Die neue Welt

Kapitel 28

Seit drei Tagen ist Nicks Mutter hier. Mittlerweile habe ich auch ihren Namen rausgefunden. Gitana. Schon wenn ich an sie denke bekomme ich Gänsehaut. Wenn sie nicht gerade auf meinem Sofa schläft oder faulenzt, dann ist sie nicht aufzufinden. Warscheinlich ist sie auf irgendwelchen Fluren und nervt andere Leute. Mir solls recht sein. Dann sehe ich sie wenigestens nicht. Gelangweilt lege ich das Buch weg. Ich sollte mal wieder hier raus. Ein bisschen Zeit habe ich noch bis zum Essen, vielleicht darf ich ja zu meiner Familie.
,,Nick?" ,,Gibt es schon Essen?", fragt er überrascht und blickt von seiner Arbeit auf. ,,Nein. Ich wollte fragen, ob ich noch schnell zu Jason und Dad darf. Ich bin auch gleich wieder da." ,,Okay. Sei bitte pünktlich." ,,Natürlich. Danke."

Automatisch finden meine Beine den Weg. Am Anfang scheint es, als wäre das hier ein großes Gewirr, doch mit der Zeit erkennt man eine Struktur und einen Sinn hinter alldem. Ich biege um die nächste Ecke und werde im nächsten Moment zurückgezogen und gegen die Wand gedrückt. Sofort wird mir der Mund zugehalten und endlich erkenne ich wer da vor mir steht. Ash. Ich versuche irgendwie loszukommen und ihn zu treten, doch nichts nützt.
,,An deiner Stelle würde ich damit aufhören. Wir haben nämlich dein kleines Brüderchen in unserer Gewalt." Augenblicklich höre ich auf mich zu wehren. Jason darf nichts passieren. ,,So ist es brav. Und jetzt kommst du ohne Aufmerksamkeit zu erregen mit, sonst ist dein Bruder seinen Kopf los." Ich nicke ergeben. Er nimmt seine Hand von meinem Mund und verdreht mir schmerzhaft meine Arme auf den Rücken. Die ganze Zeit bin ich am überlegen, wie ich hier rauskomme, aber solange die Jason in ihrer Gewalt haben kann ich nichts machen. Ich frage mich, wer noch dabei ist. Ash öffnet eine Tür. Vermutlich sein Zimmer. Sofort sehe ich Jason wie er weinend in einer Ecke hockt. Doch viel schlimmer ist die Person neben ihm. Gitana. Wieso macht man sowas? ,,Da ist ja unser kleines Flittchen", lacht sie und hält Jason ein Messer an den Hals.
,,Wenn du nicht willst, dass ich das deinen Bruder durch die Kehle jage, dann mach alles was wir dir sagen, klar?" Ich antworte nicht. ,,Wie war das?", raunt Ash und zieht meinen Arm hoch. ,,Ja", sage ich mit schmerzverzehrter Stimme. Er schubst mich aufs Bett und setzt sich auf mich. ,,Jason. Mach die Augen zu. Bitte. Und dreh dich um. Dir wird nichts passieren, okay?" Jason fängt noch mehr an zu weinen, tut aber was ich sage.
Ein Klopfen von der Tür.
,,Entschuldigung, aber ist alles in Ordnung?", höre ich eine verunsicherte Stimme. Das ist meine Chance. ,,Nein", schreie ich so laut es geht. ,,Hol den Boss, schnell." ,,Halt die Klappe", zischt Ash und gibt mir eine Ohrfeige.
,,Los, hol Nick", schreie ich nochmal, bevor Ash mir nochmal eine klascht und seine Hand auf meinen Mund drückt. Grob fängt er an meine Sachen zu zerreißen.  Man hört nur das leise Geweine von  Jason, hoffentlich guckt er immer noch nicht hin. Ich will ihm das wirklich ersparen. Er soll mich nicht so sehen. Ash hat mittlerweile mein Oberteil und Bh zerrissen und fängt gierig an meine Brüste zu begrabschen. Schmerzhaft verziehe ich das Gesicht. Nicht mal Nick war so unvorsichtig. Wann kommt er endlich? Auf einmal spüre ich Ash eklige Lippen auf meinen und merke, wie er immer wieder versucht mit seiner Zunge in meinen Mund einzudringen. Jemand rüttelt an der Türklinke. Augenblicklich löst Ash sich von mir. ,,Nick", rufe ich erneut und fange mir dafür wieder eine ein.
,,Jula verdammt, was ist da drinnen los?" Ash drückt mir wieder seine Hand auf den Mund. Es knallt ein paar mal, dann fliegt die Tür aus dem Rahmen. Ash wird brutal von mir runtergezogen und von Nick gegen die Wand geschmissen. Gitana steht immer noch mit dem Messer neben Jason und weiß nicht was sie machen soll.
Mein Vater kommt ins Zimmer gestürmt und befördert sie mit einem gezielten Schlag außer Gefecht. Zitternd sehe ich zu, wie er Jason in die Arme schließt. Ich hocke immer noch auf dem Bett und bedecke mit dem, was noch von meinem Oberteil übrig ist, das nötigste. Nick bearbeitet Ash durchgehend mit Schlägen, bis er nur noch bewusslos auf dem Boden liegt. Dann dreht er sich zu mir um. Meine Tränen nehmen gar kein Ende mehr, auch nicht als Nick zu mir kommt und mich an sich zieht. Er zieht sein Shirt aus und zieht es mit vorsichtig an. ,,Alles gut. Die beiden werden im Kerker landen. Es ist vorbei Jula", flüstert er leise.

,,Dein Vater und dein Bruder werden auf diese Etage hier ziehen. Dann kannst du sie besuchen, ohne das sowas nochmal passiert." Ich nicke nur schwach. ,,Wenn du möchtest, dann darfst du entscheiden was mit den beiden, vorallem Ash passiert." ,,Sie sollen verbannt werden." ,,Okay." Es klopft und Enya erscheint in der Tür. ,,Boss, der Tee." ,,Bring ihn her. Danke." Enya stellt ein Tablett auf den Nachtschrank und verschwindet wieder. ,,Hier." Nick reicht mir die heiße Tasse. ,,Wie kann ein Mensch nur so sein?", murmel ich leise und nehme einen Schluck von dem warmen Getränk. ,,Ich weiß es nicht. So grausam bin nicht mal ich." Ich schüttel den Kopf. ,,Du bist nicht grausam. Du tust nur so, auf Grund deiner Stellung im Clan. Anders würde es nicht funktionieren. Du gibst den Leuten einfach immer nur das zurück, was sie verdienen."
,,Da magst du Recht haben." Liebevoll küsst er mich auf den Kopf. ,,Morgen gehen wir zu Tristan. Du hast einen ordentlichen Schlag abbekommen." Vorsichtig streicht er über mein Auge. ,,Am besten du schläfst jetzt erstmal etwas." Nick nimmt mir die leere Tasse ab und stellt sie zurück auf das Tablett.