den Augen, als wir Clarke weiter folgten. "Was habt ihr beide getan, um geschnappt zu werden?", fragte Finn Monty und Jasper. "Sumach ist nicht das einzige Kraut im Garten, du verstehst?", entgegnete Monty. "Jemand hat vergessen nach zu pflanzen", murrte Jasper. "Dafür hab ich mich tausend Mal entschuldigt", erwiderte Monty seufzend. Jasper schüttelte nur augenrollend den Kopf.

"Und du Octavia? Wofür wurdest du verhaftet?", fragte Jasper. Plötzlich verschwand ihr Lächeln. "Dafür, dass ich geboren wurde", murmelte sie und joggte nach vorne zu Clarke. "Doch nicht so einfach", wies Monty seinen Freund hin. "Was ist mit dir, Hailey? Du siehst nicht gerade wie eine verzweifelte Kriminelle aus", sagte Finn mit einem lässigen Lächeln. Für einen Moment fragte ich mich, was ich darauf antworten sollte. Ich war keine taffe Kriminelle, doch was ich getan hatte war ein unverzeihliches Verbrechen. Etwas, dass nur die brutalsten Verbrecher tun würden. "Ich.." Meine Brust schmerzte von den Erinnerungen an diese Alpträume. Ihre Auswirkungen ließen nicht nach, wenn ich aufwachte, doch konnte ich sie unterdrücken, wenn ich nicht darüber redete. "Ich rede nicht gerne darüber", entgegnete ich also, als sich der Wald vor uns lichtete. Finn nickte und ich fragte mich, ob ich wirklich einen von Gespenstern heimgesuchten Gesichtsausdruck hatte, den mein Vater so oft bemerkte. Jedes Mal, wenn er mich fragte, was passiert war und ich ihm keine Antwort gab, versuchte er mich aufzuheitern, indem er mir sagte ich sehe aus, als hätte ich einen Geist gesehen. Er wusste nur nicht, wie Recht er damit hatte.

Clarke und Octavia hockten sich hin und versteckten sich nahe eines Baumes. Clarke drehte sich zu uns um und hielt einen Finger vor ihre Lippen, um uns zu signalisieren leise zu sein. Dann, mit einem Lächeln im Gesicht, winkte sie uns zu sich und Octavia. Ich nickte, hockte mich neben sie und spähte auf die Lichtung. Dort, das üppige, grüne Gras fressend, stand ein Reh. Sein Fell war weich und hellbraun. "Wunderschön", flüsterte ich und inspizierte das Reh von seinem Geweih, bis hin zu dem weißen Fellfleck unter seinem Schwanz. "Keine Tiere, was?", fragte Finn Clarke und schenkte ihr ein Lächeln, bevor er mit kurzen überlegten Schritten vorwärts schlich. Das Reh bemerkte uns nicht, bis Finn ausversehen auf einen Ast trat. Das Knacken war ohrenbetäubend​ für die Stille der Lichtung. Das Reh sah auf und zeigte uns somit, dass es nicht nur einen Kopf besaß, sondern zwei. Alle zusammen stießen wir ein erschrockenes Keuchen aus, als uns Reh mit all seinen vier Augen ansah, bevor es in eine andere Zone des Waldes sprintete.

"Wisst ihr, was ich wissen will?", fragte uns Finn, als wir unseren zwanzig Meilen Marsch nach Mount Weather fortsetzten. "Warum haben sie uns erst nach 97 Jahren runter geschickt? Was hat sich verändert?", fragte er weiter. "Ist doch egal", warf Octavia ein. "Ich bin​ froh, dass wir hier sind. Gerade verrotte ich noch in einer Zelle und jetzt-" Sie stoppte und legte ihren Arm mit einem Lächeln um einen Baum. "-springe ich durch den Wald", fuhr sie fort. "Vielleicht haben sie was auf 'nem Satelliten gefunden, also auf 'nem alten Wettersatelliten oder-", begann Monty, als er von Clarke unterbrochen wurde. "Es war kein Satellit. Die Ark stirbt langsam. Am jetzigen Bevölkerungsstand schaffen sie es vielleicht noch drei Monate. Vielleicht vier, jetzt da wir weg sind", erklärte sie, als sie an uns vorbei lief, während wir vor Schock stehen blieben.

"Wegen diesem Geheimnis wurdest du weg gesperrt? Deswegen warst du in Einzelhaft?'', fragte Finn ungläubig. "Und dein Vater wurde gefloatet?" Bei diesen Worten drehte sich mein Magen um. "Was?", fragte ich und joggte nach vorne zu Clarke. "Mein Vater war der Ingenieur, der​ die Schwachstelle entdeckt hat. Er dachte, seine Mitmenschen müssten es erfahren. Der Rat war da anderer Meinung und meine Mutter auch. Sie befürchteten eine Massenpanik. Wir wollten es trotzdem publik machen, als Wells-" Sie stoppte. "Deinen Vater verraten hat?", fragte Monty. Ich konnte immer noch nicht glauben, was ich da hörte. Es musste ein Irrtum gewesen sein. "Hey", rief ich Clarke zu und griff nach ihrem Arm, sodass sie sich zu mir umdrehen musste. "Sie haben Jake gefloatet?", fragte ich sie und hoffte, dass ich es falsch verstanden hatte, doch sie nickte nur kurz. "Wann?", fragte ich mit verschärftem Atem. "Zwei Wochen nach deiner Verhaftung", murmelte sie. Ich wollte etwas sagen, doch drehte sie sich von mir weg.

"Egal, jedenfalls ist vorher die Wache aufgetaucht. Deswegen sind wir hier. Deshalb war es das Risiko wert. Selbst, wenn wir hier alle noch sterben, wird ihnen das nur mehr Zeit verschaffen", erzählte sie uns. Ich fühlte mit ihr. Jake und Abby Griffin waren wie eine Familie für mich und Clarke war wie meine Schwester. "Sie werden noch mehr Leute umlegen, oder?", fragte Monty vorsichtig. "Gut", warf Octavia ein. "Nachdem was ich erlebt habe würde ich sagen, floatet sie alle." Ich mochte die Bosheit in ihrer Stimme nicht. "Das meinst du nicht ernst", rief Jasper.

Octavia und ich liefen der Gruppe voraus und entdeckten einen Felsvorsprung am Rand eines kristallklaren Sees. "Oh wow", murmelte ich begeistert. Octavia entwich ein leises Kichern, als sie aus ihrer Jeans schlüpfte. "Was tust du da?", fragte ich, als sie sich auch noch ihre Schuhe, samt den Socken auszog. "Octavia, was zum Teufel soll das werden?", hörte ich Clarke hinter uns rufen. Ich drehte mich um und sah, dass Monty, Finn und vor allem Jasper den Anblick auf Octavia und ihren schwarzen Slip mehr als genossen. Dann sah ich zurück zu Octavia, die Clarke ein trotziges Grinsen zuwarf, bevor sie in den See sprang.

Sofort kamen die anderen zu mir gelaufen, als Octavia nur ihren Kopf aus dem Wasser streckte. "Octavia-", begann Monty. "-wir können nicht schwimmen", fügte er hinzu. "Ich weiß-", entgegnete sie und erhob sich bis zur Taille aus dem Wasser. "-aber wir können stehen." Sie lachte, als die anderen mit Aufregung in ihren Augen aufs Wasser starrten. "Moment, hier düfte überhaupt kein Fluss sein", sagte Clarke, als wir anderen uns unseren Klamotten entledigen wollten. "Ja, aber hier ist einer. Also runter mit deinen Klamotten", erklärte Finn ihr mit einem frechen Grinsen.

"Octavia, schnell raus aus dem Wasser." Die Beunruhigung in Jasper's Stimme ließ mich aufsehen. Etwas weiter den Fluss hinab, kam etwas großes auf Octavia zugeschwommen. Ich konnte nicht erkennen, was es war, doch verhieß es nichts gutes. "Sofort raus aus dem Wasser!", schrie ich, als sich Octavia fragend umdrehte, um zu erkennen, was wir alle anstarrten. Mit einem Satz packte die Kreatur Octavia und zog sie unter Wasser. Einige Meter weiter war ihr Kopf wieder über der Wasseroberfläche zu sehen, als sie immer lauter nach Hilfe schrie. "Was zum Teufel ist das?", fragte Monty, als ich mein Tagebuch und meine Stifte aus meinem Hosenbund zog.

"Wir müssen ihr helfen", sagte Finn, als ich das Messer aus meiner Tasche holte und meine Hose auszog. "Was hast du vor?", fragte mich Clarke und griff meinen Arm. "Ich versuche nicht gefressen zu werden", entgegnete ich, als ich einen Schritt näher an den Felsvorsprung heran ging. "Nein warte, wenn wir es ablenken, lässt es los", schlug Clarke vor. "So machen wir's. Jemand muss sie daraus holen." Mit diesen Worten sprang ich ins Wasser. Als mein Kopf die Wasseroberfläche durchbrach, sah ich die Kreatur direkt vor mir. Ich hielt mein Messer vor mich und richtete die Klinge auf die Kreatur, als sie auch schon auf mich zugeschwommen kam. Octavia schrie und rang nach Luft, als sie versuchte zu schwimmen, es aber nicht schaffte.

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