Kapitel 25

1.2K 54 11
                                    

Und dann war er weg und ließ mich allein.

-----

Kennt ihr das, man erkennt erst, was man hatte, wenn es weg ist?

Ich hatte Julian zwar nur zwei Wochen für mich, aber es schmerzte trotzdem.

Wie schnell diese Woche vergangen war, die letzte, in der er hier gewohnt hatte. Viel konnte wir eh nicht unternehmen, da immer noch Schule war. Unsere letzte Zeit verbrachten wir eher mit packen und kuscheln.

Ich konnte weiterhin nicht glauben, dass er weg war, auch wenn der Weg mit dem Zug machbar war. Das war zumindest das, was ich mir einredete: ich brauchte nur ein Zugticket kaufen und in circa einer Stunde stand ich vor seiner Tür. Dennoch kostete das Ganze eine Menge Geld, wenn wir uns mindestens einmal in der Woche sehen wollten.

Ich blickte dem fahrenden Auto nach, bis ich es nicht mehr sehen konnte. Und ab da wurde es komisch. Der Unterricht war anders, meine Freunde waren anders, ich war anders. Ich konnte selbst nich sagen, ob ich mir das nur einbildete, aber ich machte ein ganz schönes Drama daraus. Als ob Julian jetzt tausende von Kilometern weg wäre und ich ihn nie wieder in meinem Leben sehen würde. So war es zwar nicht, aber ich fühlte mich so.

Ich vermisste ihn.

Über Skype konnten wir uns über Wasser halten, jedoch war sehen wiederum ein ganz großer Unterschied zu anfassen.

Allerdings gab es nach einer Woche einen kleinen Hoffnungsschimmer, denn Julian hatte seinem Vater eine Jahreskarte für die Bahn erbetteln können. Das hieß, er konnte zu jeder Zeit herkommen und seine Mutter und mich besuchen.

-

"Es ist gar nicht mehr sooo schlimm."

Julian und ich waren mal wieder beim skypen, das, was ich momentan eindeutig am häufigsten machte. Es waren schon zwei Wochen vergangen und wir hatten uns einigermaßen an die Situation gewöhnt. Bis jetzt hatten wir uns seit dem Umzug noch nicht wieder gesehen, weil sein Vater ihn nicht immer lassen wollte.

Er erzählte gerade von seiner Schule und den Leuten da.

"Es scheint irgendwie so, als ob sie es vergessen hätten. Aber ich glaub eher, dass es ihnen egal ist", fuhr Julian fort.

"Ist doch besser so, dann lassen sie dich in Ruhe", meinte ich.

"Naja, mir kann es Recht sein." Ein paar Sekunden sagte er nichts. "Ich vermiss dich."

"Und ich dich erst." Verträumt strich ich mit dem Finger über mein Handybildschirm. Und da war wieder dieser Gedanke. Wie konnte man eine Person so vermissen?

"Morgen komm ich mit dem Zug, dann sehen wir uns endlich wieder."

"Ich freu mich schon auf dich. Momentan ist alles so langweilig hier. Du fehlst richtig."

"Ich wär auch lieber bei euch und vor allem bei dir, aber daran lässt sich nichts ändern. Glaub mir, ich habs probiert", lachte er. Wie ich sein Lachen vermisse.

"Julian, ich muss jetzt leider aufhören. Es ist schon zwei Uhr!"

"Hey, dann komm ich ja heute schon", grinste er.

Nicht gesucht, aber gefunden | boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt