Kapitel 4-2

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4. Ich hatte Verstecken spielen schon immer gehasst, aber das war nichts im Vergleich zu heute! - TEIL 2


Was zuvor geschah...

Was auch immer mich geritten hatte, Nessie anzulügen und anzufahren, jetzt war es weg. Und es hatte mir hier einen Berg von Gedanken überlassen, die ich zu Ende denken musste. Da kam mir das Mädchen wieder in den Sinn. Sie bohrte sich in meine Gedankengänge hinein, als sollte ich sie nie wieder herausziehen können. ...als sollte ich sie niemals wieder vergessen. Ich wusste nicht mehr wie und warum, aber irgendwann schlief ich erneut ein und sank in mein vorhin unterbrochenes Nickerchen zurück.


Diesmal wurde ich von der Türklingel geweckt. Verschlafen blinzelte ich vor mich hin und wartete darauf, dass dieser störende Ton endlich aufhörte und Billy zur Tür gegangen war. Aber dann erinnerte ich mich daran, dass der heute noch mit Charlie zum Angeln hatte fahren wollen und stöhnte niedergeschlagen auf. Schwerfällig schleppte ich mich aus meinem Zimmer durch den Flur zur Haustür. Ein letztes Mal rieb ich meine Augen, da noch immer alles etwas verschwommen aussah, dann öffnete ich. ...und wäre dabei beinahe nach hinten umgekippt, wenn mich meine Beherrschung nicht wach gerüttelt und mir leise ins Ohr geflüstert hätte, wer da stand. Keine nervende Renesmee, kein ernüchternder Sam, kein störender Vampir, kein gar nichts. Nichts davon, nein. Denn es war das Mädchen. Das eine Mädchen, das ich nun seit Tagen erfolglos suchte und suchen ließ. Das Mädchen, welches mir nicht aus dem Kopf ging und nun schon länger jede Nacht meinen Schlaf stahl. Genau dieses Mädchen. Da, dort stand sie, gerade mal zwei Meter von mir entfernt und mit nur einem Schritt erreichbar. Die Augen ebenso gelb wie in jener Nacht, die Kleidung gewohnt dunkel, die Haare kurz und schwarz und ganz glatt. Und sie lächelte tatsächlich, wenn auch ein wenig unsicher. Ich fragte mich wie mein Gesichtsausdruck wohl jetzt aussehen würde, aber ehrlich gesagt wollte ich es dann doch nicht wissen. Völlig verwirrt und verdutzt musterte ich sie von oben bis unten und versuchte festzustellen, ob ich träumte. Denn ich hatte mit jedem, absolut allem gerechnet, ...außer mit ihrem Besuch. Nicht einmal damit, sie jemals wiederfinden zu können oder sie überhaupt wiederzusehen.

„Hallo.", sagte sie deutlich, aber durch ihre geringe Lautstärke nur schwer verständlich. Diese Begrüßung klang aus ihrem Mund so fremd, selbst wenn sie für mich eigentlich ganz gewöhnlich war. Als mein suchender Blick den ihren traf, wich sie schnell aus. Ich versuchte vergeblich, das Gefühl zu ermitteln, welches mich packte. Das Gefühl, das meinem Herz ein neuer Rhythmus gegeben worden war und dass es sich damit wohler fühlte, als jemals zuvor.

„Jacob Black.", versuchte ich, die merkwürdige Stille zu durchbrechen, die sich kurzerhand zwischen uns ausgebreitet hatte. Warum in aller Welt war sie hier? Woher wusste sie, dass ich es war, der nach ihr suchte? Wie hatte sie mich überhaupt gefunden? Diese Fragen hallten durch meinen Kopf, doch sie verloren immer weiter an Wichtigkeit, als ich sie meinen Namen wiederholen hörte: „Jacob also." Sie sah auf den Boden, dann wurde ihr Lächeln sicherer. Sie kam einen halben Schritt auf mich zu und gab mir die Hand: „Jessica Lesotho." Ich nahm ihre Begrüßung entgegen und griff vorsichtig nach ihrer Hand, um sie leicht zu schütteln. Ihr anfangs lockerer, eher zurückhaltender Griff festigte sich schnell und bald schon fühlte sich meine Hand von der weichen Haut mit den Stahlknochen darunter irgendwie gequetscht an. Es war nicht unbedingt ein unangenehmes Gefühl, aber besonders empfehlenswert war es auch nicht. Aber bei dieser Berührung spürte ich ihr Blut, wie es deutlich und schnell durch ihre Adern gepumpt wurde. Die unregelmäßigen Schübe, die sich am Druck meines Fingers vorbeischlängelten, machten mir Hoffnung und ich fragte mich, ob es genau das war, was sie damit hatte bezwecken wollen. Ob sie mir zeigen wollte, dass sie nicht war, wonach ich suchte, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie wusste, weshalb genau ich das eigentlich tat. Sie sah die Erkenntnis in meinen Augen und ließ mich los, einzig die Erinnerung an die laue Wärme ihrer Haut blieb zurück, die nicht viel kälter gewesen war als meine. Sie war kein Vampir, eine Tatsache, die mich glücklicher denn je machte. Und dann überraschte mich mein Körper erneut - automatisch, ganz ohne mein Zutun, atmete ich tief ein, weil ich es riechen wollte. Das, was ich in dieser einen Nacht gerochen hatte. Das harmonische Zusammenspiel dieses unheimlich süßen und zugleich bitteren Geruchs wie er sich, diesmal nicht mit dem Wald, sondern mit ihrem Blut paarte und vollständig damit zu verschmelzen schien. Niemals hatte ich etwas Vergleichbares gerochen, einer der Gründe, weshalb ich sie trotz meines wölfischen Instinktes niemandem zuordnen konnte.

Daylight - Bis(s) zur letzten Sekunde [The Twilight Saga]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt