[A/N: Herzchen, Ho Ho Ho unso. Schöne Festtage. Ein kleines Kapitelchen als Geschenk. Habt schöne Tage.]
»Was meinst du damit? Du hast doch noch ein paar Tage.« Jonas sieht mich mit gerunzelter Stirn an.
Ella hingegen verdreht die Augen. Sie ist wieder vollständig zu ihrem alten Ich zurückkehrt, was bedeutet, dass sie an allem etwas auszusetzen hat und blöde Scherze reißt, wann immer es geht.
»Vier Tage. Drei zum Vertreiben meiner Zeit. Ich sagte doch, dass ich euch vorher verlasse.«
»Bullshit mit gekochtem Scheiß«, erwidert Ella. In ihrer linken Hand hält sie noch die Piccolo-Flasche, die sie eben mit zwei Zügen geleert hat. Aber mir was von meinen Problemen erzählen wollen. »Du bist pissig, weil ich was sagte.«
»Ich bin deswegen nicht sauer.« Lüge ich. Zum Teil. Das ist zumindest nicht der Grund, wieso ich sie verlasse. »Ich brauche einfach noch etwas Ruhe und Abstand. Es war toll mit euch, aber jetzt ist meine Zeit gekommen.«
Jonas täuscht ein Schniefen an und kommt näher auf mich zu. Ich stehe bereits mit gepackter Tasche an der Tür des Hotelzimmers.
Sie sind gerade heim gekommen und wollten mich zum Essen gehen abholen, als ich ihnen mein Gehen verkündete. Deswegen fällt unsere Umarmung etwas merkwürdig aus, beide dick eingekleidet in Jacken und Schal.»Ich habe das Gefühl, noch etwas Bedeutungsvolles sagen zu müssen. Damit ich in deinem Bestseller gut wegkomme«, scherzt er und lässt mich los. »Immerhin wirst du bestimmt berühmt mit dem Buch, das du gerade schreibst. Tote Maler waren auch immer erfolgreicher, als zu Lebzeiten.«
Jetzt ist es an mir, mit den Augen zu rollen. So ein Schwachkopf. Als würde ich das für den Erfolg schreiben. Als hätte ich jemals für den Erfolg geschrieben. Als würde irgendjemand nach meinem Ableben ... Nein.
Trotzdem gehe ich auf seinen Scherz ein.
»Dann zeig mir doch, was in deinem Gitarrenkoffer ist. Das große Mysterium, das am Schluss gelöst wird.«Als hätten sie sich abgesprochen, starren Ella und Jonas sich erschrocken an. Sie ziehen sogar zeitgleich empört die Luft ein.
Solche Theatraliker.
»Das ist das größte Geheimnis von allen Geheimnissen, die du dir auch nur vorstellen kannst«, wispert Ella und drängt mich weiter ins Zimmer zurück.
Ehrlich jetzt, das war ein Spaß, als Reaktion auf Jonas Spaß. Dass die beiden jetzt gleich wieder eine Show daraus machen, hätte ich mir fast denken können. Kaum etwas scheinen die beiden ernst zu nehmen. Zumindest äußerlich.
Wie wir gemerkt haben, bestehen Menschen aus vielen verschiedenen Schichten.
»Ich weiß nicht, ob sie dafür bereit ist.« Auch Jonas flüstert mittlerweile und wendet sich direkt Ella zu. »Für das größte Geheimnis.«
»Aller Geheimnisse«, stimmt Ella zu und tut nachdenklich.
»Leute, je mehr ihr darüber witzelt, desto sicherer werde ich mir, dass da wirklich etwas Interessantes drin ist und ihr es mir nur nicht zeigen wollt.«
»Wie eine Leiche«, bestätigt Jonas.
»Zerhackstückelt natürlich.«
Idioten. Ich bin von zwei Idioten umgeben. Von zwei Idioten, die mich trotzdem zum Lachen bringen. Vielleicht stimmt es, dass das Schicksal uns Menschen in den Weg wirft, wenn wir sie am meisten brauchen. Ich habe Jonas und Ella mit Sicherheit benötigt und sei es auch nur, damit ich mehr erlebe, als ich es alleine je getan hätte.
»Ehrlich jetzt … Was ist da drin?«
»Aber nur, weil du es bist. Und das Geheimnis sowieso mit ins Grab nehmen wirst«, scherzt Jonas weiter, holt den Koffer hervor, der mich seit fast zwei Wochen verrückt macht und öffnet ihn.
Mich von ihnen zu verabschieden, fällt mir erstaunlich schwer. Trotz unserer Differenzen sind sie mir ja doch ans Herz gewachsen.
»Wenn du dich umentscheidest, melde dich, okay?« Jonas drückt mir einen Zettel mit einer Nummer in die Hand. Seine, wie ich annehme.
Innerhalb der vergangenen Tage hat er sich vor meinen Augen verwandelt. Aus dem mysteriösen Typen mit Sonnenbrille und Gepäck ist ein normaler Kerl geworden, der seine Wurzeln nicht loslassen kann und seine Pflegeschwester liebt.
»Werde ich nicht«, sage ich bestimmt und umarme ihn noch einmal fester.
Verabschiedungen sind scheiße.Auch Ella lässt sich drücken. »Ich wünschte, du würdest es nicht tun, Saufnase.«
»Ich wünschte, ihr würdet endlich einsehen, dass ihr euch liebt«, kontere ich und wage mich sogar an einen Kuss auf ihre Wange heran. »Ich werde euch vermissen, das wisst ihr, ja?«
»Besonders viel Zeit bleibt dir dafür ja sowieso nicht.« Bilde ich es mir nur ein, oder schnieft Ella gerade? Habe ich das getan? Sie zum Weinen gebracht?
Ich werde sie vermissen. Denn wo ich jetzt hinfahre, könnte ich sie gebrauchen. Doch das Leben ist nicht so einfach und manche Aufgaben muss man alleine bewältigen, egal wie ungern man es tut.
Den letzten Schritt gehen wir alle allein.
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Everyday at 5AM
General Fiction»Jeden Morgen um fünf Uhr steht er auf. Er stellt die Kaffeemaschine an, er putzt sich die Zähne, holt die Zeitung herein, lässt unseren Hund Unicorn in den Hinterhof und dann kommt er zu mir ins Zimmer, um nach mir zu sehen. Jeden Morgen um fünf Uh...