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Mit Entsetzen beobachtete der Schwarzhaarige, was sich da gerade im dem Käfig des Halbtigers abspielte.
Er musste schnell handeln, denn sonst wäre dieses Experiment eher beendet, als seine Kollegen es wollten.
Und dann würde er dafür verantwortlich gemacht werden.

Schnell packte er ein paar Utensilien, die eigentlich zur Behandlung von kleineren Wunden der Wissenschaftler diente, zusammen und rannte dann schnell wieder in den gesonderten Trakt des Labors.
Es dauerte Ardy viel zu lange, den Code einzutippen, aus Hektik passierte gleich zweimal ein Fehler.
Fluchend tippte er die richtige Kombination ein, ehe sich die Tür zischend öffnete.

Ehe er richtige nachdenken konnte, war er schon neben den Hybriden und fühlte besorgt dessen Puls.
Zu seiner Erleichterung, schlug dieser stark und regelmäßig unter der dünnen, hellen Haut.

Da der erste Schock sich jetzt legte und das Adrenalin etwas verpuffte, realisierte Ardy mit Schrecken, wo genau er sich befand.

In dem Käfig.

Bei dem Hybriden.

Die Tür am anderen Ende.

Offen.

Erneut schoss ein Schub Adrenanlin durch seine Venen und Aterien und schneller, als er wirklich denken konnte war die Tür zu. Erst dann bemerkte er seinen Fehler.
"Scheiße!" fluchte er laut und rüttelte vergeblich an der Tür. Angst kroch durch seinen Körper und beschleunigte seinen Herzschlag. Langsam drehte er sich zu dem Hybriden zurück, der - zu seinem Glück - immernoch bewusstlos dalag.
Vorsichtig näherte er sich dem Wesen, um den Arzt-Koffer zu nehmen.
Nicht auszudenken, was der Hybrid damit anstellen könnte, wenn er diesen in seine Gewalt bekäme.

Ardy wusste sowieso so schon, dass er so gut wie tot ist. Hatte er wenigstens sein Handy dabei?
Doch die Suche in dem schwarzen Kittel blieb erfolglos.
Er war tatsächlich hier in diesem Käfig, bei einem der gefährlichsten Hybriden des Labors, gefangen.
Das würde eine deftige Strafe geben.
"Verdammte scheiße! Wie kann man nur so blöd sein?!" fuhr er sich selbst an und raufte sich seine schwarzen Haare.

Die einzige Chance zu überleben war, dass der Halbtiger nicht aufwachte und die Nacht durchschlief.
Wenn er bis zum Schichtwechsel durchhielt, konnt er es schaffen. Aber bis dahin lagen noch ein paar lange Stunden vor ihm.
Vielleicht war in dem kleinen Erste-Hilfe-Koffer irgendwelche hilfreichen Sachen, irgendwas, womit man den Hybriden vielleicht betäuben könnte.
Doch alles was er fand, waren ein paar Mullbinden, Schere, Pflaster und Desinfektionsmittel. Damit konnte er den Hybriden höchstens irgendwo festbinden, aber so stark wie er war, hätte er seine Fesseln im Nu wieder gelöst. Und dazu wäre er wütend. Das wollte Ardy um jeden Preis vermeiden.
Wenn er schon die Nacht hier verbringen müsste, so wollte er den starken Halbtiger nicht auch noch reizen.
Er musste schon genug ertragen.

Ihm wurde das Herz schwer, als er den Hybriden da liegen sah, mit seinen zerlumpten Sachen und der geschundenen Haut.
Der gestreiften, katzenartigen Ohren waren eingerissen und dem Schweif fehlte an einigen Stellen das Fell.
Ardy wusste nicht, wie ihm geschah, doch auf einmal spürte er Mitleid mit dem Wesen. Mitleid, weil es hier gefangen war.
Mitleid, weil er so viele Schmerzen ertragen musste.
Mitleid, weil es einfach nicht fair war, wie er behandelt wurde.
Und er war daran Schuld. Er gehörte genauso zu Team, wie die Wissenschaftler, die immer wieder neue Experimente mit den Hybriden machten.
Schuldgefühle übermannten den jungen Mann und stifteten Verwirrung in seinem Kopf.
Was stellte der Halbtiger an, dass er auf einmal Schuld und Reue dem Wesen gegenüber empfand?
Er arbeitete noch nicht so lange hier, trotzdem hatte er bei keinem der anderen Hybride bis jetzt solche Gefühle verspürt.

Er konnte die Hasen-Hybride, ohne Reue zu spüren, in die Labore bringen.
Er konnte die Katzen-Hybride, ohne Reue zu spüren, Spritzen geben.
Er konnte den Bären-Hybriden, ohne Reue zu spüren, niederschießen.
Doch er konnte diesem Tiger-Hybriden, nicht ohne Reue zu spüren, narkotisieren.

Warum also zum Teufel, hatte der Hybrid so eine krasse Wirkung auf ihn?!
Er war überhaupt nicht anders, als die anderen Hybride. Das einzige, was besonders war, war, dass er zur Hälfte ein sibirischer Schneetiger war.
Deswegen war er hier im gesonderten Trakt. Er war die größte Errungenschaft des Labors.
Aber das machte ihn eigentlich nicht besser als die anderen Hybride.
Dennoch hatte der Halbtiger eine Aura um sich, die Ardy wie magisch anzog. Die ihn Gefühle spüren ließ, die er nicht haben durfte, wemm er hier arbeiten musste. Zu gefährlich wäre es, seine Objektivität zu verlieren. Dann würde er riskieren seinen Job zu verlieren und das dürfte unter keinen Umständen geschehen.
Zu viel stand dafür auf dem Spiel.

So im Gedanken versunken, merkte Ardy nicht, wie der Hybrid langsam wieder zur Besinnung kam. Wie er den Wissenschaftler erblickte und die Zähne fletschte.
Wie er mit drohend aufgstellten Schweif und gezückten Krallen auf ihn zuschlich.


Written by Federsturm

Objekt XVIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt