Kapitel 10

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Lauter Krach weckt mich aus meinem Döszustand. Ein paar Sekunden später geht die Tür auf. Es dauert, bis ich in der Dunkelheit Nick ausmachen kann. Er zündet eine Fackel an der Wand an, warscheinlich um Strom zu sparen. Das schwache Licht lässt mich mehr erkennen. Er ist verschwitzt und dreckig, in seinem Gesicht und an seiner Kleidung klebt etwas Blut.
,,Jula. Geht es dir gut?" ,,Ja", murmel ich leise. ,,Keine Sorge. Hier kommt niemand runter."
,,Wer waren sie?" Sein Blick verdunkelt sich. ,,Matunkas." Mein alter Clan. Ob Finn wohl beim Angriff dabei ist? Es wäre schön ihn mal wieder zu sehen.
,,Was mache ich hier?" Nick zuckt mit den Schultern. ,,Mir Gesellschaft leisten. In deiner Nähe schlafe ich immer so gut."
,,Ist das dein Ernst? Mein Bruder sitzt gerade mit Todesangst in dem Raum", rufe ich wütend. Nick seufzt einmal. ,,Die Matunkas werden uns noch einige Tage belagern. Ab morgen kann der Kleine zu uns. Zufrieden?" Ich nicke. Besser als nichts. Nachher überlegt er sich es anders. Nick verschwindet im Bad. Müde lege ich mich hin. Ich muss dringend schlafen.

Das Bett ist leer als ich aufwache. Umso besser, dann kann ich direkt Jason holen. Ich richte einmal kurz meine Haare und verschwinde nach draußen.
,,Miss, der Boss hat mir gesagt, dass Sie essen sollen." ,,Ich hole erst meinen Bruder. Danach esse ich. Nick weiß Bescheid." Die Angestellte nickt und geht wieder. Der Weg zu dem Raum ist schnell bewältigt, natürlich nicht ohne Wachen. Beim Eintreten werde ich erneut von allen Seiten angestarrt. Decken und Kissen wurden verteilt und Geschirr steht auf dem Boden.
,,Jula. Endlich." Mein kleiner Bruder rennt in meine Arme.
,,Holst du deine Sachen? Wir gehen woanders hin." ,,Wohin denn?" ,,Sag ich dir gleich." Ich gehe zu Mascha. ,,Vielen Dank. Ich weiß echt nicht wie ich dir das zurück geben soll." ,,Ich helfe gerne." Sie lächelt mir freundlich zu. Jason verabschiedet sich von David und wir gehen zurück. ,,Wo sind wir hier." Staunend betrachtet Jason die Wohnung. ,,Weißt du, ich mache oft Arbeit in der Wohnung vom Boss. Deswegen lässt er mich hier wohnen und dich auch." Ich hasse Lügen, doch es geht nicht anders. ,,Magst du etwas essen?"
Jason nickt und wir setzten uns an den immer noch gedeckten Tisch. ,,Du darfst dir alles nehmen, was du willst." Seine Augen werden groß und keine drei Sekunden später fängt er an zu mampfen.

,,Hallo Jason", begrüßt Nick uns. Mir nickt er lächelnd zu. Jason kuschelt sich mehr an mich.
,,Was macht ihr, wenn ich fragen darf?" Er setzt ein nettes Lächeln auf und setzt sich zu uns auf das Sofa. ,,Ein Buch", murmelt Jason leise. ,,Liest Jula dir etwas vor?"
Er nickt. ,,Jason magst du vielleicht in das Zimmer mit den Spielsachen gehen? Ich muss kurz alleine mit Nick reden." Jason springt auf und schon ist er weg. Nick zieht mich zu sich.
,,Ich hasse die Matunka." ,,Ich bin auch einer, vergiss das nicht."
,,Nein. Du und Jason seid nun Leskis." ,,Wie sieht die Lage denn aus?" ,,Wir haben zum Glück nur wenige verloren. Ebenfalls konnten wir einige Matunka festnehmen. Unter ihnen waren auch Außgestoßene, welche sich wohl unterwegs angeschlossen haben." Ich schweige, bis mir eine Idee kommt. ,,Darf ich zu ihnen? Ich könnte mit ihnen reden und vielleicht ein paar Sachen rausbekommen. Mich kennen sie." ,,Ausgeschlossen. Sie werden sowieso getötet."
,,Das kannst du nicht machen", rufe ich und entferne mich aus seiner Umarmung. ,,Doch kann ich. Ich bin der Boss." ,,Dann lass mich wenigstens vorher mit ihnen reden. Ich will wissen, ob ich jemanden kenne." Er seufzt einmal. ,,Gut. Wenn Jason schläft. Aber ich komme mit." ,,Danke."
,,Jetzt geh zu ihm und spiel etwas mit ihm. Er kann es gebrauchen." Es ist zwar komisch woher der Sinneswandel kommt, aber ich sollte es ausnutzen.

Ungeduldig warte ich bis Jason endlich schläft. ,,Wir können", sage ich. Nick erhebt sich von dem Sofa. ,,Dann los." Er führt mich tiefer in die Gänge, sodass ich schon lange die Orientierung verloren habe. Schließlich kommen wir vor einem Gang mit vielen Zelle an. Wir gehen durch ihn hindurch, die meisten sind offen und in den geschlossenen kann ich niemanden entdecken, da es zu dunkel ist. ,,Hier." Er deutet auf mehrer Zellen. Ich blicke in die Erste. Zwei Gestalten hocken auf dem Boden, doch sie kommen mir nicht bekannt vor. Tatsächlich erkenne ich keinen Matunka. Ich gehe zur letzten Zelle. ,,Dort ist nur noch ein Außgestoßener." ,,Ist mir egal. Ich will ihn sehen." Eine schwarze Silhouette ist an eine Wand gelehnt. ,,Gib mir mal die Fackel." ,,Jula, ich glaube nicht, dass..." In dem Moment hebt der Mann seinen Kopf und ich erkenne das Gesicht. ,,Dad", hauche ich ungläubig. ,,Jula bist du das?", fragt eine dunkle Stimme. Sie ist rau und müde. Doch ich würde sie überall erkennen. ,,Mach die Tür auf."
,,Wer ist das?", fragt Nick stirnrunzelnd. Ich reiße ihm die Schlüssel aus der Hand und probiere einen aus. Es gibt nur zwei, einen für die Türen, einen  für die Zellen. Sofort schließe ich die Zelle auf. Ich stürze zu meinem Vater und falle ihm um den Hals. ,,Ich dachte du bist tot." Meine Augen werden feucht und Tränen fangen an zu fließen.
,,Wo ist Jason?" ,,In Sicherheit."
,,Was macht ihr hier?" Mein Vater wischt sich über die Augen. ,,Das erzähle ich dir später. Erstmal bringe ich dich hier raus." ,,Jula." Nicks Stimme durchschneidet die Luft. Zögernd stehe ich auf. ,,Auch wenn er dein Vater ist, ich kann ihn nicht freilassen." ,,Doch das kannst du. Du bist der Boss, schon vergessen?" ,,Hör auf das zu sagen." ,,Ich hab nie verlangt, dass du ihn freilassen sollst. Er kann hier bleiben und für dich arbeiten. Er ist ein gut ausgebildeter Soldat."
Weiterhin laufen Tränen über mein Gesicht. Ich kann ihn nicht verlieren. Nicht nochmal. Fast schon sanft zieht Nick mich aus der Zelle. ,,Du machst mich fertig. Er kann meinetwegen hier arbeiten. Unter einer Bedingung. Er zieht in euer Zimmer und passt auf Jason auf, natürlich arbeitet er auch noch, doch er wird Morgenschichten bekommen. Du wirst bei mir einziehen." Ich nicke. Alles. Ich tu alles dafür. ,,Jetzt hör auf zu weinen." Er streicht meine Tränen weg. ,,Danke." ,,Ich weiß wie es ohne Vater ist. Niemand soll das durchmachen." Er entfernt sich wieder und hilft meinem Vater sich aufzurichten.
,,Kannst du dich um ihn kümmern oder muss er ins Krankenzimmer?" ,,Das geht schon", wirft mein Vater dazwischen. ,,Ich mach das", antworte ich. Ohne weiteres zu sagen stützt Nick meinen Vater etwas und wir kehren zu seiner Wohnung zurück.

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