MALIK

Kapitel 1 - Willkommen zurück

Man sagt, dass die Zeit deine Wunden heilt. Es sind schon Jahre und mein Herz ist noch ungeheilt.

Ich blicke runter und schau mich um. Der Ring an meinem Finger, den du mir damals geschenkt hattest glänzt noch immer. Sofort kommen die Erinnerungen mit dir hoch. Es ist düster und kalt. Ich blicke hoch und sehe den Sternenhimmel.
Wie oft wir uns den schon zusammen ansahen. Wie oft du mir versucht hast die Sternbilder zu erklären. Und wie oft ich nichts davon verstand. Doch in dieser Nacht, sehe ich zum aller ersten Mal, was du meintest. Ich sehe nun den "großen Bären" und den Pegasus. Zumindest bilde ich mir ein, es zu sehen. Ich blicke runter zu dir, um dir mit voller Freude mitzuteilen, dass ich es nun auch sehe.
Mein Lächeln verschwindet sofort, denn ich realisiere: Es ist zu spät.
Dein Grab ist voll mit Blumen beschmückt. Ich schau auf dein Grabstein.

"Malik Güven
* 01.04.1993
+ 05.08.2016

Es ist nun ein Jahr genau vergangen und ich kann dein Tod immer noch nicht verarbeiten. Ich komme jeden Tag zu dir und erzähle dir, was in meinem Leben abläuft und das es nicht mehr lange dauert bis wir uns wieder sehen. Denn ich halte es auf dieser Welt nicht ohne dich aus. Ich fange an zu weinen, weil ich dich vermisse. Deine Grübchen, wenn du lächelst, deine schönen grünen Augen. Sie haben immer gefunkelt, als du mich ansahst. Ich wusste, wie sehr du mich geliebt hast. Nur leider zu spät.

2 Jahre zuvor

"Suzan, du bist doch nicht sauer auf mich, oder?", fragt meine Mutter mich bedrückt während der Autofahrt. Ich schüttle sofort mein Kopf:" Ich könnte niemals sauer sein auf dich! Es ist die richtige Entscheidung, dass wir nach Dortmund zurückziehen!"

"Ich meine das nicht.. Sondern, dass ich mich von deinem Vater getrennt habe..", sofort fing sie an zu schluchzen. "Das ist deine Entscheidung. Ich stehe bei all deinen Entscheidungen hinter dir. Vergiss das nie!" Ich lächelte meine Mutter mutig an, während ihre Augen sich erneut mit Tränen füllten. Sie hatte sehr starke Augenringe und sah sehr erschöpft aus. Trotzdem war sie in meinen Augen die schönste Frau auf Erden.

Ihr müsst wissen, meine Familie, insbesondere meine Mutter haben sehr viel durchgemacht. Wir waren alle am Boden zerstört, als meine 4 Jahre alte Schwester starb. Vor allem meine Mutter. Ich hatte große Angst, dass sie sich etwas antut, denn aufgrund dieses Verlustes verbrachte sie monatelang im Krankenhaus. Sie wurde depressiv und seitdem greife ich ihr unter die Arme. Ich ermutige sie, helfe ihr und versuche die perfekte Tochter zu sein. Es ist jedoch nicht leicht, wenn man einen launischen, älteren Bruder hat.

Mein Bruder heißt Emre und ist nur 3 Jahre älter als ich, allerdings tut er so, als sei er mein Vater. Er mischt sich in allem ein. Doch seitdem meine kleine Schwester starb fing er auch noch an zu rebellieren. Mit seinen 21 Jahren klaut er, dealt er und steckt sehr Tief in der Scheiße.

Die albanische Familie meiner Mutter macht es ihr auch nicht leichter. Sie brachen damals den Kontakt zu ihr ab, weil sie einen Türken heiraten wollte. Auch nach dem Tod meiner kleinen Schwester gab es niemanden, der uns half. Wie ihr seht ist meine Mutter die stärkste Frau, die es gibt.

Dass sie sich von meinem Vater getrennt hat kann ich ihr auch nicht Übel nehmen. Wir sind vor 6 Jahren von Dortmund nach Stuttgart gezogen, weil mein Vater einen besser bezahlten Job dort gefunden hatte. Doch seit unserem Umzug veränderte er sich drastisch. Er fing an zu trinken und nächtelang nicht nach Hause zu kommen. Meine Mutter geschlagen hatte er auch schon. Und als er meiner Mutter fremdging, packten wir unsere Koffer und fuhren zurück nach Dortmund. Die beste Freundin meiner Mutter versicherte uns, wir können in einer Wohnung von denen bleiben, bis wir etwas eigenes gefunden haben. Das erleichterte mich, denn die Tochter der beste Freundin meiner Mutter ist auch meine beste Freundin.