Kapitel 34-1

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34. Herzschmerz - TEIL 1


Was zuvor geschah...

Nachdem Edward von Jacobs kämpferisch begabter Begleitung namens Jess beinahe getötet worden wäre, stellte sich für uns alle die Frage, was genau sie war und wie es dazu hatte kommen können, dass die Werwölfe uns derart anzweifelten. Um die Angelegenheit zu klären, kamen wir wieder zu einer Besprechung zusammen; es folgten gegenseitige Anschuldigungen und eine handfeste Diskussion, der es nur an einem fehlte: Gewissheit. Wir konnten uns nicht sicher sein, warum Jacob den Vertrag aufkündigte und wer oder was Schuld an diesen Leichenfunden trug, ganz zu schweigen davon, welche Funktion das Mädchen im Stamm erfüllte und ob sie als eine Gefahr einzustufen war. Es blieb ebenfalls offen, wie es ihnen möglich gewesen war, unsere Fähigkeiten allesamt auszuschalten...oder hatten die Werwölfe vielleicht jemandes Hilfe erhalten?


„Hilfe von wem? Von weiteren Vampiren? Und ich schätze, deiner Meinung nach wollen sie genau deshalb, dass wir uns aus ihren Angelegenheiten heraushalten?", fuhr ich sie etwas lauter an als notwendig. Doch diese Vorschläge uferten ins Absurde aus und außer mir schien das niemandem bewusst zu sein.

Daraufhin erntete ich einen bissigen Blick von ihr, doch sie verkniff sich jeden weiteren Kommentar. Ich konnte auf diese nichtsnutzigen Spekulationen getrost verzichten. Es gab schließlich weitaus wesentlichere Dinge, die zu tun waren. Ich erhob mich: „Gebt mir bescheid, wenn ihr mehr wisst. Ich kümmere mich um Renesmee."

Dass sie mein sanftes Klopfen vollkommen ignorierte, zeigte mir, worauf ich mich einstellen musste.

„Renesmee, Schatz?", fragte ich vorsichtig, doch sie reagierte nicht darauf. Stattdessen glaubte ich, die Lautstärke der Musik schwoll weiter an.

Mit einem tiefgründigen Seufzen ergab ich mich meinem Schicksal, machte mich auf grundlose Anschuldigungen, viele Tränen und eine Geschichte gefasst, mit der ich so nicht gerechnet hätte, und trat ein.

Renesmee saß auf ihrem Bett, hatte die großen Fenster allesamt geöffnet und badete in einem Meer aus seichtem Nebel, der von draußen hereingezogen war. Mir schlug ein durchdringender Geruch von Nadeln und Rinde entgegen. Sie hatte mir den Rücken zugewandt und sagte wie erwartet kein Wort, sondern lauschte den weichen Klängen von Debussy. Dass sie Edward so viel ähnlicher war als mir, zeigte sich immer öfter. Nur wenn ich in ihre wunderbaren Augen sah, erkannte ich mich selbst darin. Oder mehr noch, die Bella von früher. Ein tollpatschiges wie liebenswürdiges Mädchen, das diese Welt unlängst verlassen hatte.

„Wie fühlst du dich?", fragte ich, obwohl ich mir die Antwort darauf selbst hätte geben können. Sie blieb stumm und beobachtete, wie sich die Baumkronen im Wind wogen. Vielleicht wartete sie auch einfach darauf, dass Jacob irgendwo zwischen den Bäumen auftauchte und sie holen kam, um ihr zu sagen, dass er es nicht so gemeint hatte. Etwas anderes könnte ich mir im Moment nicht vorstellen. Er war so sehr in sie verliebt.

Wusste sie, dass er nicht wiederkommen würde? Glaubte sie, dass es das nun gewesen war? Ihr Verhalten ließ genau das vermuten. Nur konnte es unmöglich stimmen.

Ich setzte mich zu ihr, streichelte mit der Hand über ihren Rücken, da zog sie sich verkrampft zurück. Als ich daraufhin ihr Gesicht sah, war es, als ginge all ihr Leid mit einem Schlag auf mich über. Ihre Augen waren verweint, ganz und gar rot und ohne jedes Leben. Ihre Wangen trugen nichts als frische Spuren salziger Tränen, schwarz gerändert und wie eingebrannt in ihre Haut. Ich nahm sie in die Arme, weil ich nicht ertragen konnte, sie noch länger so zu sehen. Erst jetzt schien mir wahrlich bewusst, wie verletzt sie war und wie zerstört. Und dass so viel mehr zwischen Jacob und ihr lag, als ich es mir hätte erträumen können.

Daylight - Bis(s) zur letzten Sekunde [The Twilight Saga]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt