7. Konflikt

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Es sind zehn Tage vergangen seit Jim so plötzlich gefahren ist, und noch immer haben weder Seb noch ich eine Ahnung was eigentlich los ist. Der graue Haken meiner Nachricht verändert sich nicht, und auch sonst kommt kein Lebenszeichen von meinem Mann.
Seb und ich haben schon nach drei Tagen keine Lust mehr alleine in unseren Wohnungen zu sein, also übernachte ich öfters bei dem Sniper in der Wohnung und wir unternehmen ab und zu etwas zusammen am Nachmittag. Katie findet es ebenfalls komisch dass Jim sich so seltsam benimmt.
"Es wirkt fast so als brütet er etwas aus", meint sie am Telefon und ich spiele nachdenklich mit meinen Haaren. Natürlich hat Katie noch immer keine Ahnung wer mein Mann eigentlich ist, und ich habe auch nicht vor es ihr so bald zu erzählen. Allerdings weiß sie über Sebs Gefühle Jim gegenüber Bescheid, und auch über die Problematik dass Jim keine Ahnung davon hat.
"Das finden Seb und ich halt auch, aber ich habe keine Ahnung was es sein könnte. Und aus seinem Status werde ich irgendwie nicht so recht schlau."
"Es klingt fast so als ahne er etwas, aber irgendwie ist das trotzdem komisch. Vielleicht ist er extrem homophob."
"Das glaube ich eigentlich nicht, als ich ihm damals gesagt habe dass ich eventuell lesbisch wäre, hat er ganz entspannt reagiert."
"Hm, das stimmt. Ah, Sam! Was ist denn Schatz?", macht sie plötzlich und ich höre die Stimme des Kleinen undeutlich durch mein Handy hindurch.
"Na, was sagt er?", frage ich schmunzelnd.
"Er fragt was ich mache. Ich telefoniere mit Melody mein Kleiner."
Da macht sie auf laut und ich höre noch wie Sam etwas sagt.
"Melody tefonieren?"
Oh mein Gott ist das süß.
"Hallo Sam", begrüße ich Katies Sohn schmunzelnd und höre wie Katie leise lacht.
"Hallo", antwortet Sam nah an dem Telefon und ich muss ein Quieken unterdrücken.
"Wie geht es dir?"
"Tut", macht der Kleine einfach nur und nun höre ich Katie im Hintergrund kichern.
"Na komm, Daddy ist bald wieder da", meint meine Freundin und schaltet wieder auf leise.
"Er ist so süß Katie! Wie kannst du mir das nur antun dass du in Amerika wohnst?"
"Tut mir leid, aber dafür hast du einen sehr guten Grund mal her zu kommen", antwortet sie lachend, danach verabschieden wir uns voneinander.
Es ist ein Dienstag als Seb und ich nachmittags bei mir vorbeischauen damit ich mir neue Wechselklamotten mitnehmen kann.
"Komm ruhig rein, ich brauche ein bisschen", meine ich zu dem Sniper und er zuckt nur mit den Schultern. Während er ins Wohnzimmer geht laufe ich nach oben und trete gerade in Jims und mein Schlafzimmer, da bemerke ich meinen Ehemann, der seitlich zu mir auf dem Bett sitzt, und bleibe überrascht stehen. Sein dunkelgrauer Anzug passt perfekt zu seinen schwarzen Schuhen und seinen schwarzen Haaren, aber das alles gibt ihm eine sehr düstere und bedrohliche Erscheinung. Wie auch die Tatsache dass er keine Miene rührt als er mich anschaut.
"Jim, ich dachte du wärst-"
"Noch auf Geschäftsreise, ja? Tja, ich bin zurück", unterbricht er mich mit ungewöhnlich kühler Stimme und ich runzele verwirrt die Stirn.
"Was ist los?"
"Das könnte ich dich auch fragen, Melody."
Er sieht mich durchdringend an und mir läuft unwillkürlich ein kalter Schauer über den Rücken.
"Wie meinst du das?"
Doch anstatt auf meine Frage einzugehen steht er auf und dreht sich ganz zu mir, um mich... ja fast schon kalt zu mustern.
"Wie ich sehe trägst du deinen Ehering noch."
Verwirrt schaue ich erst auf meine Hand, dann wieder zu ihm und nicke unsicher.
"Ja, natürlich. Jim, was soll das?"
"Ist Sebastian hier?"
"Ähm, ja, aber-"
Da ist er schon an mir vorbeigegangen und ich folge ihm, besorgt über sein Verhalten. Er geht schnurstracks die Treppe hinunter und zu Seb ins Wohnzimmer, wo der Sniper sich überrascht zu ihm umdreht.
"Boss, du bist ja schon-"
Ohne eine Vorwarnung schnellt Jim vor und schlägt Seb mit der Faust ins Gesicht, sodass er sich an die Nase fasst. Mit einem erschrockenen Aufschrei eile ich zu dem Sniper hin und stelle mich zwischen ihn und meinen Mann, bevor dieser noch irgendetwas tun kann. Fassungslos starre ich Jim an, der nun vor Wut die Zähne zusammenbeißt und Seb und mich anschaut, als wolle er uns auf der Stelle umbringen. Trotz meiner Angst trete ich auf Jim zu und strecke eine Hand nach ihm aus, doch er verhindert dass ich seinen Arm zu fassen bekomme.
"Fass mich nicht an!", faucht er und ich zucke zusammen. So wütend habe ich ihn noch nie erlebt, seine dunklen Augen wirken fast schwarz und ich traue es ihm absolut zu dass er mich mit einem Griff töten könnte.
Ich unterdrücke ein Zittern und versuche die Ruhe zu bewahren.
"Jim, was ist los?", frage ich möglichst gefasst und er schnaubt als Antwort.
"Meinst du ich wüsste nicht was los ist? Was du und mein bester Freund mir verheimlicht? Ich bin nicht dumm, Melody!", warnt er mich und ich runzele verwirrt die Stirn.
"Ich verstehe nicht ganz-"
"Mel-", will Seb mich unterbrechen, doch Jim schneidet ihm das Wort ab.
"Tu nicht so, ich habe euch gehört, ich habe euer Gespräch gehört als ich krank war und ihr geredet habt. Darüber dass ich es nicht erfahren darf, dass das etwas zwischen dir und meinem verlogenen Sniper ist. Ich habe sehr wohl bemerkt dass ihr mir etwas verheimlicht, vorallem als du so unvorsichtig warst sein Shampoo zu benutzen! Und dann auch noch die schlaflose Nacht. Dreister geht es kaum, und ich dachte dass wenigstens du ein schlechtes Gewissen hast, aber nein! Meine eigene Frau zieht es vor mich weiter zu belügen und so zu tun als sei nichts."
Nun wirkt auch Seb verwirrt.
"Jim, wovon zum Teufel redest du bitte?"
Da verliert Jim endgültig die Fassung und schreit uns beide an.
"Ich rede davon dass du mit Melody schläfst!"
"Was?", frage ich entsetzt nach und vergesse für einen Moment die Bedrohung, die von Jim ausgeht. Wie kommt er denn bitte darauf?
"Muss ich dir das ernsthaft noch erklären?", presst er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ballt eine Hand zur Faust.
"Als du wieder zu Hause warst, hast du alles andere als glücklich gewirkt, auch als ich mich entschuldigt und mit dir geredet habe. Du warst ständig mit den Gedanken woanders, hast nach Sebastian gerochen und mir offensichtlich etwas verschwiegen."
Nun wird mir alles klar und ich schließe die Augen. Mit einem Seufzen reibe ich mir mit beiden Händen übers Gesicht und schaue Jim schließlich wieder an.
"Das ist anders als du denkst."
"Ach ja? Und inwiefern?", erwidert Jim wütend und schluckt.
"Ich habe dich nie betrogen Jim, nicht ein einziges Mal", sage ich sanft, doch er scheint mir kein Wort zu glauben.
"Und was ist dann der Grund für dein Verhalten, außer dass du ein schlechtes Gewissen hast?!", braust er wieder auf und macht einen großen Schritt auf mich zu, da mischt sich Seb ein.
"Verdammt nochmal Jim, ich bin bisexuell, okay? Das ist das große Geheimnis!", brüllt er seinen Boss fast an und dieser erstarrt kaum merklich. Erschrocken schaue ich Seb an, der sichtlich mit sich ringen muss um ruhig zu bleiben.
"Seb, das hättest du nicht tun müssen...", meine ich leise, da schaut er mich ernst an. Aus seiner Nase rinnt Blut, aber sonst sieht er okay aus.
"Und wie ich das tun musste, hast du nicht gesehen dass er kurz davor war dir den Hals umzudrehen?!"
Nun huscht mein Blick wieder zu Jim, der angespannt dasteht und noch immer wütend aussieht. Er schaut mich an und holt Luft.
"Ist das wahr?"
Ich nicke.
"Ja."
Er schaut seinen Freund an.
"Dann müssen wir reden", meint er ernst und Seb strafft sich sofort.
"Und du gehst am besten", wendet Jim sich an mich, doch ich zögere. Ich will Seb nicht alleine lassen, nicht wenn Jim so wütend ist.
"Versprich mir dass du ihm nichts tust", fordere ich und Jim verdreht die Augen.
"Verschwinde", knurrt er und ich atme tief durch als ich an ihm vorbeigehe um meinen Mantel zu nehmen. Mit einem letzten Blick zu Seb verlasse ich das Haus und schließe die Tür hinter mir.

Moriarty In Love - The GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt