Kapitel 36-1

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36. Gegenstücke - TEIL 1


Was zuvor geschah...

Jasper weihte uns in sein Wissen über das Mädchen ein, das er als Jessica Lesotho kannte. Er hatte sie zu Zeiten der Neugeborenenkämpfe kennengelernt, sie trainiert und Interesse für ihr Können entwickelt. Auch und vor allem, da sie wohl ebenfalls eine Gabe besaß, wie es bei einigen wenigen Vampiren der Fall war. Zwar vermutete er ein Schutzschild dahinter, da sie gegen die Fähigkeiten anderer Vampire immun schien, doch die genaue Wirkungsweise hatte er nie ergründen können. Währenddessen sich bei uns Unglauben und Verunsicherung ob dieser außergewöhnlichen Geschichte breit machte, offenbarte Jasper jedoch noch eine weitere Besonderheit; der Grund, weswegen man sie das Teufelsmädchen nannte: denn sie vereinte zwei verschiedene, einander entgegen gesetzte Wesen in ihrem Körper.


„Ein Halbvampir?", fragte Carlisle, und Emmet schlug beinahe die Hände über dem Kopf zusammen: „Natürlich! Wieso sind wir darauf nicht früher gekommen?" Es gab nur einen einzigen Grund, weshalb wir darauf nicht viel früher gekommen waren: weil es nicht stimmte. Weil Renesmee so viel näher an der Realität gelegen hatte, als jeder hier, und weil sie es selbst aus erster Hand erfahren hatte. Weil sie gesehen und gespürt hatte, dass dieses Mädchen anders war. Und das war sie in der Tat.

„Sie ist kein Halbvampir.", schlussfolgerte ich also: „Zumindest nicht in diesem Sinne, wie wir es kennen. Ein Elternteil ist ein Vampir, der andere ein Mensch. Aber nicht irgendein Mensch, sondern ein Mitglied des Quileute-Stammes." Sie trug gewissermaßen drei verschiedene Rassen in sich, eine menschliche, eine wolfsähnliche und eine vampirähnliche. Nur wie war das möglich? Und konnte sie sich willentlich für eine dieser drei entscheiden? War sie womöglich mehr Vampir, und dafür weniger Mensch? Oder stolperte sie wahllos zwischen allen dreien umher?

Carlisle, Esme, Emmet und auch Rosalie warfen mir unergründliche Blicke zu, als könnten sie diesem Gedankensprung entweder nicht folgen oder nicht glauben, was ich da von mir gab. Zugegeben, es fiel mir schwer, mir selbst all das zu glauben.

„Sehr gut.", lobte Jasper und setzte ein eher zwiespältiges Lächeln auf: „...aber dennoch nicht ganz richtig. Es handelte sich bei einem Elternteil nicht nur um ein Mitglied des Stammes, sondern um einen Werwolf. Folglich ist sie zur Hälfte Vampir, zur anderen Hälfte Wolf." Und in keiner Hinsicht menschlich. War es das, was er damit sagen wollte? Das wäre...

„Sie trägt das Zeichen als Teil des Rudels, und sie kann sich in einen Wolf verwandeln. Sie ist ebenso ein Werwolf wie jeder von ihnen. Jedoch ist sie zur gleichen Hälfte Vampir und besitzt eine voll einsatzfähige Gabe; auch ihre Augen beweisen, dass sie ein Mischwesen ist."

Ich versuchte zu verstehen, wie genau es dazu hatte kommen können. Natürlich, Renesmee hatte ebenso wundersam ihren Weg in dieses Leben gefunden, doch... Ich war nicht die Einzige, für die das unbegreiflich schien: „Das ist -"

„Unmöglich?", fragte Jasper: „Ja. Eine Abscheulichkeit? Ebenso. Aber es ist wahr. Und es geschah wohl auf dieselbe Weise, wie auch meine Nichte zur Welt kam." Esme schüttelte stumm den Kopf, während Carlisle völlig fassungslos zu sein schien. Erst dachte ich, er würde ebenfalls keine Worte finden, doch ich täuschte mich.

„Ich hätte eine andere Beschreibung für dieses fürwahr groteske Wesen gewählt, aber es muss stimmen. Sie trägt das Tattoo, ihr Geruch ist nicht eindeutig zuzuordnen, wie auch ihr gesamtes Auftreten...ihre Stärke, ihre schiere Andersartigkeit..."

Emmet starrte in die Runde, und sein Anblick verriet, dass nicht viel mehr hinter seiner folgenden Aussage stecken konnte, als in den vorherigen: „Das soll eine Geburt gewesen sein? Wenn es schon kaum möglich ist, einen Halbvampir - das, also ehrlich, das ist doch nicht wahr! Soll das heißen, dieses kleine Mädchen ist uns überlegen? Jedem von uns?" Man konnte nicht davon ausgehen, dass Renesmees Geburt eine Geschichte war, die sich zu Tisch gut erzählen ließe. Ich konnte nur mutmaßen, dass es in diesem Fall ähnlich vonstatten gegangen war. Wenn nicht, so war deren Mutter nur zu bedauern...oder längst tot. Doch auch, wenn Emmet sich nicht damit abfinden konnte, war ich mir bereits wohl bewusst, dass selbst in einem Finger dieses Mädchens mehr Kraft steckte, als in beiden von Emmets muskelbepackten Armen.

Daylight - Bis(s) zur letzten Sekunde [The Twilight Saga]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt