42. Beginnende Suche

314 27 76
                                    

In dieser Nacht kann ich nicht schlafen. Seb habe ich im Gästezimmer einquartiert, auch wenn er eigentlich auf dem Sofa schlafen wollte. Der Gedanke, ihn in der Nähe zu haben, beruhigt mich ein wenig. Dennoch ist es zu still.
Mir fehlt Jims Atmen neben mir, sein Gewicht auf der Matratze, die Hand, die im Schlaf nach meiner sucht. Mit offenen Augen starre ich in die Dunkelheit und kann meinen Verstand nicht davon abhalten, sich auszumalen was mit Jim wohl gerade passiert. Die Tränen, die ich vorher zurückgehalten habe, laufen jetzt ungehindert über mein Gesicht, versickern im Kissen.
Seb will morgen sofort anfangen, Nachforschungen anzustellen wo sie Jim hingebracht haben könnten. Bereits gestern Abend habe ich Jims Laptop aus seinem Arbeitszimmer geholt und Seb wollte loslegen, aber er war zu erschöpft um sich wirklich zu konzentrieren, weswegen ich ihn ins Bett geschickt habe.
Die Sorge um meinen Ehemann zerfrisst mich langsam von innen, und es fällt mir schwer ruhig liegenzubleiben. Wie soll ich morgen so zur Arbeit gehen?
Egal wie sehr ich versuche mich zu beruhigen oder nicht mehr an mögliche Szenarien mit Jim zu denken, die Tränen kommen weiter und meine Gedanken überschlagen sich. Die Angst, dass er vielleicht nie mehr zurückkommt, schnürt meine Kehle zusammen und gibt mir das Gefühl zu ersticken, bis ich es nicht mehr aushalte.
Ich schlage die Decke zurück und stehe auf, um nach unten zu gehen. Am Anfang der Treppe knarzt der Boden, doch ich beachte das nicht, sondern setze leise meinen Weg nach unten fort. In der Küche verzichte ich auf Licht, denn durch das Fenster scheint eine Straßenlaterne herein, sodass ich alles gut erkennen kann.
Trotzdem fühle ich mich unsicher als ich mir ein Glas Wasser mache und mich damit gegen die Ablage lehne. Meine Finger zittern, ich muss das Glas mit beiden Händen festhalten damit es nicht herunterfällt.
"Kannst du nicht schlafen?"
Sebs Stimme lässt mich erschrocken herumfahren und mein Herz macht einen Satz. Beinahe fällt mir das Glas aus der Hand, doch ich verhindere dies gerade noch rechtzeitig und stelle es dann auf die Ablage, während ich den Blonden missmutig anschaue. Das Licht der Straßenlaterne erhellt seinen Körper bis kurz unterm Kinn und spiegelt sich in seinen Augen.
"Seb, du musst aufpassen wenn du dich mitten in der Nacht an andere Menschen heranschleichst, die könnten dabei einen Herzinfarkt bekommen. Oder sie schmeißen dir ein Glas an den Kopf, wie ich beinahe."
Ich versuche meine Stimme fest klingen zu lassen, sodass er nicht mitbekommt, dass ich geweint habe. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist dass Seb sich nun auch noch wegen mir Sorgen macht.
"Alles klar, das werde ich mir merken", antwortet er mit einem kurzen Schmunzeln, dann holt er sich ebenfalls ein Glas aus dem Schrank.
"Wie geht es deinem Arm?", erkundige ich mich ohne ihm in die Augen zu sehen, denn ich bin mir sicher, dass er genug von Jim aufgeschnappt hat, um mich leicht zu durchschauen.
"Soweit alles prima, du hast das wirklich gut gemacht", versichert er und füllt sich das Glas voll Wasser.
"Du hast mir aber meine Frage nicht beantwortet."
Daraufhin atme ich leise tief durch, bevor ich wieder einen Schluck aus meinem Glas nehme.
"Nein, wie auch", erwidere ich schließlich leise, da bemerke ich aus dem Augenwinkel wie Seb sein Glas wieder hinstellt.
"Mel, es ist okay wenn du traurig bist, das ist vollkommen natürlich. Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn es dir egal wäre, dass Jim entführt wurde. Du darfst dich nur nicht davon übermannen lassen, denn sonst kannst du dich nicht darauf konzentrieren, zu Jims Rettung beizutragen", sagt er sanft und hebt vielsagend beide Augenbrauen. Er hat sehr wahrscheinlich recht, aber allein der Gedanken daran, was passieren könnte wenn wir Jim nicht finden, lässt mich vor Angst erstarren.
"Danke Sebastian. Aber anders als du habe ich keinerlei Erfahrung damit, wenn ein geliebter Mensch plötzlich nicht mehr da ist und man nicht weiß, ob er die nächsten Stunden überlebt. Ich habe Angst davor zu erfahren, dass dieser Mensch Jim getötet hat, weil er bekommen hat was er wollte."
Sobald ich das ausspreche, kommen mir wieder die Tränen und ich lege mir eine Hand auf den Mund um nicht laut zu schluchzen. Plötzlich spüre ich, dass jemand vor mir steht, da legt Seb seine Arme um mich und zieht mich an seinen warmen Körper. Zögernd lasse ich es zu und umarme ihn meinerseits, auch wenn es keineswegs meine Sorge um Jim lindert. Es erinnert mich eher noch mehr daran dass er nicht da ist, denn Sebs Umarmung ist ganz anders als die meines Mannes. Auch wenn Jim größer als ich ist, ist er gegen Seb allerdings fast schon ein Zwerg.
Und doch beruhigt diese Umarmung mich ein wenig. Dennoch löse ich mich recht schnell wieder von dem Sniper und wische mir über die Augen.
"Tut mir leid", murmele ich, doch er winkt ab.
"Keine Sorge, ich verstehe dich. Falls es dich beruhigt, ich glaube fest daran dass Jim überlebt, er ist ein schlauer Kerl der sich nicht so einfach ausnehmen lässt. Außerdem liebt er dich zu sehr um dich einfach alleine zu lassen."
Aufmunternd lächelt er mich an und ich erwidere dies schwach.
"Wahrscheinlich hast du Recht."
Für einen Moment schweigen wir, nur das Geräusch von Seb, der sein Wasserglas austrinkt, durchbricht die Stille.
"Wir sollten versuchen zu schlafen, damit wir morgen direkt mit der Suche anfangen können", schlage ich vor und er nickt zustimmend. Wir gehen gemeinsam aus der Küche und die Treppe wieder nach oben, dann trennen sich unsere Wege wieder. Jedoch lassen wir beide unsere Türen einen Spalt breit auf, falls irgendetwas sein sollte.

~~~

Sobald ich das nächste Mal aufwache, stehe ich auf und hole mein Handy vom Nachttisch, während ich nach unten in die Küche gehe. Ich kann unmöglich heute arbeiten, dafür bin ich viel zu aufgewühlt. Nie im Leben könnte ich so tun als ginge es mir gut, solange ich nicht weiß wo Jim ist, und genau deswegen melde ich mich für heute krank. Eine heisere Stimme am Telefon vorzutäuschen fällt mir gar nicht schwer, vom weinen und dem wenigen Schlaf muss ich da nicht mal viel nachhelfen.
Kaum ist das erledigt, mache ich für Seb und mich eine Kanne Kaffee, auch wenn ich dieses Getränk eigentlich nicht gerne trinke. Es wird mir helfen wach zu bleiben.
Der Geruch nach Kaffee erfüllt die Küche als ich Sebastian die Treppe herunterkommen höre und ich bereite zwei Tassen vor.
"Ich hoffe du trinkst Kaffee, ich habe nämlich keine Lust die ganze Kanne allein austrinken zu müssen", begrüße ich ihn ohne mich umzudrehen und schiebe eine Tasse mit dem schwarzen Gebräu zu ihm hin.
"Klar, danke. Aber seit wann trinkst du denn Kaffee?", erkundigt er sich bei mir während er in meinem Blickfeld erscheint. Wirklich beantworten kann ich ihm diese Frage nicht, außer mit dem Argument dass er mich wach hält.
"Ich... habe nicht gut geschlafen. Außerdem ist es momentan zu Gewohnheit geworden, jeden Morgen eine Kanne Kaffee für Jim zu kochen", antworte ich mit einem Schulterzucken. Hoffentlich merkt er nicht, dass das nicht ganz die Wahrheit ist. Jim kocht seinen Kaffee eigentlich immer selbst, das einzige was ich davon mitbekomme ist der Geruch in der Küche. Zum Glück hakt Seb nicht nach, er scheint also diese kleine Lüge nicht bemerkt zu haben.
"Alles klar, dann lass uns anfangen. Ich habe alles, was irgendwie verwertbar aussah in mein Auto gepackt, jetzt müssen wir nur noch rausfinden was davon uns tatsächlich weiterhilft", beschließt dieser stattdessen und nimmt einen großen Schluck aus seiner Tasse. Ich verkneife mir die Frage wie er das bitte mit seinem verletzten Arm geschafft hat, sondern bin einfach dankbar, dass er in dieser Situation an so etwas gedacht hat. Wahrscheinlich ist Sebastian sehr viel härter im Nehmen als ich dachte.
Jeder Hinweis kann uns helfen Jim zu finden.

~~~

Stunden später haben wir alles aus Sebs Auto geräumt was er in der Eile sichern konnte, darunter sind auch Gegenstände von den Leuten die Jim erschossen hat bevor er mitgenommen wurde, sowie wie Jims 'geheimer' Laptop. Zusammen haben wir versucht den Laptop zu entsperren, falls dort irgendwelche Dinge drauf sind, die eine Entführung provoziert haben könnten, leider aber ohne Erfolg. Auch mit Jims Laptop von hier zu Hause klappt es nicht, da wir beide sein Passwort nicht kennen. Obwohl Seb bisher jede mögliche Kombination in Verbindung mit Jim ausprobiert hat, bleibt uns der Zugang verwehrt.
"Verdammt!", flucht der Sniper als der Laptop erneut die 'Falsches Kennwort'- Nachricht anzeigt. Auch ich werde unruhig, bis jetzt haben wir nicht mehr geschafft als alle Gegenstände äußerlich zu untersuchen und die Handys der Toten anzuschalten. Da diese Passwort geschützt sind, brauchen wir Jims Laptop, der eine Entschlüsselungs-Software hat, doch dafür brauchen wir erstmal sein Passwort.
"Lass mich mal, vielleicht versuchst du es auf eine Art, die hier nicht zu Jim passt", bitte ich Seb, der nur schnaubt und die Arme in die Luft wirft.
"Versuch dein Glück Mel, aber glaub mir, ich kenne diesen Kerl lange genug um zu wissen welche Wörter für ihn als Passwörter in Frage kommen."
Er schiebt mir den Laptop hin und ich überlege kurz bevor ich ein Passwort eingebe, das meiner Meinung nach prima zu ihm passt: NapoleondesVerbrechens.
Erneut erscheint die Fehler-Meldung und ich überlege erneut.
KönigvonEngland.
Wieder eine Fehler-Meldung.
Bevor ich es noch einmal versuche, denke an Jim. Was wäre ihm so wichtig, dass er es als Passwort verwenden würde, worauf würde niemand kommen? Es muss etwas sein, das nur er weiß, vielleicht auch noch Seb, und das niemand mit Jim in Verbindung bringen würde.
Für einen Moment schweben meine Finger über die Tastatur, während ich überlege. Doch dann überwinde ich mein Zögern und gebe meine Vermutung ein.
MelodyMoriarty.
Der Bildschirm wird erst kurz blau, dann erscheint ein schwarzer Hintergrund und einige Dateien auf dem Desktop.
"Wie zur Hölle hast du das gemacht?!"

~~~

Ja, also ich melde mich mal wieder :)

Eigentlich wollte ich das Kapitel ja schon früher hochladen, habe es dann aber doch nicht gemacht, tut mir leid. Allerdings habe ich gestern in meinem ersten Livestream auf Insta zweien von euch versprochen, dieses Kapitel hochzuladen. Ich hoffe es gefällt euch, auch wenn ich das Gefühl habe, dass es ein bisschen seltsam ist xD

Btw, auf Instagram heiße ich jedzia_who, wer Bock hat mir zu folgen, ich poste da meine ganzen gezeichneten Bilder zuerst :3

Ansonsten, schönen Abend euch noch :)

Moriarty In Love - The GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt