Ich hockte mich am Rand nieder und verfolgte die Kreatur mit meinen Augen. "Was ist das?", fragte Bellamy, als er sich neben mich kniete. "Das da hat Octavia und mich gestern angegriffen", erklärte ich ihm. "Octavia hat gesagt, dass es noch gelebt hat, nachdem ihr gegangen seid", berichtete er mit Verwirrung in seinen Augen. Diese tiefbraunen Augen hielten meine für einen Moment lang fest. "Das stimmt. Ich habe es verwundet, als es mich gebissen hat", begann ich und riss mich von seinem Blick los. "Wasser ist ein Anti-Koagulationsmittel", erläuterte ich ihm. "Ein Anti-was?", fragte nun Murphy verständnislos. "Anti-Koagulationsmittel. Koagulatoren stoppen Blutungen. Es heilte sich also in seinem eigenen Zuhause selbst", erklärte ich weiter. Ich sah Bellamy von der Seite an, der nun hinunter auf die Kreatur starrte, eine Augenbaue nachdenklich hochgezogen. "Woran denkst du?", fragte ich ihn leise. Sein Blick traf meinen und ich suchte in ihm nach einem Zeichen von Emotion, doch waren sie genauso unlesbar, wie ein Buch mit ägyptischen Hieroglyphen. "Ich versuche mich an dich zu erinnern", entgegnete er mit genauso leiser Stimme.
"Leute!", hörte ich plötzlich jemanden rufen. Als mich umdrehte, entdeckte ich Clarke, Finn und Wells. "Kommt schon, wir haben den Weg gefunden", rief Finn und winkte uns zu ihnen. Bellamy stellte sich wieder aufrecht hin und hielt mir seine Hand entgegen. Mein Blick wechselte zwischen seiner Hand und seinen Augen, die noch immer unlesbar waren. Dann aber nahm ich seine Hand und er half mir wieder auf die Beine.
"Hey, woher wissen wir, dass wir hier richtig sind?", fragte Murphy als wir weiter entlang des Flusses liefen. "Wissen wir nicht. Spacewalker hält sich für einen Fährtenleser", entgegnete Bellamy. "Leute aufspüren. Erdkunde, vierte Klasse", berichtigte ihn Wells. "Leise! Oder soll ich euch 'ne Zielscheibe auf den Rücken malen?", beschwerte sich Finn, als er einen zerbrochenen Zweig untersuchte. Ein entferntes Stöhnen durchbrach die Stille. "Was zum Teufel war das?", fragte Murphy, als mir Bellamy ein Stück näher kam. "Jetzt wäre der Zeitpunkt die Waffe zu ziehen", sagte Clarke. Bellamy nickte und und holte die Waffe aus dem Bund seiner Hose, als ich dasselbe mit meinem Messer tat.
"Bleib' bei mir", flüsterte Bellamy, als wir dem Stöhnen folgten. "Du musst mich nicht beschützen", flüsterte ich zurück. "Ich weiß." Die Art, wie er mich in diesem Moment ansah brachte mich aus der Fassung. Zum ersten Mal, seit wir uns auf der Erde begegnet waren, erkannte ich eine Emotion in seinen Augen. Er war besorgt um mich. Vielleicht erinnerte er sich an das letzte Mal auf der Ark, wo wir uns gesehen hatten. Es war ein erbärmlicher Anblick, denn ich sah wirklich nicht schön aus. Vielleicht erinnerte er sich an diesem Moment, doch ich hoffte es nicht.
Wir steuerten auf eine Lichtung zu, in deren Mitte ein großer, grauer Baum stand. Jasper wurde an den blattlosen Ästen festgebunden und stöhnte vor Schmerz. "Oh Gott, Jasper", murmelte ich. "Hailey, sei vorsichtig", warnte mich Clarke, als ich auf den Baum zusteuerte. "Was ist das denn?", fragte ich und ging weiter geradeaus. Plötzlich gab der Boden unter mir nach und ich schrie, als ich den Griff um mein Messer verstärkte. Jemand hielt meinen Arm fest und stoppte damit meinen Fall in den Tod, denn unter mir verbarg sich ein Grube voll mit spitzen Pfählen aus Holz. Über mir sah ich Bellamy, der meinen Arm festhielt. "Zieh' sie raus!", schrie Wells, als Bellamy mein anderes Handgelenk nahm und mich vorsichtig aus dem Loch zog. Dann legte er seinen rechten Arm um meine Hüfte und meinen linken Arm um seine Schulter, um mich zu stützen.
"Geht's dir gut?", fragte mich Clarke, als mich Bellamy, der noch immer am Rand der Grube stand, nah an sich zog, doch Wells packte meinen Arm und zog mich von Bellamy weg. "Fass' sie nicht an", rief Wells. "Wells!", schnauzte ich ihn an und befreite mich aus seinem Griff. "Danke", murmelte ich leise in Bellamy's Richtung. Er nickte, bevor wir unsere Aufmerksamkeit wieder auf Jasper richteten.
"Wir müssen ihn da runter holen", sagte Clarke mit einem Nicken. "Ich klettere nach oben und werde ihn losbinden", beharrte Finn. "Ja, ich komm' mit", entgegnete Wells. "Nein, du bleibst bei Clarke. Behalt' ihn im Auge. Du, na los", fügte Finn hinzu und sah Murphy an. Dann gingen beide näher an dem Baum heran. "Clarke, ist das-?", wollte ich fragen, als ich auf Jasper's Brust zeigte. "Da ist ein Blatt auf seiner Wunde", nickte Clarke. "Medizin? Wieso retten sie ihn, um ihn dann als Köder aufzuhängen?", fragte sich Wells.
"Vielleicht steht das, was sie fangen wollen auf lebendige Beute", schlug Bellamy vor. "Vielleicht wollen sie uns so fangen", fügte Finn hinzu. Ich schluckte. "Haltet die Augen offen", sagte Bellamy, als Finn und Murphy auf den Baum kletterten. Ein Knurren ertönte im Gebüsch und ließ meine Nackenhaare aufstehen. "Was zur Hölle war das?", fragte Wells. "Grounder", dachte Bellamy, doch ein Fauchen unterstütze das Knurren, als sich etwas großes durch das Gras bewegte.
Es war ein gigantischer Panther, der direkt auf uns zurannte. "Bellamy, die Pistole!", rief Clarke. Bellamy suchte nach seiner Waffe, doch konnte er sie nicht finden. Die Großkatze rannte immer schneller, als mehrere Schüsse die Luft füllten. Ich sah zu meiner Rechten und erkannte, dass Wells im Besitz von Bellamy's Pistole war. Der Panther war getroffen und ging im Gras neben Bellamy und mir zu Boden. Mein Herz tobte wie wild in meiner Brust, als ich mit dem Messer in meiner Hand erstarrte. Dann suchte ich leise im Gras nach dem Panther.
Plötzlich ertönte ein Brüllen und die Großkatze flog durch die Luft, direkt auf mich zu. Ich stolperte zurück, genau in Bellamy hinein, als weitere Schüsse zu hören waren. Dann fiel der Panther wirklich leblos vor unseren Füßen zu Boden. Wells ließ die nun leere Waffe fallen und keuchte. "Jetzt nimmt sie dich wahr", sagte Bellamy. Ich wusste nicht ganz, was das bedeuten sollte, doch fragte ich nicht weiter nach.
Am Abend trugen wir Jasper mit Hilfe des Fallschirmes zurück ins Camp und präsentierten die Großkatze als Abendessen. "Sie sind zurück!", rief ein Junge, als wir das Camp betraten. "Ich brauche heißes Wasser und Stoffstreifen zum Verbinden", beauftragte mir Clarke. Ich nickte und suchte all das zusammen, was wir hatten. Dann brachte ich es Clarke ins Dropship.
Ich saß in der Nähe des Feuers und beobachtete die Kids dabei, wie sie ihre Armbänder abnahmen, um so etwas zu Essen zu bekommen. Ich hatte meines noch nicht abgenommen, genauso wenig wie Finn, der nun neben mir saß. "Im Moment ist er noch stabil-", begann Clarke und kam zu uns. "-aber ohne Medikamente...Sie nehmen die Armbänder ab, um Essen zu kriegen?", fragte sie verwundert. "Das mach' ich auf keinen Fall", stellte sie kopfschüttelnd klar. "Willkommen im Club", entgegnete ich. "Das müsst ihr nicht", warf Finn ein und stand auf. Er ging hinüber zum Feuer und griff nach einem Stock mit gebratenem Fleisch darauf.
"Hey, glaubst du für dich gelten andere Regeln?", fragte Murphy und stoppte Finn. "Ich dachte es gibt keine Regeln", entgegnete Finn lässig, bevor er den Stock an sich nahm und zu uns zurück kam. Dann versuchte ich mein Glück. Unbemerkt griff ich mir einen weiteren Stock und obwohl Murphy mich erwischte, sagte er nichts. Also nahm ich mein Abendessen und zog mich an eine abgelegenere Stelle des Camps zurück.
Zum ersten Mal seit zwei Tagen hatte ich wieder etwas gegessen und die Großkatze, die uns heute Nachmittag noch töten wollte, schmeckte gar nicht mal so schlecht. Dann holte ich mein Tagebuch und einen Stift hervor. Ich schrieb über meine Erfahrungen und Entdeckungen der vergangenen zwei Tage. Die Erde war nicht, wie meine Mutter sie beschrieben hatte. Immer wieder erzählte sie mir, dass uns der Frieden auf der Erde begegnet, sobald wir wieder hier waren. Sie sagte, die Erde wäre wunderschön, nicht voller zweiköpfiger Rehe, menschenfressender Schlangen oder gigantischer Killerkatzen.
Ein Teil von mir wünschte sich sie wäre jetzt hier, doch ein anderer war froh, dass sie nicht lange genug gelebt hatte, um diese Gefahren mit ansehen zu müssen. Ich seufzte, aß zuende auf und schloss mein Tagebuch wieder. Dann legte ich mich in das weiche Gras und sah hinauf zu den Sternen. Von hier unten sahen sie so anders aus, als von der Ark. Sie schienen viel lebendiger zu sein. Hier unten standen sie viel mehr für Schönheit und Schlichtheit, als für das große leere Nichts des Alls. Ich lächelte, denn ich wusste genauso sah meine Mutter die Erde. Dann entdeckte ich einen Stern, heller als alle anderen, der mich irgendwie an sie erinnerte.
''Happy Birthday, Hailey'', sagte ich leise zu mir selbst, wissentlich, dass sie von oben auf mich herab sah und lächelte.
DU LIEST GERADE
» Lawless « [Bellamy Blake]
FanficIch präparierte meinen Bogen und kerbte einen neuen Pfeil. ''Wo ist das Funkgerät, Bellamy?'', fragte ich und deutete mit der Pfeilspitze auf ihn. Er drehte sich zu mir und es sah aus, als würde er mich anbrüllen, doch als er den Pfeil sah, durchfu...