Kapitel 1-2

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1. Lassen sich Werwölfe eigentlich auch zähmen? - Das war mein erster Gedanke, als ich mich im Sprung meiner Wolfsgestalt hingab. - TEIL 2


Was zuvor geschah...

Ich stieg auf das inzwischen schon fast vollständig eingerostete Motorrad aus Zeiten, in denen ich und Bella noch menschlich waren, welches schon viel zu lange einwandfrei lief. Irgendwann würde ich mir die Zeit nehmen, es zu restaurieren, insofern das noch möglich war. Vielleicht dann, wenn Renesmee Hauserrest bekam, weil sie sich zu oft mit mir getroffen hatte, aber selbst dann würde ich mich ausschließlich damit beschäftigen, einen Weg zu finden, wie ich trotzdem bei ihr sein konnte. Es würde also nichts passieren, bis es wirklich einmal nicht mehr funktionierte. Sie setzte sich hinter mich und schlang die Arme um meinen Bauch. Ich gab Vollgas und wir fuhren über den vom Regen matschigen Waldweg zurück auf die Straße.


Nessie hatte den Kopf auf meine Schulter gelegt und betrachtete die Landschaft, wie sie an uns vorbei flog. Sie sagte die ganze Fahrt über kein einziges Wort, etwas, das so ganz und gar nicht zu ihr passte. Aber auch ich sagte nichts, stattdessen lauschte ich ihrem steten Herzschlag. Badum-Ba-Badum-Dum-Badum-Ba... Es war der Rhythmus meines Lebens, das, nachdem sich alles ausrichtete. Ihr Herzschlag ließ mich immer wieder vergessen, dass sei mehr als nur ein Mensch war. Dass sie auch zur Hälfte Vampir war.

Als ich die Straße zu mir einbog, rutschte Nessie hinter mir ein Stück näher an mich. Ich fuhr ein paar Meter auf die Wiese, hielt vor dem Haus und wartete, bis Renesmee absprang. Dann stieg ich ab und stellte den Motor aus. Nessie legte die Arme um mich und sofort war ich abgelenkt. Sie küsste mich flüchtig. Ihre großen, milchbraunen Augen sahen mich eindringlich an.

„Ich hab' Lust auf einen Film.", flüsterte sie und brachte mich damit erneut zum lächeln. Langsam beugte ich mich vor und stupste ihr Ohrläppchen an. „Okay.", hauchte ich zurück und nahm ihre Hand, um mit ihr nach drinnen gehen, wo wir uns an Billys prüfenden Blicken vorbei stahlen. Sie setzte sich im Wohnzimmer auf das Sofa und nahm sich einen Film von dem riesigen Stapel auf dem Boden, der dort schon seit dem einen Tag lag, an dem Nessie mir gesagt hatte, dass sie mit mir zusammen sein wollte. Dass sie eine Beziehung führen wollte, die nicht länger freundschaftlich oder geschwisterlich war. Allein der Gedanke daran, machte mich einfach nur glücklich und ich sah mir den Film, den sie herausgesucht hatte, nicht einmal an, sondern legte ihn einfach ein. Dann ließ ich mich neben ihr nieder und legte ihr den Arm um die Schultern, während sie sich an mich kuschelte. Ich hatte kein besonders großes Interesse an Filmen, wenn ich ehrlich war. Aber was Nessie Freude bereitete, bereitete auch mir Freude. Den letzten hatte ich mit Bella und ihrem Weichei-Freund angesehen. Wie war doch gleich sein Name gewesen? ...Miguel? Für solche unwichtigen Dinge hatte ich allein keine Lust. Immerhin waren Filme keine Wirklichkeit, sondern nur ein simpler Zeitvertreib, bei dem man nicht mal einen Finger krumm machen musste, außer natürlich, die Fernbedienung war zu bedienen. Seit meiner Verwandlung verbrachte ich sowieso die meiste Zeit zusammen mit meinen Brüdern oder mit meiner Arbeit. ...oder mit Nessie. Also lauschte ich ihrem Atem und betrachtete dazu das Bild im Fernsehen. Ich verstand nicht einmal, wovon dieser Film überhaupt handelte, aber Nessie hatte sichtlich Spaß. Ein paar Mal lachte sie leise oder sie sah mich an. Dann erwiderte ich ihren Blick und wir betrachteten uns einen Moment lang einfach nur. Ich atmete ihren Geruch ein und fragte mich zum x-ten Mal, nach was genau Nessie eigentlich roch. Vor allem ihr Blut stach hervor, aber da war auch etwas leicht süßliches, das die ganze Mischung überraschend angenehm machte. Ich könnte den ganzen Tag über nur so da sitzen und wäre glücklich.

Es war bereits einige Zeit vergangen, als ich mich zu ihr drehte und bemerkte ich, dass sie schlief. Der Fernseher war aus. Irritiert sah ich auf die Uhr. Es war halb drei, nachts. Ich versuchte, ruhig zu bleiben, erinnerte mich aber immer wieder an das letzte Mal, als ich Nessie viel länger bei mir behalten hatte, als abgesprochen. Das war jetzt bestimmt fast drei Jahre her. Damals hatte Bella mir eine ellenlange Standpauke gehalten und sogar verboten, Nessie jemals wieder mit in einen Freizeitpark zu nehmen. Aber wenn ich so darüber nachdachte, musste ich doch feststellen, dass diese ganze Situation eigentlich vollkommen harmlos gewesen war. Ehrlich gesagt fand ich regelrecht lachhaft, wie Bella überreagiert hatte, von Edward ganz zu schweigen. Ich sah das alles jetzt nicht mehr so eng, schließlich war Nessie beinahe erwachsen. Sollten diese Blutsauger sich doch schwarz ärgern! Ich sorgte mich nur darum, dass ich Nessie auch weiterhin sehen konnte, wer weiß, was sie sich diesmal ausdachten. Schnell befreite ich mich von ihrer Umklammerung und schob meine Arme vorsichtig unter ihren Körper. Dann trug ich sie in mein Zimmer und legte sie auf das inzwischen größere und geräumigere Bett, welches ich mir selbst mithilfe meines Jobs in einer kleinen Werkstatt in Forks, in der ich drei Mal pro Woche arbeitete, verdient und gekauft hatte. Sie gehörte Mr. Stephens, dessen Sohn Ryan Mitglied meines Rudels und einer von Seths engsten Vertrauten war. Ich konnte mit ihm allerdings weniger anfangen, er war mir etwas zu aufgedreht. Vorsichtig schob ich mich neben sie auf die Matratze und schloss die Augen. Im Stillen betete ich aber für Bellas Gnade, so dumm das auch klingen sollte, denn ich hatte wirklich keine Ahnung, wie ich es auch nur einen Tag ohne Nessie aushalten sollte.

Nessie lag seelenruhig schlafend neben mir, ab und zu seufzte sie leise und bewegte sich. Ich richtete mich auf und küsste ihre Stirn, während ich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr schob. Ihre Wimpern fingen an zu flattern und sie öffnete die Augen, um mich verträumt anzusehen.

„Jake?", fragte sie verwirrt. Dann setzte sie sich auf und rieb sich die Augen. Es dauerte einen Augenblick, bis sie begriffen hatte, was passiert war: „Nein, oder?", stöhnte sie und versteckte ihr Gesicht hinter ihren Händen. Mein Blick fiel zum Fenster und ich stieg vom Bett. Pünktlich wie die Uhr, dachte ich, als ich Edwards Geruch durch das offene Fenster bemerkte.

„Warum hast du mich nicht geweckt?"

Nessie grummelte leise und am liebsten hätte ich mich direkt wieder zu ihr gelegt, aber bevor ich auch nur die Gelegenheit dazu bekam, klingelte es an der Tür. Nessie erstarrte, woran auch mein verschmitztes Lächeln nichts mehr ändern konnte: „Du wärst nicht gerade froh darüber gewesen, mitten in der Nacht geweckt zu werden, glaub mir.", erwiderte ich schnell, dann erhob ich mich, ging zur Tür und öffnete.

„Guten Morgen, Jacob. Ich wollte Renesmee abholen.", sagte Edward ruhig, doch mir kam es vor, als würde es sicher über mich lustig machen. Wahrscheinlich malte er sich in Gedanken schon aus, wie Bella mich diesmal verprügeln würde. Wir beide wussten, dass sie ziemlich schroff sein konnte, wenn es um Nessie ging. Er lächelte, was mich zum schlucken brachte. Meine Kehle war erstaunlich trocken.

„Ich hoffe, es macht dir nichts aus..."

„Nein, natürlich nicht.", fiel ich ihm fast ins Wort: „Renesmee?"

Ich hörte, wie ihre Schritte hinter mir immer näher kamen. Auch, wenn sie gewusst hatte, wer da stand, tat sie so, als wäre sie gerade von der Klingel aus dem Schlaf gerissen worden. ...was völlig sinnlos war, denn er wusste ja sowieso schon alles.

„Hi, Dad. Sorry, aber wir haben gestern wirklich die Zeit vergessen. Hat Mom dich geschickt?"

Ihre zuckersüße Stimme brachte mein Herz dazu, wild zu klopfen. Meine Nessie...

„Keine Sorge, wir dachten uns schon so etwas in der Art. Du hättest dich trotzdem melden können.", antwortete er mit ungewöhnlich wenig Schärfe in der Stimme. Vielleicht hatte ich ja Glück und inzwischen war Gras über diese Sache gewachsen. Nessie und ich tauschten schnell einen Blick, wir beide konnten ihm nicht wirklich glauben. Auch, wenn wir uns eigentlich nicht wundern dürften, denn Edward war schon immer nachgiebiger gewesen, wenn es um Besuchszeiten und Erziehung ging. Das war beruhigend, denn Bella war eine typische Mutter, ängstlich und bei allem sofort misstrauisch.

„Gut.", sagte sie dann und drückte ihm eine kleine Tasche in die Hand. Sie gab mir noch einen Kuss auf die Wange und flüsterte mir ein fast unhörbares ‚Bis bald.' ins Ohr, bevor sie sich mit Edward auf den Weg machte. Ich stöhnte, schloss die Tür von außen und rannte in den Wald, wo ich mich auszog und meine Hose mit dem Gummiband zusammenknotete.

Dann verwandelte ich mich und nahm das Päckchen ins Maul. Ich grub meine Krallen tief in die Erde und schoss davon.

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Daylight - Bis(s) zur letzten Sekunde [The Twilight Saga]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt