Kapitel 16-2

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16. Ich schaffte es nicht mal, aufrecht zu stehen! Und jetzt sollte ich mich auch noch an die schönsten Tage mit meinem Vater erinnern? - TEIL 2


Was zuvor geschah...

Gegen meinen Willen brachte Jess mich dazu, mit ihr einen Spaziergang zu unternehmen - sie ließ mir schließlich keine Wahl. Am Strand bat sie darum, ich solle doch mein Versprechen einlösen und mit ihr darüber sprechen, was in meinem Kopf vorgehe. Allerdings wollte ich mich darauf nun wirklich nicht einlassen. Eine Tatsache, die sie wie immer nicht einfach akzeptierte. Und auf meine Aufforderung hin, sie solle mir Beweise geben, dass ich nicht schuld an Billys Tod war, entschied sie schlicht, eine Untersuchung durch Ärzte anzuordnen. Im Gegenzug verlangte sie ein offenes Gespräch. ...und ich stimmte zu. Keine Sekunde später kam sie zur Sache. Wir redeten darüber, wie ich sie und Dad im Stich gelassen hatte und dass nicht nur ich allein dafür verantwortlich war. Und weil ich es nicht länger ertrug, entschuldigte ich mich bei ihr, dass ich sie in Gefahr gebracht hatte. Darüber hatte sie jedoch schon hinweggesehen. Stattdessen fragte sie, was es denn wäre, das ich fühlte, das mich dazu brachte nichts als das Ende zu sehen.


„Ich weiß nicht, was ich fühle."

Wir wurden langsamer und blieben schließlich stehen. Jess fasste meine Hand stärker und fing mich mit ihren Augen: „Was hast du gefühlt, als du ihn hast liegen sehen? Als du bemerkt hast, dass es zu spät war?" Dafür gab es keine Worte.

„Was hast du gespürt in dem Moment, in welchem du dir dieses Messer in den Körper gerammt hast? Hat es dich...befriedigt? Hat es dir gegeben, was du brauchtest? War es aufregend, das Warten auf den erlösenden Schuss? Was...hast du gefühlt, als ich dich umarmt habe?" Sie fegte jeden noch vorhandenen Gedanken aus meinem Kopf und klärte meine Sicht, unsere Hände waren zwischen unseren Körpern. Ich fühlte ihren Puls unter meinen Fingerkuppen, hörte ihr Herz pumpen und wünschte mir, auch Billys Herz hätte so schlagen können. Ich wollte, ich hätte auch unter seiner Haut den Puls gespürt. Was würde ich dafür geben, dass es so gewesen wäre? Dass er einfach aufwachte und mich ansah und mich fragte, ob ich noch bei Trost war, ihn in dieser Frühe zu wecken?

„Ich verdiene...den Schmerz.", flüsterte ich, wie in Trance. Es war die Wahrheit.

„Was?"

Sie fasste wieder mein Gesicht, so wie an diesem Morgen; sie zwang mich, in ihre stechenden Augen zu sehen. Sie wollte in meine Seele blicken - etwa, um all das zu sehen? Die ganze Dunkelheit? Die Angst, dass ich tatsächlich seinen Tod verschuldete? Die Angst, dass ich wieder falsch handelte und dass noch irgendwer starb, ohne dass ich mich verabschieden konnte? Ich durfte das nicht zulassen, ich könnte das nicht ertragen. Wie sollte ich noch einen solchen Verlust hinnehmen? Wer war der nächste, der in meinen Armen starb?

„Ich muss es spüren, den Fehler, dass ich falsch gehandelt habe...ich muss es einfach fühlen, ich muss büßen, ich -", meine Stimme brach, wie auch mein Herz. Schon wieder weinte ich.

„Oh, Jake."

Jess nahm mich noch einmal in ihre schützenden Arme, verwöhnte mich mit ihrer Nähe, obwohl ich Schmerz und Hass verdiente. Alle vergaben mir, alle konnten über meine Fehler hinweg sehen, aber...aber ich nicht. Wie sollte ich auch? Wie sollte ich jemals vergeben, ihn im Stich gelassen zu haben? Wie konnte ich? Ich war in der Lage, die Last eines Todes auf meinen Schultern auszuhalten, schließlich musste ich auch das Sterben meiner Mutter verschmerzen. Aber ich konnte nicht die Schuld an einem Tod tragen, nicht am Tod meines Vaters. Mochte mich der Tod ebenfalls holen. Wenn nicht im Eintausch, dann als Wiedergutmachung. Als Bezahlung. Für Dummheit. Kindliche, unnötige Dummheit. Und das, obwohl sie soviel besser war als ein Verstand, der all das begreifen konnte und über mich richtete und mich erst verstehen ließ, was all das bedeutete.

Daylight - Bis(s) zur letzten Sekunde [The Twilight Saga]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt