[A/N: Herzchen. Vermutlich habt ihr es schon gesehen. Wir haben einen watty gewonnen ❤❤❤❤ Ich bin noch immer sprachlos!
Verzeiht die wenigen Updates. Gesundheitsmäßig geht es mir dieses Jahr nicht so prickelnd.
Ich hoffe, das ändert sich bald.Ich drück euch.]
Obwohl ich noch nie in meinem Leben hier war, fällt es mir unheimlich leicht, den Weg zu finden. Ein Hoch auf die wundersame neue Technik, die mir mit allen möglichen Straßenkarten interaktiv zeigen kann, welche Straße ich nehmen muss.
Jonas neben mir schweigt, schaut sich aber begeistert um. Ich kann es ihm nicht verdenken. Das kleine Dorf, in dem wir uns befinden, ist selbst nachts malerisch anzusehen. Ein Ort zum Wohlfühlen, zum Zurückziehen. Ein Ort, an dem es Großstädtern wie uns entweder sehr gut oder sehr schlecht geht.
»Du hast aber schon ein bestimmtes Ziel, oder?«, fragt Jonas nach einer Zeit und hopst auf eine kleine Steinmauer rechts von ihm. Dass er in der Dunkelheit auf dem schlecht beleuchteten Weg mit seiner Sonnenbrille keine Angst hat, sich etwas zu brechen, verwundert mich. Andererseits verwundert mich so einiges an ihm.
Es ist schwer für mich, nachts in Gesellschaft zu sein und fokussiert zu bleiben. Was ein Widerspruch mit meiner Angst allein zu sein ist, ich weiß. Manchmal kommt es mir so vor, als würde das Einbrechen der Nacht etwas in meinem Kopf umlegen. Einen Schalter, den ich wirklich nicht brauche. Deswegen bin ich keine freiwillige Nachteule, ganz im Gegensatz zu meinem Vater.
Einen kleinen Stich in meinem Herzen ignoriere ich und ziehe Jonas am Ärmel weiter nach links.
Sicher wird sie nicht begeistert sein, wenn ich mitten in der Nacht bei ihr auftauche. Noch dazu mit einem Fremden.Seit einigen Jahren lebt sie sehr zurückgezogen und verdenken kann ich es ihr nicht. Hätte ich die Möglichkeit gehabt, vermutlich wäre ich auch geflüchtet. Früher noch als jetzt. Es hätte auch damals schon keinen interessiert, sowie es jetzt keinen sonderlich lange kümmern wird.
»Darf ich dich etwas fragen oder werde ich auch darauf keine Antwort erhalten?«
»Hm?«, wende ich mich Jonas zu.
»In welchem Harry Potter Haus würdest du leben?«
»Ich weiß es nicht.«
Jonas bleibt stehen und dreht sich zu mir um. Mit aufgerissenem Mund starrt er mich an. Oder die Straße hinter mir. Verdammt, ich hasse es, dass ich seine Augen nicht sehen kann. Allmählich macht es mich sogar nervös.
»Du musst doch wissen in welches Haus du gehörst«, wiederholt er seine Frage. Zumindest irgendwie. Eigentlich ist es eher eine Aussage, schreit das kleine Autorenhirn in mir. Nicht dass das jetzt eine Rolle spielen würde.
»Ich habe noch nie -«, beginne ich, doch zum Aussprechen bleibt mir keine Zeit. Unerwartet schnell greift Jonas nach meinen Armen und hält mich an ihnen fest, als wollte er mich schütteln. Vielleicht hat er das auch vor, bis ihm auffällt, wie absurd das gerade ist. Er lässt locker, aber nicht los.
Unser erster Körperkontakt.
»Du interessierst dich nicht für Harry Potter?« Das, was aus seinem Mund kommt, ist eher ein Quietschen als eine Frage. Sollte ich ihn daran erinnern, dass es mitten in der Nacht in einem kleinen Dörfchen ist und er sicherlich alle Einwohner in der nächsten Umgebung aufwecken wird?
Nein. Ist seine Sache.
»Wie geht das?«
Ich schnaube. »Sehr einfach. Indem man sich davon fern hält. Ich war noch nie ein Fan von Fantasy und halte mich lieber an reale Fakten.«
Er legt erneut seinen Kopf schief, was ihn immer mehr zu einem Hund macht. Ein paar Macken muss Jonas haben, umsonst fährt er nicht den ganzen Weg mit mir, statt seinem eigenen Plan zu folgen. Es sei denn, er hat keinen Plan und das wäre noch hirnrissiger. Niemand kann einfach losfahren, auch wenn er das behauptet. Irgendein Ziel braucht jeder.
»Das ist doch langweilig.«
»An Magie und Zauberei zu glauben, ist vielleicht nicht langweilig, aber auch reichlich irrwitzig.«
Jetzt liegt es an Jonas zu schnauben. Er lässt mich los und geht weiter, obwohl er den Weg nicht weiß. Trotzdem führt er an, läuft rückwärts vor mir her und versucht mir aufzuzählen, wieso ich falsch liege.
Dabei tue ich das nicht. Nicht von meiner Sicht aus. Was bringt es mir, an Magie und Zauberei und Wunder zu glauben, wenn das nicht die reale Welt widerspiegelt? Das Leben ist nicht erfüllt von Zaubersprüchen und sprechenden Tieren. Es gibt keine Zeitmaschinen, die alles ungeschehen machen können. Das Leben ist nicht so schön, wie in vielen Büchern beschrieben und gerade ich weiß das, denn ich schrieb solche Geschichten. Bücher mit Happy Ends und mit einer glücklichen Protagonistin und einem normalen, schönen Leben. Doch das ist eine Lüge. Im wahren Leben läuft es nicht so ab und kein steinalter Vampir wird dich retten, keine Zauberschule wird dir einen Brief schicken, kein Dämonenjägerwird überrascht sein, dass du ihn siehst und es wird auch kein Werwolf hinter dir her sein.
Das echte Leben ist nur eines: echt.
»Ich fasse es nicht, dass eine Autorin so wenig Sinn für Fantasie hat«, beendet Jonas die Diskussion.
Gerne würde ich etwas erwidern. Würde es ihm erklären. Würde ihm erzählen, wieso ich das so sehe und dass ich einmal anders war. Dass ich einmal an Märchen glaubte und an Wunder und an die schönen Seiten der Welt. Ich würde ihm erklären, dass man die Schattenseiten des Lebens kennen muss, um herauszufinden, dass es nichts bringt, an so etwas zu glauben.
Nichts und niemand kann dich retten. Wenn du in dir selbst ertrinkst.
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Everyday at 5AM
General Fiction»Jeden Morgen um fünf Uhr steht er auf. Er stellt die Kaffeemaschine an, er putzt sich die Zähne, holt die Zeitung herein, lässt unseren Hund Unicorn in den Hinterhof und dann kommt er zu mir ins Zimmer, um nach mir zu sehen. Jeden Morgen um fünf Uh...