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Jonas schweigt den restlichen Weg über, was mir nicht gerade recht ist. Habe ich ihn nicht gebeten mit mir zu kommen, damit ich nicht in Stille ausharren muss?

Andererseits ist das wieder einmal ein sehr egoistischer Gedanke. Was Diana wohl dazu sagen würde? Zu Jonas? Ich weiß zumindest, was meine Eltern sagen würden. Papa würde durchdrehen und trotzdem versuchen cool zu sein. Er hat schon immer versucht, der lockere Elternteil zu sein und Mama die Erziehungsarbeit zu überlassen. Dabei weiß ich genau, dass er im Grunde gern viel strenger wäre. Er will mich beschützen. Er will wenigstens eine Kassandra retten können.

Der Gedanke tut mehr weh, als ich je erwartet hätte. Vielleicht ist es selbstsüchtig von mir, ihm zu entgleiten. Ihm davonzulaufen, Mama davonzulaufen. Zu fliehen. Aus ihren Leben. Zum ersten Mal möchte ich aber nicht zuerst an andere denken, statt an mich selbst.

»Wir sind gleich da«, murmle ich kurze Zeit später und gähne herzhaft. Der Tag zerrt an mir, schon jetzt. Wie soll ich das die nächsten 17 Tage noch aushalten?

So viele Fragen, so wenige Antworten. Wie so oft.

Das Haus vor uns unterscheidet sich in nichts von den Häusern links und rechts davon. Ein kleiner gepflegter Vorgarten, ein Briefkasten an der Außenfassade, ein Windrad neben der Eingangstür.

Nur brennt hier Licht, während der Rest der Straße in Dunkelheit versinkt.

»Verrätst du mir, wer hier wohnt, bevor wir eintreten? Und was ich sagen soll?« Jonas verzieht den Mund und packt seinen Gitarrenkoffer fester. Für einen nervösen Menschen hätte ich ihn jetzt nicht gehalten ...

»Kommt ihr rein oder wollt ihr lieber auf der Straße übernachten?«, kommt eine Stimme vom Haus,bä bevor ich ihm antworten kann.

Und da steht sie, meine Großmutter Skye Rain-Moon. Selbst mit ihren über Siebzig sieht sie nicht gebrechlich aus und ich weiß, dass sie alles andere als das ist. Ihre Hündin Floh hat sie jung gehalten, bevor sie vor drei Jahren gestorben ist. Ungefähr zu der Zeit hat Skye sich hier raus verirrt. Weit in den Norden, fernab vom Großstadttrubel und all dem, was sie an ihre verschiedene Frau erinnern könnte.

Ich grinse und trete durch das quietschende Gartentor auf sie und das Haus zu. Mit einem Schritt erklimme ich die zwei Stufen und breite schon meine Arme aus, um sie zu umarmen.

Skye, die ich auf ihren Geheiß nicht Oma oder Großmutter nennen soll, riecht nach Whiskey und Staub. Wie immer, wenn ich sie zu Gesicht bekomme.

»Du bist in Schwierigkeiten, Herzchen«, murmelt sie an meine Schläfe und scheint Jonas heranzuwinken, ihrer Armbewegung nach zu urteilen.

Doch das zählt gerade nicht, ich bin zu Hause. Mehr als ich es je bei meinen Eltern war.

Everyday at 5AMWo Geschichten leben. Entdecke jetzt