Kapitel 24

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"Die haben gar nichts bemerkt", grinste ich und lief an ihm vorbei, nicht ohne ihm mit meinem Finger an die Nase zu stupsen. 

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Es war komisch. Beziehungsweise er war komisch.

Ich rief an - er hob nicht ab.

Ich schickte eine Nachricht - er antwortete nicht.

Ich klingelte an der Tür - er machte nicht auf.

Wie gesagt: komisch.

Ob ich mir Sorgen machte? Ja.

Aber heute war wieder Montag, das hieß, ich sah ihn in der Schule. Ich ging nicht davon aus, dass er mich abholen würde, also war ich allein auf dem Weg.

Irgendwann kam Lisa gut gelaunt von hinten angerannt, mit den Worten, sie hätte mich von Weitem gesehen und wäre einfach nur los gelaufen. Ich lächelte nur.

Auf die Frage wo Julian sei, zuckte ich nur unwissend mit den Schultern.

"Habt ihr euch schon wieder gestritten? Ich dachte das hätte aufgehört!", stöhnte sie gequält auf.

"Wenn wir uns gestritten haben oder er sonst irgendein Problem hat, dann würde ich das gerne wissen. Er hat sich weder selbst gemeldet, noch auf etwas von mir reagiert", erklärte ich.

"Aber war nicht das Familienfest am Samstag? Ist da was schief gelaufen?", hakte sie nach.

"Nein, es hätte nicht besser laufen können."

"Mmh", machte sie nur und lief dann Lippen kauend neben mir her.

Ich hatte schon längst aufgehört, mir Gedanken darüber zu machen, was er denn haben könnte. Oder was ich gemacht habe. Es würden nur die verrücktesten Theorien ausgemalt werden, über die ich keine Sekunde nachdenken wollte.

Wie zu erwarten saß Julian auch nicht an unserem Platz in der Schule. Zum Glück sprach mich nur noch Daniel darauf an, ich gab ihm ähnliche Antworten wie Lisa.

Als er auch nicht zum Unterricht erschien, wurden meine Sorgen immer größer. Er war nicht der Typ von Mensch, der einfach mal so die Schule schwänzte. Irgendwas war passiert, und dass ich es nicht wusste, machte mich rasend und gleichzeitig traurig.

Meine Konzentration war bei null. Der Lehrer redete und redete, ich kritzelte undefinierbare Zeichnungen in mein Heft und meine Gedanken gehörten ganz meinem Freund, der jetzt was weiß ich machte und wo weiß ich war.

In der zweiten Stunde, wir hatten zwischendrin Klassenzimmer gewechselt, klopfte es einmal an der Tür und vor lauter Hoffnung ließ ich meine Federmappe, die ich eben in der Hand hielt, fallen und der ganze Inhalt verteilte sich am Boden. Jedoch war es nur eine Fünftklässlerin, die ihre Jacke in dem Raum vergessen hatte.

Ich brauchte Julian. Und zwar sofort.

Nach dem Klingeln zur Pause schlurfte ich unmotiviert hinter den anderen her, die unseren Stammplatz aufsuchten. Dort bildeten sich wie üblich kleine Gruppen und sogleich wurde los geschnattert. Ich stand bei den üblichen Verdächtigen, Mia, Lisa, Daniel und Anna.

Ich schloss mich von Anfang an aus dem Gespräch aus, stellte mich mehr Abseits hin, jedoch immer noch im Kreis meiner Freunde, damit ich meine Ruhe hatte. Die brauchte ich dringend, da ich kurz davor war, los zu rennen und zu Julian zu laufen. Ich wusste, dass das nichts brachte, da er eh nicht aufmachte.

Nicht gesucht, aber gefunden | boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt