,,Du bist sehr schweigsam." Naja ich hab Schmerzen, mir wurde gestern gegen meinen Willen meine Unschuld genommen, werde hier irgendwann festgehalten und sitze gerade neben einem Psychopathen. Was soll man da groß sagen?
,,Mmh", antworte ich nur und rücke noch ein kleines Stück weg. Zum Glück ignoriert er es.
,,Sehr warscheinlich hasst mich mich wegen gestern, stimms?"
,,Kann sein." Er geht sich seufzend durch die Haare. ,,Ich kann verstehe, dass es etwas viel auf einmal war. Weißt du, viele Frauen würden morden, um das zu bekommen, was du hier hast." ,,Sie können gerne tauschen." ,,Irgendwann wird es dir gefallen. Vielleicht noch nicht morgen, aber irgendwann. Die ersten Male sind immer schwierig. Doch wenn du endlich das machen würdest, was ich sagen, dann ist es für uns beide einfacher." Ich könnte jetzt etwas erwiedern, aber ich hab keine Lust auf Diskussionen.
,,Du bist außergewöhnlich, Jula. Deine Haare sind so weich und haben eine wunderschöne Farbe. Ebenso deine Augen. Ich habe noch nie so ein helles Blau gesehen. Du hast mich fasziniert. Von Anfang an, als du das erste Mal vor mir standest. Ich frage mich, wie sie so ein wunderschönes Mädchen einfach rauswerfen konnten." ,,Haben sie ja nicht", murmel ich leise. Fuck warum habe ich das gesagt?
,,Wie meinst du das?" ,,Nicht so wichtig." Er nickt. ,,Ich zwinge dich nicht, es mir zu erzählen." Stille breitet sich über uns aus. Stille, welche nur durch die Wassertropfen gestört wird. Ich werde aus ihm nicht schlau.Jason sitzt auf dem Boden und spielt mit einer Holzfigur, welche er von David bekommen hat. Ich muss mir etwas für ihn überlegen. Ich kann ihn nicht immer bei David unterbringen. Ein Klopfen reißt mich aus meinen Gedanken. ,,Ja?" ,,Hey. Kann ich reinkommen?" Liam steht in der Tür. ,,Klar." Er kommt zu mir und setzt sich aufs Bett. Die einzige Sitzmöglichkeit hier. ,,Geht es euch gut?" ,,Ja. Sieh dir Jason an. Es ging ihm lange nicht mehr so gut." ,,Das ist schön. Freut mich. Wie verdienst du eigentlich euren Unterhalt?"
Ich schlucke. ,,Unterschiedlich. Immer da wo Leute fehlen werde ich eingesetzt", lüge ich. Automatisch streiche ich meine Haare erneut über meine rechte Schulter, damit niemand etwas erkennt. ,,Ähm, ich müsste gleich mal mit dir reden." ,,Okay, komm einfach rüber wenn er schläft." Ich nicke. ,,So Kleiner, schlaf gleich gut, ich muss wieder los." Liam steht auf und kniet sich neben Jason. Er nickt kurz und spielt dann weiter mit dem Holzvogel. ,,Bis gleich." Liam schenkt mir ein Lächeln und verschwindet wieder. ,,Und du gehst jetzt schlafen. Morgen ist Schule." ,,Na gut. Ich stell Leia da hin", meint er und legt die Figur unter das Fenster.,,Schlaf gut, mein Kleiner."
,,Gehst du heute Abend wieder?"
,,Nein. Ich muss ganz schnell zu Liam, aber das dauert nur ein paar Minuten. Und ich warte noch bis du schläfst." Ein kleines Lächeln zieht sich über sein Gesicht und er kuschelt sich stärker in die Decke. Leise gehe ich raus und klopfe an Liams Tür. Sein Zimmer gleicht unserem extrem. ,,Wie kann ich dir helfen?" ,,Der Boss verlangt oft, dass ich spät in der Küche helfen muss. Würdest du Jason aufnehmen, wenn meine Arbeit zu lange dauert? Er ist noch so klein." ,,Natürlich. Wenn ich keinen Dienst habe, kannst du ihn immer zu mir bringen." Gerade will ich etwas sagen, als laute Sirenen mich unterbrechen. Liams Augen werden groß.
,,Wir werden angegriffen. Schnell zu Jason." Sofort rennen wir raus auf den Flur, wo Menschen die Treppen runterlaufen. Ich reiße die Tür auf und erblicke Jason, der heulend auf dem Bett sitzt.
,,Jula, ich hab Angst." ,,Alles gut." Vorsichtig umarme ich ihn.
,,Wir müssen runter", drängelt Liam ungeduldig." ,,Komm Jason." Doch er bleibt sitzten und bewegt sich nicht. Nur Schluchzer kommen aus seinem Mund. Kurzerhand nimmt Liam ihm auf den Arm. ,,Folg mir." Er rennt aus dem Zimmer. Die Flure sind bereits leer, alle sind schon weg. Laut hallen unsere Schritte im leeren Gang. Immer weiter gehen die Treppen runter, bis wir an eine große Tür kommen. Die Wachen davor mustern uns kurz und lassen uns dann rein. Ein großer, kahler Raum empfängt uns. Kleine Fenster würden am Tag ein wenig Licht reinlassen, doch Nachts ist das unmöglich. Deswegen hängen alle paar Meter Fackeln an der Wand. Viele Frauen sitzen mit ihren Kindern an der Wand. Die meisten Männer fehlen, sie müssen bestimmt bei der Verteidigung helfen. ,,Ich muss los. Hier seid ihr sicher." Liam gibt mir Jason in die Arme. ,,Pass auf dich auf." ,,Keine Angst." Er verschwindet hinter der Tür. Lange suche ich nach einem Platz, bis eine Stimme mich aufmerksam macht. ,,Jula, komm hier her." Suchend lasse ich meinen Blick durch Raum schweifen, bis ich Mascha mit David entdecke. Ich lasse Jason auf dem Boden und er rennt zu seinem Freund.Einige Zeit sitzen wir an der Wand. Da der Raum so tief liegt, dringen kaum Geräusche hier hin. Doch die Angst liegt in der Luft. Man kann sie spüren.
,,Ich suche Jula Narukta." Die dunkle Stimme hallt durch den Raum und lässt mich erstarren. Das war mein Name. ,,Geh. Ich passe auf Jason auf." Mascha legt mir eine Hand auf den Rücken. ,,Danke."
Im Raum ist es komplett still, als ich aufstehe. ,,Ich bin bald wieder da. Bleib solange bei David", flüster ich leise. Jason fängt wieder an zu schluchzen.
,,Wohin gehst du?" ,,Ich werde gebraucht. Aber ich komme wieder. Versprochen." Es zerbricht mir das Herz, ihn so zu sehen, doch was soll ich machen? Unter den Blicken aller Anwesenden gehe ich zu der Wache. ,,Mitkommen", sagt er in einem strengen Tonfall und schreitet voraus. Leises Gemurmel entsteht. Vor der Tür gehen wir den Gang nach rechts weiter. Nach ein paar hundert Metern kommt eine weitere Tür zum Vorscheinen. Dahinter befindet sich eine Wohnung, nicht groß und mit wenig Einrichtung, dennoch sieht man, dass hier Nick wohnt. ,,Der Boss möchte, dass Ihr in seinem Zimmer wartet." Er öffnet eine weitere Tür. ,,Danke."
Ich trete in das Zimmer. Ein schlichtes Bett steht im Raum und ein einfaches Regal. Sonst ist es komplett leer. Dennoch sieht das Bett bequem aus und ist bei weitem besser als die Zimmer der Clanmitglieder. Ich bin müde, doch an Schlaf ist nicht zu denken. Zu groß ist meine Angst um Jason, welcher jetzt bestimmt noch mehr Angst hat. Meine Sorge gilt auch Liam, welcher gerade um sein und unser Leben kämpft.

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Die neue Welt
RomanceWir schreiben das Jahr 2135. Es ist ein Jahrhundert her, dass der Atomkrieg begonnen hat und die Erde zerstörte. Menschen waren auf der Flucht, jede Stadt war zerstört und ein Kampf ums Überleben began. Clans bildeten sich und der Kampf geht weiter...