Kapitel 56

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Nachdem ich meinen Tee aufgebrüht hatte, lehnte ich mich an die Küchenzeile und pustete in meine Tasse, auch wenn es nicht viel bringen würde. Dennoch musste ich mich beschäftigen. Adam und April hatten noch genug zu tun, und ich wusste nichts mit mir anzufangen. Nichtstun konnte manchmal schlimmer sein, als ein Burn-out.

Nachdem ich mich mehrmals an dem heißen Tee verbrannt hatte und die Tasse doch lieber abgestellt hatte, vibrierte mein Handy in meiner Jackettasche. Ich zog es heraus und öffnete die Nachricht. Hätte ich die Tasse noch in der Hand gehabt, wäre sie mir herunter gefallen. Hatten wir falsch gelegen? Nein, unmöglich.

Ich starrte auf ein Bild von Hugh, das ihn zeigte, wie er vor einer schwarzen Eingangstür stand und ungeduldig zu warten schien. Der Text darunter kam mir bekannt vor. Nicht deine Klasse. Jedes andere Foto hatte uns zu zweit gezeigt. Was war, wenn nicht ich sondern doch Hugh das eigentliche Ziel war? Aber warum sollte Hughs Mutter das tun?

Ich wurde wütend. Warum um alles in der Welt, musste jemand versuchen sich zwischen Hugh und mich zu stellen? Warum sollten wir nicht glücklich sein? Und vor allem, warum nicht zusammen? Ich ging aus der Küche heraus zu April. Als sie aufsah, fiel ihr Lächeln in sich zusammen. „Was ist passiert?" fragte sie besorgt. „Darf ich dein Telefon mal benutzen?" Irritiert blickte April auf das Handy in meiner Hand, nickte aber ohne zu fragen und gab mir ihr Telefon. Ich tippte die Nummer ein, von der ich eben das Bild erhalten hatte und wartete. Mich verwirrte, dass die anderen beiden Fotos, die ich auf mein Handy gesendet bekommen hatte, von einer anonymisierten Nummer, dieses Bild aber von einer Nummer, die ich sehen konnte, gesendet worden. „Hallo?" meldete sich eine mir allzu bekannte Stimme. Ich war sprachlos. James? Warum sollte er mir das Foto schicken? „Gibt es einen Grund, warum du mir das Bild geschickt hast?" fragte ich nüchtern, obwohl ich ihn gern angeschrien hätte. „Liv. Welch Überraschung." tat James gespielt freundlich. „Ich wollte auch einmal probieren, ob es den gewünschten Effekt hat." Ich runzelte die Stirn. „Welcher Effekt wäre das?" Es auch mal probieren? James antwortete aber nicht. Stattdessen hörte ich im Hintergrund jemanden etwas sagen. Selbst so leise und so undeutlich, wie die Stimme war, wusste ich, dass es Hugh war. „Ich muss Schluss machen. Das wird... wichtig." James betonte das Wort so seltsam, dass es mir kalt den Rücken runter lief. Danach tutete es nur noch. Starr reichte ich April ihr Telefon wieder. „Liv, wer war das?"

„James ist bei Hugh." April riss die Augen auf. „Warum?" Ich schüttelte den Kopf. April sprang auf und war eine Sekunde später in Adams Büro verschwunden. Ich folgte ihr langsam. Als ich bei den beiden ankam, hatte sie ihm schon alles erzählt. „Wo wohnen Hughs Eltern?" fragte ich. Adam sah mich überrascht an. „Das weiß ich nicht. Hugh hat nie über sie geredet."

„Kann Timothy das herausfinden?" April legte den Kopf schief. „Ich mache mir Sorgen." gestand ich. Ich blieb so ruhig ich konnte, aber seitdem James aufgelegt hatte, wusste ich, dass sich etwas Böses anbahnte. Dennoch wollte ich Adam und April nicht aufscheuchen. Sie hatten schon so viel getan. Adam seufzte. „Warte kurz." Nickend setzte ich mich auf das Sofa. Ich hatte das Gefühl erst zwei Sekunden gesessen zu haben, als Adam vor mir stand und mir einen Zettel reichte. Blinzelnd sah ich zu ihm auf. „Die hast du nicht von mir." Ich nickte sofort und sprang auf. „Das ging schnell. Danke, Adam." Er lächelte leicht. „Timothy kann in 5 Minuten Wunder vollbringen." Hatte ich doch ganze 5 Minuten auf dem Sofa gesessen?

„Unten wartet ein Taxi auf dich." April sah mich aufmunternd an. „Ruf an, wenn du Unterstützung brauchst." Wieder nickte ich. „Danke. Für alles." Kurz darauf war ich im Fahrstuhl und zwei Minuten später in dem Taxi. Ich reichte dem Fahrer den Zettel und bat ihn sich so gut es ginge zu beeilen. Dieser murrte nur, startete aber sofort das Auto und fuhr los.

Das Taxi hielt eine halbe Stunde später vor einem offenen Stahltor. Ich warf dem Fahrer das Geld regelrecht in den Schoß und war aus dem Auto noch bevor er etwas sagen konnte. Ich lief durch das Tor eine gepflasterte Auffahrt hinauf. Den säuberlich angelegten Garten beachtete ich nicht weiter. Mein einziger Gedanke drehte sich um Hugh. Die Panik, die ich beim Öffnen der Nachricht empfunden habe, hatte sich nur mit jeder Minute weiter gesteigert.

Bis du wieder LächelstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt