Kapitel 13

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Das Meeresrauschen beruhigte mich. Auch einige Stunden, nachdem ich mich überstürzt von Hugh und den anderen verabschiedet hatte, war ich noch immer innerlich aufgeladen. Ich konnte mir noch immer nicht erklären, wie es zu der Situation im Wasser hatte kommen können. Und noch mehr fragte ich mich, wie ich die Nähe und Wärme von Hugh so genossen haben konnte. Ich kannte diesen Mann doch gar nicht und normalerweise dauerte es bei mir sehr lange, bis ich einen Menschen so nah an mich heranließ. Nicht nur körperlich, auch emotional hatte sich Hugh an mich gebunden, bevor ich es überhaupt gemerkt habe. Konnte ich tatsächlich so einfach einem fremden Mann verfallen?

Wahrscheinlich war ihm das aber selber gar nicht bewusst. Wie denn auch, wenn er jetzt wohl dachte, dass ich die ganze Aktion total daneben fand? Dabei war genau das Gegenteil der Fall. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich wieder ins Meer gesprungen, nur damit Hugh mir noch einmal so nahkommen könnte.

Ich schüttelte den Kopf. Immer wieder hatte ich mir gesagt, dass ich von keinem Menschen abhängig sein wollte und ich machte mich gerade mit meinen Gedanken von einem mir eigentlich unbekannten Menschen abhängig. Herrgott ich kannte noch nicht mal seinen Nachnamen, geschweige denn wo er wohnte oder wie alt er überhaupt war.

Ich zog den letzten Strich über meinen linken kleinen Finger und drehte dann vorsichtig die Nagellackflasche zu. Dann lehnte ich mich zurück und genoss den letzten Abend in Spanien. Ich beobachtete das Wasser und die Wellen, wie sie brachen. Irgendwie beruhigte mich das alles aber nicht. Es hatte nicht dieselbe Wirkung wie in den letzten Tagen. Nachdem ich eine Weile gewartet hatte, bis der blaugraue Nagellack getrocknet war, beschloss ich noch einmal in die Hotelbar zu gehen.

Ich hatte die letzten Tage oft dort vorbeigeschaut und den ein oder anderen Cocktail getrunken. Es war immer der gleiche Barkeeper gewesen. Zwischenzeitlich hatte ich mich schon gefragt, ob er überhaupt schlief, aber ich war mir sicher, dass er seine Pausen und freien Tage schon haben würde.

Nachdem ich mir ein einfaches dunkelblaues Kleid mit dreiviertellangen Ärmeln übergeworfen hatte, schnappte ich mir mein Handy und meine Zimmerkarte und machte mich auf den Weg in die Hotelbar. Meine Haare ließ ich offen und in meinen Naturlocken über meinen Rücken fallen. Heute war in der Hotelbar zum Glück keine Karaokeparty. Daher war sie nicht ganz so überfüllt und ich konnte mir sogar einen freien Platz an der Theke ergattern. Nun gut, was hieß ergattern? Es waren noch ein paar andere Plätze frei. Ich hatte also freie Auswahl gehabt und setzte mich relativ weit in einer Ecke auf einen Hocker und beobachtete den spanischen Barkeeper wie er gerade gekonnt einen Cocktail zusammen mixte. Nach kurzer Zeit hatte er mich entdeckt und kam auf mich zu. „¿Cómo siempre?" frage er mich und ich nickte lächelnd. Ja, ich hatte die letzten Tage immer den gleichen alkoholfreien Cocktail mehrmals bestellt. Ich war nie sehr experimentierfreudig gewesen und mit Alkohol kannte ich mich auch nicht so aus. Da ich auch die Kontrolle nicht über mich verlieren wollte, hatte ich so gut wie immer im meinem Leben auf Alkohol verzichtet, außer es war mal ein Sekt gewesen oder Sowas in der Art.

„Wie immer." sagte der Barkeeper und stellte meinen hellblauen Cocktail vor mir auf den Tresen. Ich bedankte mich und beobachtete wie die letzten Tage die Menschen, die sich hier in der Bar versammelten. Es war schon unterhaltsam, wie einfach einige Menschen zu lesen waren. Die willigen Frauen, suchenden Männer, die, die ihre Probleme vergessen wollten und und und.

Genau das hatte mich dazu gebracht Marketing zu studieren. Wenn ich Menschen richtig hätte analysieren wollen, hätte ich auch ein Psychologiestudium absolvieren können, aber mich hatte das Marketing, die gezielte Kommunikation und auch Beeinflussung schon immer fasziniert. Darum hatte ich mich für ein mehr wirtschaftliches Studium entschieden. Ich selber hatte mit den kreativen Teil nicht allzu viel zu tun, denn ich koordinierte als Senior Manager mehr die ganzen Aktionen, aber hin und wieder hatte auch ich eine einschlagende Idee.

Bis du wieder LächelstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt