Kapitel 35-2

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35. Jessica Lesotho - TEIL 2


Was zuvor geschah...

Jasper weihte uns in sein Wissen über das Mädchen ein, das er als Jessica Lesotho kannte. Er hatte sie zu Zeiten der Neugeborenenkämpfe kennengelernt, als seine Führerin, Maria, sie zu ihnen brachte und Jasper damit beauftragte, sie zu trainieren. Seine Abneigung ihr gegenüber aufgrund ihrer Andersartigkeit - man nannte sie wohl das ‚Teufelsmädchen' - wandelte sich jedoch bald in Neugierde und Stolz. Jasper war interessiert in ihre Herkunft und wie sie derartige Kräfte erlangt hatte, dass sie Marias Streitmacht jedes Mal den Sieg bringen konnte und diese damit zur gefürchtetsten Armee im Süden aufstieg. Doch er schaffte es nie, sie zum Sprechen zu bewegen.


Hätte ich gewusst, dass Jasper in diesem Maße ausholen würde, dass seine Geschichte nicht gestern begann oder vielleicht vor zehn Jahren. Und dass es sich dabei nicht um eine zufällige Beobachtung, eine nichtssagende Begegnung mit einem begabten Kind oder dessen Eltern handelte. ...ich hätte mich definitiv dafür gewappnet. Denn er setzte an einer Stelle an, die ich niemals auch nur annähernd als Ursprung des heutigen Geschehens ausgemacht hätte. Wie könnte ich auch? All meine Annahmen, all die Aussagen, auf die ich mich hätte vorbereiten können, weil sie im Bereich des Möglichen waren, wären falsch gewesen. Denn mir schien, als länge nichts von alledem in einem erkennbaren, auszumachenden Rahmen, sondern ging über jedermanns Horizont hinaus. Wenn er denn recht hatte und stimmte, was immer er sagte, so musste ich davon ausgehen, dass wesentlich mehr Dinge zwischen damals und heute lagen, als ich mir ausmalen könnte. Und dass noch so vieles davon im Dunkeln lag, dass kaum zu begreifen war, was noch enthüllt werden würde. Oder was und wie viel davon Jasper selbst zum Besten geben könnte. Geschweige denn, wie diese Aussagen und daraus folgende Entwicklungen alles Leben, wie ich es kannte, beeinflussen, verändern oder sogar zerstören würden.

Als daraufhin ein schallendes Lachen ertönte, war es, als hätte man meinen Gedankenstrang rigoros mit einer Schere durchtrennt. Ich hatte keinen Anhaltspunkt mehr, zu welcher Erkenntnis ich gekommen war. Emmets Lachen entwickelte sich erst nach und nach zu einem belustigten Schnauben: „Dieses kleine, zarte Mädchen soll euch alle Siege gebracht haben?" Ich verdrehte unvermittelt die Augen.

„Die würde ich mit links nehmen! Jasper, tut mir leid, aber das ist einfach nur völliger Quatsch...gut, sie hätte Edward fast gekriegt. Aber mal ehrlich, wer von uns könnte das nicht?"

Wenn es an mir gewesen wäre, sie zu beschreiben, dann hätte ich sie vor allem als unscheinbare, aber muskulöse, sehnige und strenge, junge Frau bezeichnet. In meinen Augen war nichts an ihr zart; sie wirkte nicht, wie Renesmee wirkte, die als glatter Gegensatz dazu etwas Unschuldiges, Liebenswertes ausstrahlte. Es blieb offen, ob Emmet diese Angelegenheit ins Lächerliche zog, weil er schlichtweg nicht glauben konnte, was das bedeuten könnte. Oder weil er nicht wusste, was es überhaupt bedeutete. Esme schien ihn gar nicht bemerkt zu haben, denn sie stammelte ein leises: „Das ist unmöglich."

„Ich meine, sie kann nicht mal unsere Gedanken lesen, wie Edward es kann.", fuhr Emmet unbeirrt fort, während Carlisle über etwas brütete, das mir wesentlich mehr Sorgen machte. Auch Jasper meldete sich zu Wort, wenn auch zu zurückhaltend, als dass es jemandem aufgefallen wäre: „Ich war noch nicht fertig."

„In dem Moment, in dem es mir von Nutzen gewesen wäre, konnte ich genau das nicht. Stattdessen fühlte es sich an, als wüsste sie, was ich im Begriff war zu tun."

Edward mischte sich ebenfalls in dieses Gespräch ein, und ich ahnte, dass eine weitere hitzige Debatte entstehen würde, die zu keinem Ziel führte. Nur schien dies nicht allen bewusst, wie Emmet daraufhin bewies: „Blödsinn! Deine Gabe hat sich verabschiedet, und soll ich dir sagen, warum? Sie ist ein Wolf, keine Frage, also kann sie keine Fähigkeiten haben. Aber wenn ihr meine Theorie wissen wollt: diese Hunde haben sich Verbündete gesucht, und zwar niemand geringeren als unseresgleichen. Vampire." Er schien mächtig stolz auf diesen unsinnigen Einfall. Umso zufriedener war ich, als Carlisle einschritt, auch wenn ich von ihm etwas anderes erwartet hätte: „Es gibt keinen Grund für sie, sich derartige Unterstützung zu suchen. Sie haben keine bösen Absichten, das hatten sie nie, und ich weigere mich, das zu glauben."

Daylight - Bis(s) zur letzten Sekunde [The Twilight Saga]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt