Kapitel 20

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Es ist schon der zweite Tag an dem Nick nur arbeitet und mich ignoriert. Es ist genauso wie an dem Tag, wo ich abgehauen bin. Oder eher danach. Schon seit längerer Zeit will ich mich entschuldigen, aber ich hab Angst, dass Nick sich dann komplett verliert. Obwohl, ich muss es versuchen. Entschlossen stehe ich vom Sofa auf, doch vor der Tür zu seinem Arbeitszimmer halte ich noch mal an. Scheiß drauf, ich mach es einfach. Ich drücke die Klinke und die Tür schwingt auf. Leer. Der Tisch ist verlassen, so als ob er heute gar nicht angefangen hätte zu arbeiten. Alles ist ordentlich gestapelt. Oh nein. Hoffentlich ist er nicht zu Liam gegangen. Ich muss hier raus. Die Wachen. Mist. Die werden mich nicht rauslassen. Okay, dann anders. Ich renne auf die Tür zu, reiße sie auf und knalle sie der linken Wache voll gegen das Gesicht. Die andere Wache ist so verwirrt, dass ich schon längst die erste Treppe runter bin, bevor sie die Verfolgung aufnimmt. Schnell renne ich um die Ecke und verschwinde aus seinem Blickfeld. Leise drücke ich mich in die nächste Nische und warte ab. Es dauert nicht lange, bis die erste Wache an mir vorbei läuft, daraufhin folgt der zweite, welcher Blut aus der Nase läuft. Ich warte noch, bis die Schritte komplett verklungen sind und laufe dann weiter zu Liams Zimmer. ,,Liam?", rufe ich außer Atem in sein Zimmer, aber es kommt keine Antwort. ,,Liam." Panisch reiße ich die Tür zum Bad auf. Leer. Er kann keinen Dienst haben. Das hab ich auf Nicks Unterlagen gesehen. Er hat frei. Die Mensa. Bitte lass ihn da sein. Ich renne weiter, immer darauf bedacht nicht den Wachen zu begegnen. Die Mensa ist nicht wirklich voll, aber kein Liam ist zu sehen. Dann muss ich wohl in den Keller. Ich laufe weiter runter, bis zu den Zellen. Fast wäre ich wieder Wachen in die Arme gelaufen, aber ich kann noch in letzter Sekunde hinter eine Ecke flüchten. Wie komme ich jetzt an denen vorbei? Wäre ja auch zu einfach. Ich blicke an mir runter. Ja, so könnte es klappen. Ich ziehe mein Shirt etwas runter und lege meine Haare zurecht. ,,Kein Durchgang", sagt der eine direkt als ich in sein Blickfeld komme.
,,Ich bin für die Gefangenen zuständig." Die beiden sehen sich an. ,,Der Boss hat uns nichts gesagt." ,,Tja blöd, aber ich muss meinen Job machen", sage ich.
Ich ziehe meine Shirt noch was tiefer. Dem einen springen schon fast die Augen raus. ,,Wir können ja vielleicht ein Deal machen, oder so." Die beiden grinsen sich an. ,,Heute Abend. Zimmer 368."
,,Ich werde da sein." Sie nicken und lassen mich durch. Abartige Teile. Als ob ich komme.

Die Gänge sind gruselig, so verlassen. Gerade schaue ich in die erste Zelle um Liam zu suchen, als laute Schreie durch den Gang hallen. Gänsehaut bildet sich auf meinen Armen. Wieder ein Schrei, der mich endlich aus meiner Starre löst. Ohne nachzudenken fange ich an zu sprinten. Irgendwann gehen die Schreie zu qualvollem Stöhnen über. Ganz am Ende des Flures komme ich an eine weitere Tür. Ich öffne sie einen Spalt und augenblicklich wird mir schlecht. Liam hängt an Seilen von der Decke. Sein Shirt ist zerfetzt und sein Rücken blutet aus roten Striemen. Noch ist er bei Bewusstsein, aber fragt sich wie lange noch. Ein ziemlich aggressiv aussehender Nick steht vor ihm und holt zum nächsten Schlag aus. Bevor ich nachdenken kann was ich tue, renne ich zu Liam und fange den Peitschenhieb ab. Ein Brennen durchzieht meinen Rücken und im nächsten Moment werde ich weggeschleudert. ,,Was machst du hier, Jula?", zischt Nick mit zusammen gebissenen Zähnen. Ich hole tief Luft und versuche mich aufzurichten. Mein ganzer Körper schmerzt und ich merke, wie das Blut sich in mein Oberteil saugt. ,,Was soll der Scheiß?", frage ich zurück und schaue ihn an. ,,Das hat dich nicht zu interessieren. Wie bist du hier rein gekommen." Ich lasse die Wand los, an die ich mich gestützt habe ich humpel zu Liam. Er versucht sich aufzurichten, sinkt aber wieder ab, soweit es die Fesseln zulassen. ,,Ich hol dich hier raus." ,,Nein, bring dich in Sicherheit." ,,Er wird mir nichts tun." ,,Das reicht Jula." Erneut werde ich weggezogen. ,,Geh. Und warte vor der Tür." ,,Vergiss es. Ich bleibe hier." ,,Das kann ich nicht verantworten." ,,Dann lass ihn in Ruhe." ,,Er hat dich angefasst und geküsst. Du hast es selber gesagt." ,,Das stimmt nicht." Kurz schaue ich zu Liam, welcher den Kopf hebt. ,,Ich habe ihn geküsst." ,,Du lügst." Ich nehme all meine Kraft zusammen und reiße mich aus seinem Griff. Schnell lasse ich mich wieder neben Liam fallen und drücke ihm einen Kuss auf seine ausgetrockneten Lippen. Ziemlich gefasst löse ich mich wieder und trete Nick gegenüber, welcher ziemlich fassungslos scheint. ,,Jetzt habe ich ihn geküsst. Also lass ihn frei." ,,Es ist zu spät Jula. Ich kann ihn nicht mehr freilassen. Entweder ich muss ihn verbannen oder hier unten festhalten." ,,Aber..." ,,Kein aber." Er wendet sich an Liam.
,,Willst du draußen sterben oer hier unten vergammeln?", fragt Nick. ,Geh', forme ich mit meinen Lippen. Dann hat er die Chance zu den Matunka zu kommen und dort aufgenommen zu werden. Der Boss nimmt immer gerne Jungs für seine Armee. Er könnte auch zum Carimte- Clan. Der ist warscheinlich von hier aus schneller zu erreichen. ,,Ich gehe", keucht er langsam. ,,Gut." Nick schneidet seine Seile durch und augenblicklich fällt Liam zu Boden. ,,Komm Jula." Unsanft werde ich aus dem Raum gezogen. ,,Jetzt zu dir." Er drückt mich gehen die Wand und beugt sich zu mir runter. ,,Du hast es so gewollt. Nun wirst du etwas leiden." Seine Mundwinkel ziehen sich zu einem fiesen Lächeln. ,,Alec, Stanley", schreit Nick auf einmal so laut, dass ich unter ihm zusammenzucke. Wenig später hört man Wachen.
,,Was gibt es Boss", fragt der eine, sichtlich davon eingeschüchtert, mich in Nicks Griff zu sehen, wo sie eigentlich verboten bekommen haben mich reinzulassen. ,,Zu eurer Unfähigkeit kommen wir später. Da drin liegt jemand. Versorgt seine Wunden und gebt ihm alles was er braucht. Morgen früh nach dem Schichtwechsel wird er verbannt. Seinen Besitz kann er meinetwegen mitnehmen." Nick deutet auf die Tür. Die zwei gehorchen und marschieren in den Raum. ,,Und wehe du erregst in irgendeiner Art Aufmerksamkeit", zischt Nick mir beim Verlassen des Tunnels zu.

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