30. Skype-Anruf

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Nach einem relativ kurzen Besuch bei meinem Vater, der mir allerdings trotzdem sehr gut getan hat, beschließe ich Katie anzuschreiben. Vielleicht hat sie ja Lust und Zeit, ein Videogespräch per Skype mit mir zu führen, etwas, was wir schon ewig nicht mehr gemacht haben.
Jim ist mit Seb unterwegs, keine Ahnung was die machen, aber so habe ich wenigstens die Gelegenheit alleine zu Hause zu sein.

Me: Hey Katie, hast du Lust zu skypen?

Es dauert ein wenig bis sie meine Nachricht empfängt und bemerkt, aber bis dahin kann ich warten. Ich bin zuversichtlich dass sie mir antworten wird, das hat sie bis jetzt immer getan.
Tatsächlich kommt kurze Zeit später eine Nachricht von meiner besten Freundin, in der sie mir mitteilt dass sie in zehn Minuten online kommen kann. Allerdings nicht ohne deutlich zu machen, wie überrascht sie von meiner Frage ist.
Schmunzelnd baue ich meinen Laptop in der Küche auf, während auf der Ablage eine Tasse Tee darauf wartet, getrunken zu werden.
Nach mehr oder weniger zehn Minuten erhalte ich einen Videoanruf via Skype, den ich natürlich sofort annehme.
"Na du Teetrinkerin, wie geht's?", erkundigt sich meine beste Freundin, kaum dass die Verbindung aufgebaut wurde und ich stelle meine Tasse auf den Tisch.
"Haha, vielen Dank auch. Mir geht's ganz gut, und dir?"
"Müde bin ich, aber sonst ist alles prima. Sam kann inzwischen deinen Namen richtig aussprechen, also ich meine, deinen vollen Namen."
Sie grinst mich an und streicht sich eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht. Allem Anschein nach ist sie glücklich, etwas was ich ihr von ganzem Herzen gönne.
"Wie cool. Grüß ihn von mir", antworte ich lächelnd und trinke einen Schluck Tee.
"Mach ich. Und wir geht es deinem Sam?"
Augenblicklich verschwindet mein Lächeln und ich stelle mit einem Seufzen meine Tasse wieder hin.
"Um ehrlich zu sein, ist das der Grund weswegen ich dich angerufen habe. Ich brauche jemanden zum reden, der nicht gerade Jim oder mein Vater ist."
"Du meinst, du brauchst eine Frau zum reden?", hakt Katie nach und ich nicke.
"Und was ist passiert?"
Wie bereits gestern Abend, als ich Jim davon erzählt habe, erzähle ich Katie von meinem Besuch bei Sam. Von seiner Leukämie, seiner Angst vor Krankenhäusern, meiner Angst ihn zu verlieren. Ich erzähle ihr aber auch, dass es eventuell noch Hoffnung gibt, verschweige aber nicht, wie wenig ich daran glaube. Als ich fertig bin und Katie einfach nur durch die Face-Cam meines Laptops anschaue, merke ich, wie mir wieder Tränen kommen.
"Ach Mel."
Sie legt den Kopf schief und ich wische mir unauffällig über die Augen. Warum nur trennt uns ein ganzer Ozean?
"Das tut mir wirklich unglaublich leid, für dich und für deinen Vater. Besonders da du ihn bis vor kurzem nichtmal kanntest."
Anscheinend bemüht sie sich, ruhig und verständnisvoll zu wirken, doch da verliert sie plötzlich die Beherrschung.
"Ach Mann, das Leben ist doch bescheuert! Als ob du nicht schon genug durchgemacht hättest, nein, jetzt muss auch noch dein Vater sterben!"
Sie gestikuliert wild mit beiden Händen in der Luft herum während sie ihrem Ärger lautstark Luft macht. Auch wenn es gerade um ein ernstes Thema geht, ihr kleiner Ausbruch bringt mich zum schmunzeln. Doch gleichzeitig wünsche ich mir mehr denn je, meine beste Freundin wiedersehen zu können.
"Ich hoffe wirklich dass es einen Spender für Sam gibt, oder dass er sich irgendwie dazu durchringen kann, doch eine Chemo zu machen", meint sie schließlich.
"Leider wird das wohl kaum geschehen, also das mit der Chemo meine ich. So eine Behandlung dauert bestenfalls eins, schlimmstenfalls mehr als zwei Jahre, und dabei gibt es nichtmal eine Garantie auf Erfolg. Außerdem tritt Leukämie häufig dann noch später auf, sodass der Erkrankte immer wieder und wieder behandelt werden muss", erkläre ich und Katie seufzt.
"Du hast dich informiert, oder?"
"Über meinen Vater und das Internet, ja."
"Dann hoffen wir einfach, dass es irgendeinen Menschen auf diesem riesigen Planeten gibt, der als Spender auf deinen Vater passt."
Katie schneidet eine Grimasse, die mich zum lachen bringt. Da wird ihre Aufmerksamkeit plötzlich abgelenkt und sie dreht sich von mir weg, allerdings kann ich nicht sehen was los ist.
"Dave und Sam sind wieder zu Hause", meint sie nach kurzer Zeit und schaut mich wieder an.
"Willst du Hallo sagen?"
"Na klar!"
Mit einem Grinsen steht Katie auf und verlässt das Sichtfeld der Face-Cam, sodass ich eine Weile lang auf die Wand ihres Hauses starren darf. Sie ist weiß. 
"So, da bin ich wieder."
Katie setzt sich wieder auf ihren Stuhl, aber auf dem Arm trägt sie Sam, ihren Sohn. Der Kleine hat mittlerweile dichtes, dunkelbraunes Haar und ist größer geworden. In der Hand hält er ein Kuscheltier, ein Tiger wie es aussieht.
"Guck mal Schatz, da ist jemand der dich sehen will", meint Katie liebevoll zu ihm, da entdeckt er mich.
"Hallo Sam."
Schüchtern versteckt er sich hinter seinem Kuscheltiger. Ich könnte sterben, so süß sieht das aus.
"Na, weißt du wer das ist?"
Sam schüttelt den Kopf. Inzwischen hat er einen Zipfel des Tigers in den Mund gesteckt und kaut darauf herum, was ihn noch niedlicher wirken lässt.
"Doch klar weißt du wer das ist."
Da beginnt Sam zu grinsen und schüttelt erneut den Kopf. Aha, er weiß es, ist aber zu schüchtern es zu sagen. Oder so.
"Das ist Melody", erklärt Katie ihm daraufhin, doch er schüttelt wieder den Kopf.
"Nicht Melody."
Das bringt Katie und mich zum lachen, was Sam zu gefallen scheint.
"Wer bin ich denn dann?", frage ich grinsend.
"Moriarty", kommt sofort die Antwort des Kleinen. Er klingt so sicher, als sei er fest davon überzeugt, dass ich tatsächlich Moriarty heiße.
"Okay, das ist mega süß."
Ich muss mich zusammenreißen um nicht eine Art Fangirl-Anfall wegen Sam zu bekommen, einfach weil er glaubt, dass mein Nachname mein Vorname ist. Wahrscheinlich denkt er das, seit er meinen vollen Namen gelernt hat. Oder er macht das absichtlich. Egal was davon der Wahrheit entspricht, süß ist beides.
"Ja ne?", antwortet Katie nun und knuddelt ihren Sohn, der schon wieder auf seinem Kuscheltier herumkaut. Da kommt Dave hinzu, gibt seiner Frau einen Kuss.
"Na, bringst du die beiden Damen hier wieder um den Verstand?", fragt er grinsend an seinen Sohn gewandt, und dieser nickt.
"Hi Melody, wie geht's?", wendet Dave sich an mich.
"Hallo Dave. Ganz gut, und dir?"
"Auch."
Eine ganze Weile lang unterhalte ich mich noch mit den Dreien, wobei Sam meist nur niedliche Einwürfe von sich gibt. Schließlich aber müssen wir aufhören, da es für Sam langsam langweilig wird, und er außerdem Mittagsschlaf halten soll.
"Bis demnächst, hoffentlich", verabschiede ich mich und winke.
"Das hoffe ich auch. Viel Glück für deinen Vater, ich drück euch die Daumen", antwortet Katie, dann beenden wir den Anruf. Dem Gesicht von Dave nach zu urteilen, wird Katie ihm jetzt erklären was los ist.
Seufzend klappe ich den Laptop zu. Mein Tee ist mittlerweile kalt geworden, also kippe ich ihn weg.
Gerade will ich nach oben gehen um den Laptop wegzubringen, da öffnet sich die Haustür.
"Honey, ich bin wieder da!"
"Jim, ich bin noch immer da!", rufe ich zurück, packe oben schnell den Laptop weg und laufe die Treppe wieder runter. Jim zieht sich gerade seine Jacke aus, um sie auf den Haken der Garderobe zu hängen, als ich ihm einen Kuss auf die Wange gebe.
"Wie war's mit Seb?", erkundige ich mich mit einem Lächeln, obwohl ich noch immer keine Ahnung habe, was er und mein Mann überhaupt gemacht haben.
"Super. Allerdings konnten wir nichts richtiges essen, und jetzt habe ich Kohldampf."
Er legt den Kopf schief und schaut mich fast schon bettelnd an, als wäre er ein Hund, der etwas zu fressen haben möchte. Mit einem Grinsen wuschele ich ihm durch die Haare, bevor ich in die Küche gehe.
"Hab schon verstanden."
Lachend folgt Jim mir, während er sich aber seine Haare wieder zurechtstreicht.
"Du bist ein Engel", flüstert er mir zu.
"Ich weiß."
Nach einem sanften Klaps beginnt Jim mir dabei zu helfen, etwas zu essen vorzubereiten, sodass es nicht lange dauert bis wir gemeinsam im Wohnzimmer beim Essen sitzen.
"Wo wart ihr eigentlich?", frage ich nach, doch Jim bedeutet mir, dass diese Frage nicht gestellt werden sollte.
"Unterwegs, mehr sollte ich dir nicht sagen."
Verdutzt schaue ich ihn an und er zuckt nur entschuldigend mit den Schultern.
"Und wie war dein Tag?"
Die Art, wie er nun seine gesamte Aufmerksamkeit auf mich lenkt, macht mir deutlich dass das Thema vom Tisch ist, also erzähle ich Jim von meinem Besuch bei Sam und dem Gespräch mit Katie und ihrem Sohn. Dabei verwirre ich Jim anscheinend damit, dass mein Vater und Katies Sohn beide Sam heißen, sodass er schon glaubt mein Vater sei in Amerika. Manchmal ist er eben doch, obwohl er so super-intelligent ist, ein echter Holzkopf.
"Wie wär's, wir nennen den kleinen Sam Sammy und den großen einfach Sam?", schlage ich schließlich vor und Jim nickt.
"Könnte helfen."
Nach dem Aufräumen will er eigentlich noch hochgehen und arbeiten, doch ich halte ihn an der Treppe auf.
"Tanzt du noch ein bisschen mit mir?"
Dieses Mal lege ich den Kopf schief und mache einen auf 'bettelnder Hund', aber Jim schüttelt den Kopf.
"Nein Honey, ich muss wirklich noch arbeiten."
Er will sich an mir vorbeischieben, doch ich stelle mich ihm wieder in den Weg.
"Och komm schon, morgen muss ich wieder so lange arbeiten, außerdem kann ich ein bisschen Ablenkung gebrauchen."
Für einen Moment scheint es so, als würde er unnachgiebig bleiben, doch dann seufzt er.
"Na gut."
Triumphierend nehme ich ihn bei der Hand und ziehe ihn ins Wohnzimmer. Wusste ich's doch dass er eigentlich Lust zum tanzen hat, auch wenn es mich ein wenig wundert, dass ich ihn erst so bitten musste.
Im Endeffekt kann ich Jim davon überzeugen, dass er heute nicht mehr arbeiten sollte, da ja Wochenende ist, sodass wir bis spät abends noch zusammen im Wohnzimmer sind. Allerdings tanzen wir nicht nur, wir reden auch ein bisschen. Über die Zukunft und das, was uns beide bewegt. Jim erzählt nicht besonders viel von sich aus, aber er hört mir gerne zu, sagt er zumindest.
Irgendwann entscheiden wir uns dann doch nach oben und ins Bett zu gehen, bevor es noch später wird.
"Ich liebe dich Jim", flüstere ich hinter ihm an seinem Ohr als wir im Bad stehen, und küsse ihn auf den Kiefer. Dann lege ich meinen Kopf auf seiner Schulter ab und schlinge meine Arme um seinen Bauch.
"Ich weiß", antwortet er lachend.
"Aber ich liebe dich mehr."
Mit einem Lächeln nehme ich diese Worte zur Kenntnis, bevor ich ihn loslasse.
"Das bezweifle ich."
Er ergreift meine Hand und wir gehen aus dem Raum zur Treppe.
Ein recht schöner Sonntagabend vor einer wahrscheinlich nicht so schönen Woche, finde ich.

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Es tut mir unglaublich leid dass erst jetzt wieder etwas kommt, aber es ging einfach nicht anders. Dafür habe ich jetzt wieder etwas mehr Zeit, also hoffe ich dass es halbwegs normal weitergeht :3
Bis demnächst.

Moriarty In Love - The GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt