Kapitel 23

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Ich fühle mich leer. So leer wie noch nie. Nach dem Tod meiner Mutter hatte ich wenigstens noch Jason und meinen Vater. Doch hier unten habe ich niemanden. Die eine Wache schmuggelt mir zu meinem Glück manchmal ein zweites Stück Brot oder eine weitere Flasche Wasser in meine Zelle. Doch das ist kein Ersatz. Für nichts. Mein Tag besteht nur noch aus schlafen und vor mich hindösen. Die Hoffnung, welche Cisa mir gemacht hat, hier rauszukommen ist fast gänzlich verschwunden. Wenn er mich wollte, hätte er nicht schon längst kommen müssen?

Ich wache unausgeschlafen aus meinem Schlaf aus. Ein neuer Tag ohne eine Tätigkeit. Ich nehme ein paar Schlucke aus meiner Flasche. Ob Tag ist weiß ich nicht, hier gibt es ja keine Fenster. Es kann ebenso Nacht und ich würde es nicht mitkriegen. Ein Knall. Angestrengt höre ich, ob noch weitere Geräusche zu hören sind. Es ist das einzige was ich hier zu hören bekomme, weswegen ich immer versuche die Geräusche zu analysieren. Laute Rufe folgen. Das ist nicht normal. Eigentlich ist hier nur die eiserne Stille, die einen nach und nach in den Wahnsinn treibt. Hallende Schritte und dumpfe Schläge kommen näher. ,,Jula?" Das war mein Name. Meiner. ,,Jula, wo bist du?" Die Stimme kenne ich. Sie kommt mir bekannt vor. Angestrengt denke ich nach.
,,Jula?" Nick. Das ist Nick. Er ist da. Er ist tatsächlich gekommen. Ich versuche mich zu bewegen und löse meine eiskalten Glieder. Mein Versuch aufzustehen scheitert, also robbe ich so schnell es geht auf allen vieren zum Gitter. Nick darf mich nicht verpassen. ,,Hier", rufe ich so laut ich kann und trotzdem geht meine Stimme im Lärm unter. Die Schritte hören abrupt auf.
,,Nick." Mein Hals tut unglaubliche weh und ich spüre wie meine Kräfte verschwinden.
,,Jula. Endlich." Nicks warmen Hände strecken sich durch das Eisen. ,,Ich hol dich hier raus", sagt er leise und legt die Fackel weg. Mit ein paar kräftigen Tritten öffnet er die Tür. Liebevoll zieht er mich in seine Arme. ,,Kannst du laufen?" Ich schüttel den Kopf. ,,Boss wir müssen hier raus", ruft ein Leski- Soldat. ,,Wir kommen", gibt er zurück und hebt mich hoch. Nick rennt den großen Gang entlang, eine Treppe hoch und schon stehen wir draußen. Die grelle Sonne sticht in meine Augen. Gestresst wimmer ich auf und drücke mein Gesicht an Nicks Shirt. ,,Ganz ruhig Süße. Nur noch ein kleines Stück." Ich spüre wie er sich wieder in Bewegung setzt und ich irgendwann auf etwas weichem abgelegt werde.
,,Schlaf etwas, danach brechen wir auf. Dir passiert nichts." Ich halte meine Augen immer noch geschlossen. Eine Decke wird über mir ausgebreitet. ,,Nick ich..." ,,Später.", unterbricht er mich und seine Finger gehen durch meine Haare. ,,Erstmal schläfst du. Ich bleibe bei dir." Ich entspanne mich wieder etwas unter seinen Berührungen und dämmer nach und nach weg in die erholende Schwärze.

,,Nein. Ich wecke sie nicht. Sie soll von selber aufwachen. Sie muss die Strecke schaffen."
,,Boss, wenn wir nicht bald aufbrechen, dann werden wir überrumpelt." ,,Dann geh doch wenn du Angst hast", knurrt Nick. Vorsichtig öffne ich meine Augen. Mein Hals kratzt immer noch, aber ich fühle mich nicht mehr so müde und kaputt. Es ist dunkel um mich, aber am Himmel sind tausende Sterne, welche etwas die Umgebung erhellen. Unzählige Wachen sind aufgestellt, obwohl wir in einer gut geschützten Stelle sind.
,,Nick?" ,,Wie geht's dir, Süße?"
,,Besser." Er lächelt leicht und hält mir was zu trinken hin.
,,Wir können aufbrechen", ruft er laut, was dazu führt, dass die Leute anfangen zu packen.
,,Bevor du jetzt irgendwas sagst, lass uns damit bis Zuhause warten. Dort sind wir ungestört." Nick hilft mir hoch. Es dauert, bis ich halt auf meinen Beinen gefunden habe. Jemand packt unsere Sachen ein. Auf Nick gestützt verlasse ich die geschützte Stelle und schließe mich den Leuten an. Sofort werden wir in die Mitte genommen. ,,Wenn es nicht geht, dann sag Bescheid. Ich kann dich sonst tragen." ,,Geht schon", antworte ich und konzentriere mich darauf nicht zu stolpern.

Wir laufen die ganze Nacht durch. Erst als die Morgendämmerung eintritt, halten wir an um zu rasten.
,,Hier. Du bist wieder so dünn geworden." Nick hält mir ein Stück Brot mit Käse hin. Ich nehme es und knibbel daran rum. ,,Jula bitte." Ich nehme zwei Bissen und halte es ihm hin.
,,Sorry, aber ich krieg es nicht runter." ,,Ist es wegen mir?" Ich schüttel den Kopf. ,,Okay, weißt du was, sag einfach Bescheid, wenn du noch was haben willst. Ich weiß nicht, was da unten passiert ist, aber ich schwöre dir, der Boss der Carimte wird genauso leiden." ,,Wann gehen wir weiter?" ,,So bald wie möglich. Meinst du, du schaffst den Weg?" ,,Eine kleine Strecke vielleicht. Wie weit ist es noch?"
,,Drei Tagesmärsche. Ich kann dich zeitweise tragen." ,,Wissen Dad und Jason von der Sache?" Verlegen kratzt Nick sich am Nacken. ,,Ich hab ihnen erzählt, dass du verschleppt wurdest, weil deine Wachen k.o. geschlagen wurden." ,,War wohl das beste", antworte ich leise.
,,Lass uns später reden. Kannst du weiter?" Ich nicke und stehe vorsichtig auf.

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