Kapitel 18

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,,Süße, steh auf, das Frühstück ist fertig", murmelt jemand neben meinem Ohr. Müde öffne ich meine Augen und blicke direkt in Nicks Gesicht, welcher über mir hockt. ,,Was ist?" ,,Frühstück", grinst er. ,,Seit wann frühstücken wir zusammen?" ,,Heute. Ich werde heute nicht arbeiten."
,,Mmh." Ich drehe mich zur Seite und mache die Augen zu. ,,Komm in ner Stunde wieder." ,,Vergiss es. Ich hab ein strenges Programm heute." ,,Das da wäre? Deine Bedürfnisse erfüllen?"
,,Auch. Aber das kommt erst später. Erstmal hab ich was anderes für dich." Er zieht mir die Decke weg. Sofort drehe ich mich auf den Bauch und angel wieder nach der Decke. ,,Ich hab eh schon alles gesehen, Süße."
,,Wir müssen es ja nicht übertreiben." Er lacht leise und fängt an meine Schulter zu küssen. ,,Sollte ich nicht aufstehen?" ,,Ja. Ich geh auch raus. Wehe du schläfst wieder ein." Ich spüre wie er sich entfernt. Eigentlich wollte ich noch mal schlafen, doch mein lautes Magenknurren lässt mich dann doch aufstehen.

,,Wo sind wie hier?" Fasziniert sehe ich mich immer wieder um. Hohe Decken, welche sich in runden Halbkreisen bis zum Boden ziehen. Ab und zu geht eine Tür nach rechts oder links ab. ,,Die Leute früher haben das Gewölbe genannt. Hier werden viele Sachen gelagert. Eigentlich alles, was man noch gebrauchen kann, vorallem die ganzen Papiere." Er bleibt an einer Tür stehen und holt seine Schlüssel hervor. Im Gegensatz zu dem grellem Gang ist der Raum dahinter dunkel und erstmal kann ich nichts erkennen.
,,Nick?", frage ich vorsichtig und drehe mich orientierungslos.
,,Keine Angst." Ich zucke zusammen und kann mir gerade noch einen Aufschrei verkneifen.
,,Ich bins nur", lacht Nick leise und fängt an meinen Hals zu küssen, woraus ich schließe, dass er direkt hinter mir steht.
,,Nicht ablenken", murmel ich leise. ,,Tut mir leid. Bei dir kann ich mich nicht beherrschen." Ich kann das Grinsen förmlich raus hören. Er entfernt sich von mir und kurz darauf flackert das Licht einer Fackel auf. Der Raum wird erhellt. Lange Regale mit Büchern erstrecken sich bis rüber zur anderen Wand.
,,Was zum...", murmel ich bewundernd und lasse meine Hand über den ersten Buchrücken gleiten. ,,Sie gehören alle dir. Immer wenn du möchtest kannst du dir hier neue holen." ,,Danke." ,,Ich lese sie eh nicht."

Mit drei Büchern in meinem Arm verlassen wir das Gewölbe. Nick löscht die Fackel und hängt sie zurück in die Halterung.
,,Und was machen wir jetzt?", frage ich, als wir die Treppe hochsteigen. Er greift nach meiner freien Hand. ,,Das darfst du entscheiden." ,,Egal was?"
,,Solang es innerhalb des Zaunes ist, ja." ,,Dann weiß ich was."
,,Das wäre?" ,,Überraschung", erwieder ich nur und warte bis Nick die Tür geöffnet hat. Sorgfältig lege ich die Bücher auf den Tisch vor dem Sofa. Keine Sekunde später zieht Nick mich an der Hüfte zu sich. ,,Lass mich raten wir gehen in das Zimmer nit deinem Lieblingssofa und kuscheln den restlichen Tag", flüstert er und versucht mich zu küssen. Jedoch drücke ich ihn weg. ,,Nicht ganz." ,,Nur heute", knurrt er etwas beleidigt und nimmt seine Hände von meiner Hüfte. Draußen greift er sofort wieder nach meiner Hand. Ich führe ihn zu den Dach. Hoffentlich ist Kenji nicht da, sonst habe ich ein Problem. Aber man muss auch mal Glück haben. Das die Tür keine Klinke mehr hat, stoße ich sie auf und ziehe Nick nach draußen. Das Dach ist so gelegen, dass man alles sehen kann, aber selber kaum gesehen wird. ,,Ich wusste gar nicht, dass man hier hin kann. Weiß noch jemand davon?" Ich zöger kurz. Soll ich es ihm sagen? ,,Jula." Seine Stimme wird dunkler. ,,Nur Kenji." Er nickt.
,,Das weiß ich bereits. Setzen wir uns." Er setzt sich ihn und legt direkt seine Arme um mich, als ob er Angst hätte, dass ich mich gleich vom Dach stürze. Ich lasse meinen Blick über das Gelände streifen. Unter den paar Wachen am Tor kann ich Liam erkennen. Bei ihm war ich auch schon länger nicht mehr. Er fehlt mir teilweise. Aber ist es nicht falsch in Nicks Nähe an ihm zu denken? Obwohl, wir führen ja eigentlich keine wirkliche Beziehung.
,,Nick", fange ich an und sehe zu ihm hoch. ,,Was ist los?"
,,Was genau ist das eigentlich zwischen uns? Ich mein, es ist noch nicht auf freiwilliger Basis von mir aus und naja was ist eigentlich mit den Regeln?"
,,Die gelten nach wie vor. Also würdest du gehen, wenn ich dich lassen würde?" Seine Stimme klingt irgendwie... schon fast traurig. ,,Warscheinlich. Ich kann es nicht sagen. Es hat sich was verändert, ja, aber wirklich toll ist das für mich nicht. Ich kann ja nicht mal ein richtiges Leben führen." Er fängt an zu lachen.
,,Ein richtiges Leben ist heutzutage nicht mehr möglich. Es sei du du nennst das hier..." er deutet auf die kleine Stadt.
,,Richtiges Leben. Ich hatte als Kind kein Leben und werde es nie haben, Jula. Seit der nuklearen Katastrophe ist der Mensch dem Untergang geweiht. Sieh dir an was wir aus unserer Welt gemacht haben. Und trotzdem haben wir nicht gelernt." ,,Warum benimmst du dich dann so wie die anderen Bosse? Wieso änderst du nichts?" ,,Der Clan würde untergehen. Wir würden von einem anderem Clan versklavt werden, so wie es früher war. Ich muss Kämpfe führen, weil ich die Verantwortung für diese Menschen habe. Es ist so einfach und trotzdem versteht es niemand." ,,Ich verstehe es. Zumindest ein bisschen." Schweigen breitet sich aus. Irgendwie hat er ja Recht. Die Menschen sind es schuld und jetzt muss unsere Generation alles ausbaden. Das ist unfair. Aber war es jemals fair? In der Schule wurde uns erzählt, dass die Menschen früher andere Länder ausgebeutet haben, Tiere mit grausamen Methoden gehalten und geschlachtet, um möglichst billiges und viel Fleisch zu haben. Es gab Überbevölkerung und den meisten Menschen ging es nicht wirklich gut. Rohstoffe wurden einfach verbraucht, ohne an die Zukunft zu denken. Wir haben die Probleme. Nicht sie. Sie sind tot. Gestorben an der Strahlung oder weil sie zu alt waren.

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