• • • Murphy's Law Part I • • •

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Es waren zwei Tage vergangen, seit wir Wells außerhalb des Camps tot aufgefunden hatten. Diese Nachricht ließ mich immer noch schaudern, denn ich war selbst in der gleichen Nacht dort draußen und weinte mich in den Schlaf. Am nächsten Morgen wurde ich dann von Octavia und Finn wach gerüttelt, die mich verängstigt und besorgt ansahen. Nachdem sich Octavia überschwänglich bei mir entschuldigt hatte, haben sie mir erzählt, was passiert war. Ein Teil in mir zerbrach. Wells und ich waren beste Freunde bis ich in die Skybox kam und auch dort hatte ich ihn noch als meinen Freund angesehen. Auch wenn ich erfahren hatte, was er Clarke's Vater angetan hatte, dämpfte es unsere Freundschaft zwar, aber zerstörte sie nicht.

Noch am selben Tag hatte mir Clarke erzählt, dass es in Wahrheit ihre Mutter war, die ihren Vater verraten hatte und sie hasste sich selbst dafür Wells beschuldigt zu haben. Als ich den Wall anstarrte, der zu unserem Schutz gebaut wurde und meinen Blick über das Camp schweifen ließ, dachte ich daran, wie beschützend Bellamy die letzten zwei Tage mir gegenüber gewesen ist. Oft konnte ich seine Augen auf mir spüren und einige Male schon habe ich seine Blicke eingefangen, doch an diesem Morgen ignorierte ich diese Blicke. Ich wollte nicht, dass er mich ansieht. In Wahrheit, als die Sekunden zu Minuten wurden und ich seine Augen noch immer auf mir spürte, begann ich es zu hassen.

Doch hatte ich nicht die Zeit dazu, denn ich bemerkte, wie Octavia Jasper, durch einen Spalt im Wall, aus dem Camp führte. "Siehst du, wir sind schon da. Nur noch ein paar Schritte, okay?", hörte ich Octavia zu ihm sagen, als ich zu ihnen eilte. "Hey, Jasper. Du siehst gut aus", entgegnete ich und begrüßte ihn mit einer leichten Umarmung. Er schenkte mir ein schwaches Lächeln, als er sich nervös umsah. "Hey, was ist los?", fragte ich und bemerkte das paranoide Flackern in seinen Augen. "Nichts. Mir geht's gut", leugnete er mit einem Nicken. "Jasper, es ist eine Woche her. Du hast eine zweite Chance bekommen, also nutze sie", bestärkte ihn Octavia, bevor sie jedoch einen Schrei ausstieß und hinter einen großen Baumstumpf gezogen wurde.

"Octavia?", rief Jasper nervös und blieb dicht am Wall, als ein gedämpftes Jaulen zu hören war. "Octavia", beschwerte nun ich mich und hoffte sie würde nur einen dummen Scherz mit Jasper treiben wollen. "Octavia, ist alles okay?", fragte Jasper und lief nun doch auf den Baumstumpf zu. Jemand sprang hinter ihm hervor und ich wollte mein Messer zücken, als ich bemerkte, dass es nur einer der Arschlöcher aus dem Camp war. Er lachte, als Octavia ihn schubste. "Hey, du Arsch!", schrie sie ihn an. "Verzieh' dich", zischte ich den Jungen mit einem bösen Blick an. Er verschwand so schnell er nur konnte. "Jasper, komm schon-", begann Octavia mit ruhiger Stimme. "-Hier ist nichts, vor dem du Angst haben musst", fuhr sie fort, bevor Jasper unbeholfen stolperte.

Er landete der Länge nach auf dem Boden und wir zwei versuchten ihm aufzuhelfen, als ich seine fokussierten Blicke bemerkte. Seinem Starren folgend, erkannte auch ich die zwei abgetrennten Finger, die definitiv Wells gehörten. Neben den Fingern lag ein Messer, gefertigt aus Metall von unserem Dropship. "Oh Gott", murmelte Octavia, als sie Jasper wieder auf die Beine half. "Wir müssen das sofort zu Bellamy bringen", sagte ich, hob das Messer auf und steckte es in meine Jackentasche, während wir zurück ins Camp liefen. Wieder innerhalb des Walls, steuerten wir direkt auf Bellamy's Zelt zu.

"Das Messer ist aus Metall von unserem Dropship", stellte Clarke fest, als sie es von allen Seiten begutachtete. Bellamy hatte sie zu unserem Treffen hinzugezogen, da sie ebenso gut wie ich mit Wells befreundet war. "Was meinst du damit?", fragte Jasper irritiert. "Wer weiß sonst noch davon?", fragte Bellamy und ließ Jasper's Frage unbeantwortet. "Niemand. Wir haben es sofort hergebracht", entgegnete ich mit einem Nicken, als ich meine Augen auf alles außer ihn zu fixieren versuchte. "Clarke?", sprach Jasper nun lauter, auffordernd ihm eine Antwort zu liefern."Nicht die Grounder haben Wells getötet, sondern einer von uns", antwortete ich für sie.

"Es ist also ein Mörder im Camp?", fragte Jasper. "Es ist mehr als nur ein Mörder​ in diesem Camp", entgegnete Bellamy und schien Jasper's Frage sehr persönlich zu nehmen. "Das ist nichts neues. Sagt es nicht weiter." Clarke wollte Bellamy's Bitte nicht akzeptieren, als sie zum Zelteingang lief, der jedoch durch Bellamy blockiert wurde. "Geh' mir aus dem Weg, Bellamy", knurrte sie ihn an. "Sei vernünftig. Schau' was wir erreicht haben. Der Wall, die Patrollien. Dass alle glauben die Grounder hätten Wells getötet, ist gut für uns." Ich konnte nicht glauben, was er da gerade sagte. "Gut für dich, meinst du", schnauzte ich ihn an und erntete dafür entsetzte Blicke von jedem im Zelt, Clarke eingeschlossen. "Weil die Kids für dich arbeiten, wenn sie Angst haben. Deswegen?", fragte ich, meinen Ärger in der Stimme nicht zu überhören. Die Kids, die nicht zu Bellamy's kleiner Gruppe oder zu seinen Gunsten waren, mussten wie Sklaven an diesem Wall arbeiten. Mein Ärger über die schlechte Behandlung unserer Leute mischte sich mit dem Ärger in seinen Augen. Tag und Nacht ruhten seine Blicke auf mir und langsam hatte ich das Gefühl er beanspruchte mich für sich, doch ich war kein wertloses Schmückstück, dass er so ohne weiteres an sich reißen konnte.

"Ja, ganz genau. Aber es ist für uns alle gut", begann Bellamy und legte seine Draufgänger Maske an. "Aus Furcht vor den Groundern entsteht dieser Wall", sagte er, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Clarke zuwandte. "Nebenbei, willst du einfach so da raus marschieren und den Mörder​ bitten, sich zu stellen? Du weißt nicht mal, wem das Messer gehört", wies Bellamy hin. Clarke schien von dieser Tatsache scheinbar besiegt, doch ich hatte etwas bemerkt, dass sie nicht sah. "Bist du dir sicher?", fragte ich und hielt Clarke meine Hand hin, bevor sie das Messer auf meine Handfläche legte und ich Bellamy die Initialen auf der Innenseite des Griffes zeigte. "J.M., John Murphy. Die Kids haben ein Recht es zu erfahren", beschwerte ich mich, bevor ich an Bellamy vorbei nach draußen ging.

"Kein Wasser bis dieser Abschnitt fertig ist", schrie Murphy und klang wie einer dieser altertümlichen Sklaventreiber, über die ich in meinem Geschichtsunterricht gelesen hatte, als er einem der Jungs einen Becher Wasser aus der Hand schlug. "Was glotzt du so?", fragte Murphy den Jungen, der aussah, als würde er gleich protestieren wollen. Clarke stellte sich vor Murphy, bevor ich es konnte und schob ihn von dem Jungen weg. "Du verfluchtes Drecksschwein!", schrie sie ihn an, als sie ihn nach hinten schubste. "Was ist dein Problem, Prinzessin?", fragte er sie mit einem humorvollen Unterton. "Weißt du was das ist?", fragte nun ich und hielt das Messer in die Höhe. "Das ist mein Messer. Wo hast du das gefunden?", fragte mich Murphy mit Verwirrung in seinen Augen und griff nach der Klinge. Ich aber schlug seine Hand beiseite und hielt das Messer nah an mich. "Da wo du es verloren hast, nachdem du Wells umgebracht hast", knurrte ich ihn an.

"Was? Die Grounder haben Wells getötet, nicht ich", entgegnete Murphy, als sich der Rest des Camps in einem Kreis um uns versammelte. "Ich weiß, dass du es getan hast und du wirst dafür bezahlen", schnauzte Clarke ihn an. "Bellamy, du wirst doch den Scheiß nicht glauben?", fragte Murphy seinen Anführer, doch er verschränkte lediglich die Arme vor der Brust. "Du hast gedroht ihn töten zu wollen. Alle haben es gehört. Du konntest Wells nicht ausstehen", knurrte ich und trat einen Schritt näher an Murphy heran. "Viele hier haben Wells nicht ausstehen können. Sein Vater hat uns doch alle eingesperrt", versuchte er zu argumentieren. "Du bist der einzige, der mit einem Messer auf ihn losgegangen ist", schrie ich ihn an und festigte den Griff um das Messer. "Da hab' ich ihn auch nicht getötet", zischte mich Murphy furchtlos an. Sein Gesichtsausdruck hätte sich wohl schlagartig geändert, wenn er gewusst hätte, was ich getan hatte.

"Du wolltest auch Jasper töten", warf Octavia ein. "Das ist lächerlich. Ich muss mich weder vor dir rechtfertigen, noch vor sonst irgendwem", schrie Murphy mich und Clarke an und deutete mit seinen Armen auf den Rest des Camps, als er sich herausfordernd vor mich stellte. "Wie war das?", fragte Bellamy mit Ärger in seiner Stimme. "Bellamy, hör' zu. Ich hab' das nicht getan", entgegnete Murphy und schien seinen letzten Satz zu bereuen. "Sie haben seine Finger und dein Messer im Wald gefunden", stellte Bellamy klar, als sich Menge um uns herum zu rühren begann.

"Ist es das? Wollt ihr in so einer Gesellschaft leben?", rief Clarke und klang wie die geborene Diplomatin. "Ihr sagt es gibt keine Regeln. Heißt das, wir dürfen uns gegenseitig umbringen ohne bestraft zu werden?", fragte sie weiter. Als diese Worte über ihre Lippen kamen, wusste ich, dass Ärger bereits vorprogrammiert​ war. "Ich sagte doch schon, ich habe niemanden umgebracht", beharrte Murphy weiterhin. "Ich sage wir floaten ihn", rief ein Junge namens Myles und hatte sofort die Mehrheit der Menge auf seiner Seite. "Das hab' ich nicht gemeint", realisierte Clarke plötzlich ihren Fehler. "Rache ist keine Gerechtigkeit", versuchte ich Myles zu erklären. "Es ist Gerechtigkeit! Floaten!", schrie er bevor die Menge dieses letzte Wort zu rufen begann.

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